Woche für Woche pendelt die neue Aida Prima zwischen Hamburg, Southampton, Le Havre und Rotterdam. Wie schlägt sich das Aida-Flaggschiff?

Die Schiffspremiere des Jahres ist im Alltag angekommen. Woche für Woche pendelt die Aida Prima zwischen Hamburg, Southampton, Le Havre, Zeebrugge und Rotterdam. Doch wie schlägt sich eigentlich das neue Aida-Flaggschiff im Regelbetrieb, ein gutes halbes Jahr nach der Taufe?

Spätestens während der Herbstferien gilt es den ersten Härtetest zu bestehen. Die Prima ist komplett ausgebucht, viele der dritten und vierten Betten in den Kabinen sind ebenfalls belegt. Insgesamt zählt die Reederei 1300 Kinder an Bord, ein Spitzenwert. Und anders als während der Sommermonate ist das Wetter nun kühler, die Nordsee rauer. Verträgt die Prima so viele Gäste? Und wie vertragen sich so viele Gäste auf der Prima?

Einfach entspannt in Rotterdam einsteigen

Einer der kritischsten Punkte ist bekanntlich der Beginn einer jeden Kreuzfahrt, wenn die Einschiffung ansteht. Binnen weniger Stunden müssen tausende Gäste samt Gepäck abgefertigt werden. Ein Prozess, der gerade in den ersten Wochen im neuen Terminal in Hamburg Steinwerder zur Geduldsprobe wurde. Wartezeiten von mehreren Stunden vermiesten vielen Passagieren den Start in den Urlaub. Inzwischen sei dies durch verbesserte Prozesse abgestellt, versichert Aida. Gäste aus NRW müssen sich ohnehin nicht sorgen. Sie können alternativ in Rotterdam einsteigen, dort geht es völlig entspannt zu. Nach einer Nacht an Bord in der holländischen Hafenstadt, macht sich die Prima anschließend auf den Weg nach Hamburg, der erste Seetag steht an.

Seetag, das ist der nächste neuralgische Punkt einer jeden Kreuzfahrt. Zwangsläufig sind nun alle Mann an Bord, die vielen Passagiere brauchen ausreichend Platz und überdies Ablenkung. Auf der Prima ist die Ausgangsposition während der Wintersaison noch herausfordernder. Schließlich dienen die Balkone in der kalten Jahreszeit nicht mehr als Rückzugsort für die Passagiere, entsprechend drängen noch mehr Gäste in die öffentlichen Bereiche, bevorzugt in den „Beach Club“ und das „Four Elements“. Denn hier gibt es Wasserspass, Unterhaltung und wohlige Wärme.

Das „Four Elements“ ist an diesem Seetag, wie während der gesamten Kreuzfahrt, fest in Kinderhand. Hier warten Wasserlandschaften, zwei rasante Wasserrutschen, verschiedene Spielbereiche und ein Klettergarten auf die unternehmungslustigen Kids. Und ja, sobald das Schiff abgelegt hat, ist es hier voll. Ziemlich voll sogar. Allerdings mindert das die Begeisterung der kleinen Kreuzfahrer samt ihrer Eltern nicht im Geringsten. Gesitteter geht es derweil im Beach Club (Innenpool mit Verbindung zum Außenbereich, Barbereich, Bühne für Live-Musik) zu. Das Foliendach sorgt nicht nur für eine angenehmere Raumluft, es mindert auch den Geräuschpegel erheblich. Keine Spur von einer Atmosphäre wie im städtischen Freizeitbad.

Es gibt aber noch wesentlich mehr entspannte Plätze an Bord. So hat sich das Theatrium tagsüber zu einem beliebten Rückzugsort entwickelt. Bequeme Sitzlandschaften und kleine Sessel beherbergen die Bücherwürmer und die Menschen, die auch während einer Kreuzfahrt nicht von ihrem Smartphone lassen können. Und all die, die sich nicht selbst beschäftigen können oder wollen, werden geschickt und möglichst gleichmäßig auf dem Schiff verteilt. „Crowd Management“ nennt sich der Fachbegriff. „Mit unseren Aktivitäten und Angeboten steuern wir den Strom der Gäste an Bord, damit es sich nicht an einer Stelle ballt, erklärt General Manager Konstantin Burkemper. Und Aida ist in dieser Disziplin auf der Prima schon unglaublich weit.

Die vielen Angebote und zusätzlichen Restaurants machen es für die Reederei allerdings erforderlich, für bestimmte Attraktionen Reservierungen zu verlangen. Das hat zur Folge, dass sich die Gäste im Vorfeld mit dem Programm explizit auseinandersetzen und sich auch frühzeitig entscheiden müssen, was sie wann machen möchten und was nicht. Wer einfach nur mit dem Strom schwimmt und selbst nicht aktiv wird, geht im Zweifel leer aus. Nicht optimal gelöst ist dabei der Prozess der Reservierung selbst. So muss man sich für jede Attraktion einzeln und oftmals während festgelegter Zeiten anmelden. Eine zentrale Reservierungshotline wäre wesentlich komfortabler und auch effizienter. Immerhin, die Spezialitäten- und Bedien-Restaurants lassen sich im Vorfeld der Reise online buchen.

Aida wagt auf der Prima einen radikalen Schritt

Mit dem Bella Donna (italienisch) und dem French Kiss (französisch) gibt es neben dem bereits bekannten Brauhaus nun zwei zusätzliche Restaurants mit Service am Platz. Im Gegenzug sind die Getränke zuzahlungspflichtig. Angesichts der doch sehr überzeugenden Qualität der Speisen ein fairer Deal. Auch der Service ist schnell und freundlich. Lange Gesichter dagegen bei vielen Gästen im voll besetzten Brauhaus, die an diesem Abend trotz Reservierung gefühlte Ewigkeiten auf ihre Speisen oder Getränke warten müssen – auch das kommt vor. Ebenso wie teilweise zu lange Wartezeiten an den Bars.

Und, wie ist die Stimmung in den Buffet Restaurants, der eigentlichen Domäne von Aida? Hier wird auf der Prima ein durchaus radikaler Schritt gewagt. Denn das Angebot in den Buffet-Restaurants bleibt von Tag zu Tag gleich. Die Idee dahinter: Niemand soll das Gefühl haben, etwas zu verpassen. „Wir haben uns für die beliebtesten Gerichte aus der Vergangenheit entschieden, die Auswahl ist nach wie vor enorm groß. Aber wir möchten mit dieser Entscheidung die Passagiere ermuntern, während ihrer Kreuzfahrt auch andere Restaurants auszuprobieren“, begründet Burkemper die Maßnahme. Eine Entscheidung, die von den neuen Aida-Gästen problemlos akzeptiert, gleichzeitig von den langjährigen Stammkunden und Vielfahrern noch immer hitzig diskutiert wird. Manchmal gewinnt man den Eindruck, eine Kreuzfahrt wird es dann perfekt, wenn es auch etwas zu meckern gibt.

Doch selbst die schärfsten Kritiker dürften sich der Meinung anschließen, dass das neue Buffet-Restaurant „East“ ein echter Gewinn für alle ist. Hier werden die zuvor von den Gästen selbst zusammengestellten Zutaten auf einem Grill frisch zubereitet.

Die Häfen der Tour sind ein unschöner Kontrast

Ebenfalls gute Noten verdient auf der Prima einmal mehr das Entertainment-Angebot. Noch mehr, noch vielfältigere Angebote verteilen sich über das gesamte Schiff. Ganz neu etwa der leicht frivole Nachtclub „Nightfly“, der im Stil der 20er Jahre zu später Stunde ausschließlich Gäste ab 18 Jahren begrüßt und sehr gute Kritiken erhält. Auf bekannt hohem Niveau bewegen sich die klassischen Shows für Jedermann im Theatrium. Diese werden grundsätzlich zwei Mal am Abend gezeigt, sodass die Gäste ihr Abendessen zu ihrer individuellen Wunschzeit einnehmen können.

Ja, man muss schon sagen, dass es fast unmöglich ist, sich auf der Prima zu langweilen oder unzufrieden zu sein. Entsprechend sind die wenig attraktiven Liegeplätze der Prima in den Häfen der Metropolentour im Vergleich zum Ambiente an Bord ein unschöner Kontrast. Einzig der Standort Rotterdam, hier wird am historischen Kreuzfahrtterminal in bester Citylage festgemacht, bildet eine löbliche Ausnahme. Besonders trist ist der Empfang in Hamburg. In Steinwerder fährt um elf Uhr vormittags der letzte Shuttle der Reederei zum Hauptbahnhof, um die abreisenden Passagiere zu ihren Zügen zu bringen. Den übrigen Gästen, die gerne einen Abstecher zu den Sehenswürdigkeiten machen möchten, bleibt nur das Taxi. Gut 50 Euro kostet die Fahrt zum Zentrum und zurück. An der touristischen Willkommenskultur muss die Hansestadt, die sich selbst gerne großspurig als „Tor zur Welt“ bezeichnet, noch kräftig üben.

Fazit: Die Aida Prima verdient den Titel „Schiff des Jahres“. Ein so großes Angebot und so vielfältiges Programm gibt es aktuell auf keinem anderen deutschsprachigen Schiff. Auch das wetterunabhängige Konzept geht auf. Mit etwas mehr Personal und einem besseren Reservierungssystem sollten sich die aktuellen Kinderkrankheiten abstellen lassen. Die Route ist zwar nur begrenzt attraktiv, aber eben auch nur Nebensache. Gerade im Winter, wenn die Preise eiskalt kalkuliert sind, ist eine Kreuzfahrt mit der Prima eine gute und günstige Alternative zur Flugreise, besonders für Familien.