São Paulo/Havanna. Das Partnerschaftsabkommen der EU mit Kuba tritt in Kraft. Nach Trumps Anti-Kuba-Politik wird die EU als Wirtschafspartner immer wichtiger.
Es fröstelt bereits wieder. Die mühsame Annäherung zwischen Kuba und den USA, die unter US-Präsident Barack Obama in die Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen 2015 mündete, droht in eine neue politische Eiszeit zu gleiten. Denn Obamas Nachfolger Donald Trump hat bereits einige Reformen rückgängig gemacht. Umso wichtiger sind für Kuba andere Partner, wie zum Beispiel Europa. Mehr als zwei Jahre verhandelten die EU und Kuba über ein neues Partnerschaftsabkommen. Im Dezember 2016 wurde es unterzeichnet, am 1. November tritt es in Kraft.
Die Erwartungen der Kubaner sind groß. "Die EU ist und wird mehr und mehr ein wichtiger Partner für uns sein. Wir sind sozial und kulturell verbunden", sagte Außenminister Bruno Rodríguez. Kuba habe immer auf die europäischen Partner zählen können, auch in den schwierigsten wirtschaftlichen Zeiten. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini spricht von einer "neuen Ära der gemeinsamen Beziehungen". Die EU will den politischen Dialog mit Kuba und die Wirtschaftsbeziehungen ausbauen.
Knackpunkt Menschenrechte
Doch ein Knackpunkt bleiben die Menschenrechte. Die EU-Staaten einigten sich darauf, eine aus dem Jahr 1996 stammende Position zu streichen, die für eine Normalisierung der Beziehungen im Gegenzug eine Verbesserung der Menschenrechtslage verlangte. 2003 hatte die EU Sanktionen gegen Kuba verhängt und wegen der Verfolgung von Journalisten und Aktivisten die Zusammenarbeit ausgesetzt. Erst 2008 wurde wieder ein Dialog aufgenommen. Allerdings kann das neue Abkommen bei einer Verschlechterung der Menschenrechtslage von der EU ausgesetzt werden.
Die kubanischen Abgeordneten kritisierten die sogenannte Exit-Klausel als "unnötig, unangebracht und kolonialistisch". Außenminister Rodríguez hatte Mühe, das Abkommen im kubanischen Parlament durchzusetzen. Insgesamt ist das Papier jedoch sehr allgemein gehalten. Mit Leben gefüllt werden soll es in Verhandlungen zwischen den entsprechenden EU-Ausschüssen und dem kubanischen Parlament.
Mehr Tourismus auf der Insel
Mit der Öffnung der sozialistischen Insel strömen immer mehr Touristen nach Kuba. Im vergangenen Jahr besuchten erstmals über vier Millionen Urlauber die Insel, ein Zuwachs von 13 Prozent zum Vorjahr. Viele kommen aus Europa, Tendenz steigend. Schon jetzt ist Europa, allen voran Frankreich und Spanien, größter Investitionspartner Kubas, und die EU ist nach den USA zweitwichtigster Handelspartner. Beide Seiten sehen großes Ausbaupotenzial - im Tourismus, aber auch im Umweltschutz, bei der Modernisierung der Landwirtschaft und dem Ausbau des Internets. Hier will die EU mit Kuba die ersten Kooperationen abschießen.
Für Kuba kommt die Annäherung an Europa zu einem günstigen Moment. Die von Trump im Wahlkampf angekündigte vollständige Kehrtwende in der Kuba-Politik blieb zwar aus. Doch hat er bereits Lockerungen im Reiseverkehr zurückgenommen. Individualreisen wurden eingeschränkt, Austauschprogramme für Studenten und Wissenschaftler zurückgenommen. "Ich habe versprochen, eine Stimme für die Freiheit des kubanischen Volkes zu sein", sagte Trump vor Exilkubanern in Miami. Solange es politische Gefangene und keine freien Wahlen gebe, sollen die Strafmaßnahmen gelten.
Derweil steckt Venezuela, Kubas wichtigster politischer Partner in Lateinamerika, in einer tiefen Krise. Wegen fehlender Investitionen musste das erdölreiche Land seine Fördermenge zurückschrauben und die Lieferungen nach Kuba um 40 Prozent reduzieren.
Russland als wichtiger Partner für Kuba
Als neuer und alter Verbündeter springt immer mehr Russland in die Bresche. Energie- und Rüstungsabkommen wurden bereits unterzeichnet, auch der Tourismus aus Russland nach Kuba boomt. Insgesamt sollen russische Unternehmen vier Milliarden US-Dollar in der Karibikinsel investieren. Doch das russische Engagement wird auch skeptisch gesehen. Kuba war für die ehemalige Sowjetunion immer von größter strategischer Bedeutung. Jetzt könnte sich die Geschichte wiederholen. Eine Demonstration der Stärke vor den Toren der USA ist Russlands Engagement deshalb allemal.
"Der Kalte Krieg wird in Lateinamerika wiedergeboren", schrieb die regimekritische kubanische Journalistin Yoani Sánchez in einem Beitrag für die spanische Tageszeitung "El País". Während US-Präsident Trump sich für Kuba und die ganze Region nicht besonders interessiere, gewinne Russland dort immer stärker an Bedeutung. In dieser Situation will die EU Flagge zeigen. (epd)