Gibraltar. Gibraltar, das britische Überseegebiet an der Südspitze Spaniens ist einzigartig wie umstritten. Was passiert touristisch, wenn der Brexit kommt?

Bei den Brexit-Verhandlungen um den Austritt Großbritanniens aus der EU gibt es viele Stolpersteine. Einer von ihnen ist sehr massiv, im wörtlichen Sinne. Der Stein ist 426 Meter hoch, sechseinhalb Quadratkilometer groß und liegt fernab der britischen Insel im Süden Spaniens: Gibraltar.

Meerenge zwischen Europa und Afrika

Bereits 1704 nahm Großbritannien den strategisch wichtigen Felsen an der Meerenge zwischen Europa und Afrika in Besitz. Seit Jahrhunderten fordert Spanien ihn zurück. Die Brexit-Verhandlungen haben den Streit um Gibraltar neu entfacht. Vor allem die örtliche Tourismusbranche zittert vor den möglichen Folgen.

Das britische Überseegebiet Gibraltar liegt an der Südspitze Spaniens. Touristenattraktion ist das Naturschutzgebiet Upper Rock, wo die einzigen freilebenden Affen Europas leben.
Das britische Überseegebiet Gibraltar liegt an der Südspitze Spaniens. Touristenattraktion ist das Naturschutzgebiet Upper Rock, wo die einzigen freilebenden Affen Europas leben. © dpa

Mehrere Millionen Urlauber besuchen jährlich den sogenannten Affenfelsen. Die meisten kommen über die Landgrenze. Werden sie das immer noch tun, sollte Spanien die Grenzkontrollen nach einem Brexit verschärfen? "Ich bin mir sicher. Gibraltar hat viel zu bieten", sagt Nicky Guerrero, Gibraltars Tourismus-Direktor.

Mit Blick auf die geringe Landfläche hat er objektiv gesehen nicht Unrecht: Gibraltar ist klein und sicher. Das macht das britische Überseegebiet vor allem für Kreuzfahrtschiffe attraktiv.

Shopping-Paradies

Besonders beliebt ist Gibraltar als Shopping-Paradies. Es gibt hier keine Mehrwertsteuer. So decken sich die meisten Urlauber mit Tabak, Alkohol, Parfüm, Uhren, Schmuck und elektronischen Geräten ein. Mit Eastern Beach, Catalan und Sandy Bay erwarten drei Mittelmeerstrände die Besucher. In der Straße von Gibraltar stehen Wracktauchen, Segeln und Delfin-Beobachtung auf dem Programm.

Gibraltars touristische Höhepunkte findet man aber weiter oben, im Naturschutzgebiet Upper Rock, wo rund 300 Berberaffen ihr Unwesen treiben. Es sind die einzigen freilebenden Affen Europas. Vor allem aber sind sie rotzfrech. Der Besuch der alten Araber-Burg und die Sicht nach Marokko sind beeindruckend. Auf einen Blick sieht man drei Länder, zwei Kontinente und zwei Weltmeere. Das ist einzigartig, aber auch gefährlich. Denn die kleinen Affen warten nur darauf, Brillen, Taschen, Geldbörsen und Essen zu klauen.

Gibraltars Tourismus und der Brexit

Der Legende nach wird Gibraltar so lange britisch sein wie die berühmten Berberaffen auf dem Felsen leben.
Der Legende nach wird Gibraltar so lange britisch sein wie die berühmten Berberaffen auf dem Felsen leben. © dpa
Wie in die Landschaft geworfen: Gibraltars imposanter Kalksteinfelsen.
Wie in die Landschaft geworfen: Gibraltars imposanter Kalksteinfelsen. © dpa
Quer über die Straße: die Landebahn des Flughafens an der Grenze zwischen Gibraltar und der spanischen Ortschaft La Linea de la Concepcion.
Quer über die Straße: die Landebahn des Flughafens an der Grenze zwischen Gibraltar und der spanischen Ortschaft La Linea de la Concepcion. © dpa
Über der Schlucht spannt sich die neue Windsor-Hängebrücke - eine gute Möglichkeit, Fotos zu schießen.
Über der Schlucht spannt sich die neue Windsor-Hängebrücke - eine gute Möglichkeit, Fotos zu schießen. © dpa
Das Euro-Zeichen wird wohl bleiben, die EU-Mitgliedschaft nicht. Was mit Gibraltars Tourismus nach dem Brexit passiert, ist eine spannende Frage.
Das Euro-Zeichen wird wohl bleiben, die EU-Mitgliedschaft nicht. Was mit Gibraltars Tourismus nach dem Brexit passiert, ist eine spannende Frage. © dpa
Auch Baden kann man in Gibraltar, zum Beispiel am Mittelmeerstrand Catalan Bay.
Auch Baden kann man in Gibraltar, zum Beispiel am Mittelmeerstrand Catalan Bay. © dpa
Eine Araber-Burg im Süden Spaniens mit britischer Flagge - Gibraltar ist halt anders.
Eine Araber-Burg im Süden Spaniens mit britischer Flagge - Gibraltar ist halt anders. © dpa
Die Läden sind gut frequentiert: Gibraltar ist auch ein Shopping-Paradies.
Die Läden sind gut frequentiert: Gibraltar ist auch ein Shopping-Paradies. © dpa
Tolle Aussicht: Eine Seilbahn bringt Touristen hinauf zum Upper Rock.
Tolle Aussicht: Eine Seilbahn bringt Touristen hinauf zum Upper Rock. © dpa
Besonderes Ambiente: In der St. Michael's Cave finden sogar Konzerte und andere Events statt.
Besonderes Ambiente: In der St. Michael's Cave finden sogar Konzerte und andere Events statt. © dpa
Nicky Guerrero ist Gibraltars Tourismus-Direktor.
Nicky Guerrero ist Gibraltars Tourismus-Direktor. © dpa
Kennt die Geschichte Gibraltars: Historiker und Touristenguide Tito Vallejo.
Kennt die Geschichte Gibraltars: Historiker und Touristenguide Tito Vallejo. © dpa
1/12

Dutzende gigantischer Tropfsteinhöhlen

Der Kalksteinfelsen beherbergt Dutzende gigantischer Tropfsteinhöhlen wie die St. Michael's Cave. Der Gorham-Höhlenkomplex wurde 2016 sogar zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Hier lebten die letzten Neandertaler Europas. Geschichtlich ist Gibraltar hoch interessant: Im Altertum soll der Ort eine der Säulen des Herakles gewesen sein. Danach siedelten sich hier Phönizier und Römer an. 711 wurde Gibraltar von den muslimischen Berbern eingenommen.

In der Stadt selber weiß man auch nicht so recht, ob man nun in Spanien oder Großbritannien ist. Auf dem Casemates Square servieren Kellner Fish and Chips und Paellas, britisches Bier und spanischen Rotwein. Die typischen britischen Telefonzellen stehen neben Palmen.

Omnipräsenten Kanonen und Verteidigungstunnel

"Gibraltar ist geschichtlich, sprachlich, architektonisch und kulturell eine Mischung aus Großbritannien, Spanien, Portugal, Malta, Italien und Marokko. Wir haben uns einfach das Beste aus jeder Kultur genommen", erklärt Touristenführer Tito Vallejo. "Hier haben Juden, Christen, Muslime und Menschen aus den verschiedensten Regionen der Welt immer friedlich zusammengelebt." Doch war der strategisch begehrte Affenfelsen stets bedroht, wie die omnipräsenten Kanonen und Verteidigungstunnel zeigen. Die helfen aber nicht gegen den Brexit. (dpa)