Die deutsche Tourismusbranche blickt optimistisch in die Zukunft. Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen. Allerdings befindet sich die Reisebranche im Umbruch. Wir sprachen mit Klaus Laepple, Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV).

Wohin steuert eigentlich die deutsche Touristikwirtschaft? Thomas Cook und die TUI haben sich gerade mit britischen Reiseveranstaltern zusammengeschlossen, die wichtigen Entscheidungen werden nun aber in London getroffen?

Laepple: Das ist wirklich ein echtes Tollhausstück. Erst kaufen wir im Ausland ein und erlangen eine Mehrheitsbeteiligung, aber jetzt sitzen die Firmen dort, wo sie gekauft wurden und nicht dort, wo die Käufer sitzen. Für mich ist das ein Treppenwitz.

Machen die internationalen Fusionen denn wirtschaftlich Sinn?

Laepple: Es bleibt abzuwarten, inwieweit tatsächlich ein Know-how-Transfer erfolgt. Die Synergien im zentralen Einkauf sind aber sicherlich begrenzt. Sie können beispielsweise auf Mallorca nicht gleichzeitig für den deutschen und den britischen Markt einkaufen. Beide Nationen haben doch ihre geographisch abgetrennten Urlaubsgebiete auf der Insel.

Nicht nur die Pauschalreiseveranstalter werden immer größer, auch der Airlinemarkt ist von einer enormen Konzentration geprägt. Viele sorgen sich schon vor einem Monopol der Air-Berlin-Gruppe im Segment der Ferienflieger.

Laepple: Das ist richtig, einen echten Wettbewerb gibt es nicht mehr, wenn die Condor von Air Berlin ohne Auflagen übernommen würde. Immerhin war die LTU-Übernahme mit dem Argument genehmigt worden, dass es als Konkurrenz ja noch die Condor geben würde. Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, dass das Kartellamt den Antrag einfach so durchwinkt.

Die deutschen Reisebüros leiden immer mehr unter der Internet-Konkurrenz. Im vergangenen Jahr machten 900 Verkaufsstellen dicht. Stirbt das klassische Reisebüro aus?

Laepple: Mit Sicherheit nicht. Das Reisebüro bleibt der wichtigste Vertriebsweg für die deutschen Pauschalreiseveranstalter. Aber es hat ja auch mal 20.000 Tankstellen in Deutschland gegeben, und heute sind es nur noch die Hälfte. Ich glaube, dass wir uns mittelfristig bei 10.000 Reisebüros einpendeln werden.

In Ihrer Prognose für das nächste Touristikjahr gehen Sie von einem Wachstum von 3 Prozent aus. Gar keine Sorge davor, dass die steigenden Flugpreise die Lust der Urlauber doch noch bremsen?

Laepple: Das Risiko ist da, gar keine Frage. Die einzige Konstante im Reisegeschäft ist der Wunsch der Menschen nach Mobilität und Reisen, aber dieser Wunsch muss bezahlbar bleiben. Deshalb kann ein anhaltend hoher Ölpreis zur Belastungsprobe für die Reisewirtschaft werden. Allerdings rechne ich eher damit, dass der Ölpreis wieder sinkt. Die Preise sind ja nicht zuletzt durch Spekulanten in die Höhe getrieben worden.

Stichwort Erderwärmung: Sind Sie insgeheim froh, dass sich die hitzige Debatte um den Klimaschutz wieder deutlich abgekühlt hat?

Laepple: Die plakative Hysterie ist zum Glück vorbei. Aber wir beschäftigen uns weiter mit dem Thema. Der Verzicht auf Reisen kann sicher keine Lösung sein. Wir kriegen das ganze Problem nur über technischen Fortschritt in den Griff. Es muss deshalb mehr Geld für Entwicklung und Innovationen zur Verfügung gestellt werden. Die deutsche Reisewirtschaft verlangt daher von der Airline-Industrie, dass sie weiter in effiziente Triebwerke investiert.