Valletta. . Die Mittelmeerinsel feiert: Was bietet der Boom der neuen Kulturhauptstadt 2018? Zum Beispiel lockt das Mittelmeer mit großer Geschichte.

Um sein kulturelles Wirken zu beschreiben, wählt der Feingeist einen eher martialischen Vergleich: "Ich bin ein Rottweiler. Wenn ich einmal meine Zähne in etwas geschlagen habe, lasse ich so schnell nicht los", erklärt Kenneth Zammit Tabona in seiner Wohnung in St. Julian's auf Malta. Das Wohnzimmer des Malers steht voller antiker Möbel, die Wände tragen Gemälde bis zur Decke.

 Kenneth Zammit Tabona ist einer der berühmtesten Künstler Maltas - seine Wohnung ist fast selbst ein kleines Kunstwerk.
Kenneth Zammit Tabona ist einer der berühmtesten Künstler Maltas - seine Wohnung ist fast selbst ein kleines Kunstwerk. © Philipp Laage/dpa-tmn

Tabona, 60, ist ein schöpferischer Tausendsassa, Gesellschaftskenner - und der künstlerische Leiter des erfolgreichen Baroque Festivals, das seit 2013 auf Malta veranstaltet wird. Das Jahr 2018 soll für das Barockfest ganz besonders werden: Valletta ist neben dem niederländischen Leeuwarden eine der beiden Europäischen Kulturhauptstädte. Wobei, Valletta? Eher ganz Malta.

"Inoffiziell machen wir das, wir dehnen das Kulturhauptstadtjahr auf die ganze Insel aus", räumt Tabona ein und schaut von seinem Sessel amüsiert aus dem Fenster seines barocken Reichs. Selbst die Tourismusbehörde spricht ganz offen von einem inselweiten Fest, bei dem Valletta als Dreh- und Angelpunkt diene. Das ist das Besondere: Es heißt zwar Kulturhauptstadt Europas, doch eigentlich feiert das ganze Land. Dafür gibt es gute Gründe.

Kleinste Hauptstadt - Was gibt es zu entdecken?

Valletta ist nicht nur die südlichste, sondern auch die kleinste Hauptstadt der EU. Nur knapp 6000 Menschen leben hier auf einer Fläche von nicht einmal einem Quadratkilometer - das ist weniger als halb so groß wie der Tiergarten in Berlin. Dafür gehört ganz Valletta seit 1980 zum Unesco-Weltkulturerbe. Jedes einzelne Haus der Altstadt steht unter Denkmalschutz.

Viel Geschichte also auf kleinstem Raum. Ist das kleine Valletta heute nur noch ein großes Freilichtmuseum? Keineswegs.

Valletta - Neue Kulturhauptstadt 2018

Auf einer Demonstration am 19. Oktober in Valletta haben die Malteser sich gegen Ungerechtigkeit und Korruption auf der Mittelmeerinsel ausgesprochen - nachdem eine prominente Journalistin ermordet worden war.
Auf einer Demonstration am 19. Oktober in Valletta haben die Malteser sich gegen Ungerechtigkeit und Korruption auf der Mittelmeerinsel ausgesprochen - nachdem eine prominente Journalistin ermordet worden war. © Philipp Laage/dpa-tmn
Valletta mit seinen schmalen Gassen hat oft etwas morbid-verfallenes.
Valletta mit seinen schmalen Gassen hat oft etwas morbid-verfallenes. © Gregory Iron/viewingmalta.com/dpa-tmn
 Malta hat viele Kulturschätze zu bieten - zum Beispiel die alten Tempelanlagen von Hagar Qim.
Malta hat viele Kulturschätze zu bieten - zum Beispiel die alten Tempelanlagen von Hagar Qim. © MTA/dpa-tmn
Valletta ist klein und zu großen Teilen von Wasser umgeben - deshalb konnte die Festungsstadt nicht wachsen.
Valletta ist klein und zu großen Teilen von Wasser umgeben - deshalb konnte die Festungsstadt nicht wachsen. © Philipp Laage/dpa-tmn
Kenneth Zammit Tabona ist einer der berühmtesten Künstler Maltas - seine Wohnung ist fast selbst ein kleines Kunstwerk.
Kenneth Zammit Tabona ist einer der berühmtesten Künstler Maltas - seine Wohnung ist fast selbst ein kleines Kunstwerk. © Philipp Laage/dpa-tmn
Die alte Oper von Valletta wurde im Krieg zerstört - nun ist daraus ein Freilichttheater geworden, auch als Bühne für das Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt.
Die alte Oper von Valletta wurde im Krieg zerstört - nun ist daraus ein Freilichttheater geworden, auch als Bühne für das Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt. © Iven Maniscalco/viewingmalta.com/dpa-tmn
 Blick von der Festungsmauer Vallettas hinüber auf die andere Seite der Bucht, wo eine teure Jacht angelegt hat. Malta gilt vielen als dubioses Steuerparadies.
Blick von der Festungsmauer Vallettas hinüber auf die andere Seite der Bucht, wo eine teure Jacht angelegt hat. Malta gilt vielen als dubioses Steuerparadies. © Philipp Laage/dpa-tmn
Die Kathedrale St. Paul ist das berühmteste Bauwerk in Mdina - die kleine Stadt ist ein beliebtes Touristenziel auf Malta.
Die Kathedrale St. Paul ist das berühmteste Bauwerk in Mdina - die kleine Stadt ist ein beliebtes Touristenziel auf Malta. © Philipp Laage/dpa-tmn
 Sommer-Speisesaal in der Casa Rocca Piccola - das Privathaus in Valletta ist mehr als 400 Jahre alt und zu besichtigen.
Sommer-Speisesaal in der Casa Rocca Piccola - das Privathaus in Valletta ist mehr als 400 Jahre alt und zu besichtigen. © Philipp Laage/dpa-tmn
Blumen und Kerzen an einer Straße in Valletta zum Gedenken an die ermordete Journalistin Daphne Caruana Galizia - die Tat hat Maltas Bevölkerung aufgewühlt.
Blumen und Kerzen an einer Straße in Valletta zum Gedenken an die ermordete Journalistin Daphne Caruana Galizia - die Tat hat Maltas Bevölkerung aufgewühlt. © Philipp Laage/dpa-tmn
Neu statt alt: Das moderne Parlamentsgebäude in Valletta hat der italienische Architekturstar Renzo Piano entworfen.
Neu statt alt: Das moderne Parlamentsgebäude in Valletta hat der italienische Architekturstar Renzo Piano entworfen. © Jürgen Scicluna/viewingmalta.com/dpa-tmn
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Im zentralen "Caffe Cordina" sitzen die Menschen am Nachmittag unter Sonnenschirmen, trinken Kaffee oder Aperol Spritz und knabbern an süßem Gebäck. Die Bedienungen hasten aus dem Traditionscafé und kommen mit den Bestellungen kaum nach.

Doch nicht nur hier, im Touristenzentrum, ist die Altstadt belebt. Und nicht nur Urlauber bummeln durch die Gassen, auch die Malteser selbst haben Valletta wieder für sich entdeckt. Die Geschäfte sind voll, die Cafés besetzt. Vielerorts haben neue Boutique-Hotels eröffnet. "Valletta ist the place to be, das war lange nicht so", sagt Tabona.

Natürlich, der Großmeisterpalast ist auf einer Besichtigungstour durch Valletta seit jeher gesetzt, genauso wie die Kathedrale St. John's. Und auch die Casa Rocca Piccola, ein mehr als 400 Jahre altes privates Wohnhaus, wird schon seit Jahrzehnten gerne besucht.

Blick auf das anstehende Jahr

Doch mit Blick auf das Kulturhauptstadtjahr muss sich die Stadt nicht allein auf alte Schätze verlassen. Es hat sich einiges getan in Valletta: Der Stararchitekt Renzo Piano hat das alte City Gate durch zwei kühle Betonquader ersetzt. Auch das neue Parlamentsgebäude geht auf einen Entwurf des Italieners zurück. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Oper hat er in ein Freilichttheater verwandelt.

Der Großmeisterpalast im Herzen von Valletta die beliebteste Sehenswürdigkeit der Inselhauptstadt.
Der Großmeisterpalast im Herzen von Valletta die beliebteste Sehenswürdigkeit der Inselhauptstadt. © Clive Vella/viewingmalta.com/dpa-tmn

Das Kulturhauptstadtjahr soll Valletta weiteres Leben einhauchen. Mehr als 140 Kulturprojekte und 400 Events sind geplant - von klassischer Oper über Performance Art und Design bis zu Musik und Film. Zur Eröffnungsveranstaltung am 20. Januar wird auf den Plätzen der Stadt Musik, Theater, Tanz und Videokunst geboten.

So blicken die Touristiker auf Malta optimistisch auf 2018. Man erhofft sich 180 000 deutsche Touristen. Im Jahr 2016 waren es knapp 157 000. Die Marketing-Strategen wollen die Kombination aus Kultur und Sonne hervorheben.

Sandro Debonos Leben in Valletta

Sandro Debono ist Projektleiter des neuen Kunstmuseums MUZA, das Mitte 2018 in Valletta eröffnen soll.
Sandro Debono ist Projektleiter des neuen Kunstmuseums MUZA, das Mitte 2018 in Valletta eröffnen soll. © Philipp Laage/dpa-tmn

Sandro Debono ist ein Mann des Kulturbetriebs, der den Boom Vallettas nicht ohne Skepsis sieht. Der Kunsthistoriker war Museumsdirektor des alten National Museum of Fine Arts und ist Projektleiter des Umbaus zum neuen Kunstmuseum MUZA, das Mitte 2018 eröffnen wird.

In einem kleinen Restaurant in Valletta hat Debono einen Teller mit Schafskäse bestellt und erzählt, wie er die Dinge sieht: "Es gibt eine positive Geschichte, die viel mit Möglichkeiten zu tun hat, und eine negative, die viel mit Ängsten und Bedrohungen zu tun hat. Und manchmal ist es schwierig, zwischen beiden zu unterscheiden."

Die Preise für Mieten und Immobilien seien enorm gestiegen, erzählt Debono. "Geschäftsleute sagen, wenn du einen Penny hast, investiere ihn in Valletta." Für die normalen Leute sei es viel schwieriger geworden, in der Stadt zu leben.

Im Kulturhauptstadtjahr dürften die Gassen noch belebter sein als ohnehin schon. Die Stadt hat einen besonderen Charme, gerade weil sie so klein ist. Tabona weiß das. "Ich könnte mich heute dafür treten, keine Wohnung in Valletta gekauft zu haben. Vor zehn Jahren hätte ich einen kleinen Palast bekommen." Heute befindet sich in einem solchen Objekt im Zweifel ein neues Boutique-Hotel. (dpa/tmn)

>>>>Info-Kasten: Valletta

  • Anreise und Formalitäten: Malta ist mit Fluggesellschaften wie Lufthansa, Air Malta oder Condor nonstop von verschiedenen deutschen Städten aus erreichbar. Die Einreise ist mit dem Personalausweis möglich.
  • Aktivitäten und Programm: Im Kulturhauptstadtjahr wird in Valletta und auf ganz Malta gefeiert. Eine Übersicht mit allen Projekten und Events gibt es im Internet unter www.valletta2018.org .
  • Informationen: Fremdenverkehrsamt Malta, Schillerstraße 30-40, 60313 Frankfurt, (Tel.: 069/24 75 03 130, E-Mail: info@urlaubmalta.com, www.visitmalta.com).