Berlin. Die Abwehr von Epidemien steht im kommenden Jahr auf der Agenda der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.
Drei Jahre nach Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika könnten nach Ansicht von "Ärzte ohne Grenzen" 2017 entscheidende Weichen gestellt werden. "Es gibt durchaus Lehren aus Ebola", sagte Florian Westphal, Geschäftsführer der deutschen Ärzte-Sektion, dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Aber es müssen jetzt wirklich die Bedürfnisse der Betroffenen in den Vordergrund gerückt werden, nicht wirtschaftliche Interessen, eine mögliche Bedrohungslage für Industrieländer, für den globalen Handel oder den globalen Tourismus." Bei der Ebola-Epidemie infizierten sich seit Dezember 2013 in Guinea, Sierra Leone und Liberia rund 29.000 Menschen. Mehr als 11.300 starben.
Die Abwehr von Epidemien steht im kommenden Jahr auf der Agenda der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20), deren Präsidentschaft Deutschland derzeit innehat. Beim Gipfel im Juli in Hamburg soll auch über die wachsenden Antibiotika-Resistenzen sowie über vernachlässigte Krankheiten wie Flussblindheit und Lepra gesprochen werden, die fast ausschließlich die armen Länder treffen. Dabei sei die G-20 gefordert, betonte Westphal. Bereits die Initiative der Bundesregierung 2015, die Themen in die G-7 der wichtigsten Industrieländer einzubringen, habe etwas in Bewegung gebracht. Nun müsse das Bewusstsein weiter geschärft werden.
Menschen müssen Zugang zu Medikamenten bekommen
Nach Ebola würden Epidemien inzwischen international schneller wahrgenommen, die Reaktionsfähigkeit sei gewachsen. Entscheidend sei aber der politische Wille der betroffenen Staaten und der internationalen Gemeinschaft. "Ärzte ohne Grenzen" hatte beim Ebola-Ausbruch schon sehr früh vor einer Ausbreitung gewarnt und Hilfe der lange zögernden Weltgemeinschaft eingefordert.
Zwei Knackpunkte macht Westphal mit Blick auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus: "Im Endeffekt sehen wir noch nicht, dass der finanzielle Rahmen für die WHO in Krisensituationen dieser Art ausreichend ist. Und es muss klar sein, dass man auch in Situationen reagieren muss, bei denen nicht internationale Auswirkungen drohen." Wenn Gesundheitskrisen nur dann als Krisen wahrgenommen werden, wenn sie auch reichere Länder treffen könnten, sei das ein großer Grund zur Sorge.
"Für uns ist es zweitrangig, ob beispielsweise ein Ebola-Ausbruch das Potenzial hat, sich international auszubreiten", betonte Westphal. Es müsse immer um die Kranken auch in armen Ländern gehen: "Das bedeutet, dass diese Menschen Zugang zu vorhandenen Medikamenten haben und das unabhängig davon, ob sie diese bezahlen können oder nicht." Außerdem müssten Medikamente, Impfstoffe und Diagnostika für vernachlässigte Krankheiten wie Tuberkulose entwickelt werden. Die G-20-Gruppe habe die Chance, Zeichen zu setzen. (epd)