München/Hannover. “Die Türkei wird fünf Prozent günstiger“: Vor jeder Saison kommunizieren Reiseveranstalter Preisentwicklungen. Doch was bringt das dem Kunden?
Spanien drei Prozent teurer, Türkei fünf Prozent günstiger: Wenn die großen Reiseveranstalter ihre Kataloge für die kommende Saison vorstellen, sind oft Einschätzungen wie diese zu hören. In dem einen Land wird Urlaub billiger, im anderen kostet er mehr.
Wenig aussagekräftig
Das ist die Botschaft, die letztlich beim Kunden ankommt. Doch solche Preisentwicklungen sind wenig aussagekräftig und können, wenn man sie missversteht, sogar zu regelrechter Entrüstung führen. Beispiel: Warum ist das Lieblingshotel auf Gran Canaria plötzlich 20 Prozent teurer, wo der Veranstalter doch bloß eine Preissteigerung von 3 Prozent für die Kanaren verkündet hat?
"Es handelt sich mehr um einen ungefähren Wert", sagt Ralph Schiller, Geschäftsführer beim Veranstalter FTI. Bei Erscheinen der Kataloge werden die durchschnittlichen Reisepreise ermittelt und mit den Preisen zum entsprechenden Stichtag ein Jahr zuvor verglichen. Tui-Produktchef Stefan Baumert bestätigt: "Wir vergleichen bei den Katalogpreisen die Startpreise am Anfang der Saison mit den Startpreisen am Anfang der vergangenen Saison."
Ermittlung der Inflation
Baumert stellt aber klar: "Kein Kunde bucht zu Durchschnittspreisen. Man muss das mit einem Warenkorb vergleichen, wie bei der Ermittlung der Inflation", sagt der Manager. "Verschiedene Faktoren fließen ein, und die Kalkulationssysteme spucken am Ende einen Preis aus." Beim einzelnen Urlaub komme es immer auf Reisetermin, Hotel und Zimmerkategorie an, erklärt Baumert.
Generell wirken teils sehr gegenläufige Entwicklungen auf die Preise ein. So können höhere Treibstoffkosten die Flüge verteuern, während die Hotels wegen geringerer Nachfrage die Preise senken. Oder ein Land führt eine Steuer auf alkoholische Getränke ein, wodurch die Preise in den Hotels steigen - während Flugpreise sinken.
Durchschnittspreis für den Urlauber irrelevant
Der Durchschnittspreis sei für den Urlauber irrelevant, sagt Prof. Torsten Kirstges von der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. Der Tourismusforscher verweist zudem auf die sogenannten X-Produkte, bei denen die Veranstalter Flüge und Hotels zu tagesaktuellen Preisen zu Pauschalreisen kombinieren. Diese Preise entstehen jeden Tag neu und können daher bei der Angabe eines Durchschnittswerts zu Saisonbeginn nicht berücksichtigt werden. Und dann sind da noch geänderte Zeiten für Ferien und Feiertage, die das Vergleichen von Kalenderwochen erschweren.
Da stellt sich die Frage: Warum kommunizieren die Veranstalter die Katalogpreise öffentlichkeitswirksam, wenn diese kaum Aussagekraft haben? Für den Urlauber lässt sich daraus immerhin eine grobe Tendenz ablesen, nach dem Motto: In die Türkei komme ich günstiger als nach Spanien. Das war es aber auch schon. "Die Preisangaben sind nur eine grobe Richtlinie", sagt Tui-Mann Baumert. "Der einzelne Urlauber muss immer genau suchen und sein Budget prüfen."
"Marktschreierische" Aussagen
"Griechenland zwei Prozent günstiger!" - für Prof. Kirstges sind solche "marktschreierischen" Aussagen vor allem eines: Werbung. "Es gab Zeiten, da wurde jedes Jahr mit "Günstiger"-Aussagen geworben. Eigentlich hätte man die Reisen nach ein paar Jahren fast umsonst bekommen müssen." Die Signalwirkung zähle. Beim Urlauber soll hängenbleiben: Bei Veranstalter X ist Urlaub günstig zu haben. (dpa)