Immer mehr Reedereien schicken ihre Passagiere während des Landgangs auf den Golfplatz

Norbert und Frank blicken sich einmal tief in die Augen, lächeln kühl und greifen dann in ihre Taschen. Norbert zieht das dicke Holz, Frank ein hartes Eisen heraus. Das Duell am frühen Morgen kann beginnen. Der erste Schlag gehört dem Älteren.

Norbert kramt eine Kugel aus der Hosentasche und bringt sich in Position. Noch einmal fixiert er ganz genau das Ziel. Es folgt ein kurzer Schwung, dann zischt das Geschoss in die Luft. Der Hesse strahlt. „Jetzt schau Dir das Ding an!”

Wir sind auf dem Golfplatz Palheiro, hoch oben in den Bergen von Madeira. Die Männer kennen sich erst seit wenigen Stunden, aber in diesem Moment haben sie irgendwie schon Freundschaft geschlossen. Norbert Weber (65) aus Frankfurt und Frank Schlote (45) aus Eisenach sind Kreuzfahrttouristen. Beide haben das AIDA-Programm „Golf & Cruise” gebucht, so nennt sich die Kombination aus Schiffsreise und Golfsport.

Wie viele andere Reedereien auch, will AIDA Cruises damit die wachsende Zahl der Golfspieler erreichen, die selbst während einer Kreuzfahrt nicht auf den Griff zum Schläger verzichten möchten.

„Seit 2002 bieten wir das Programm an, die Nachfrage wird immer größer”, berichtet Hansjörg Kunze, Kommunikationschef der Rostocker Reederei. Das Angebot beschränkt sich dabei nicht auf die sportlichen Landgänge, inzwischen bieten alle AIDA-Schiffe entsprechende Trainingsmöglichkeiten an Bord, zudem wird grundsätzlich jede Fahrt von einem eigenen Golf-Pro betreut.

Golf & Cruise nennt sich das Programm für golfende Kreuzfahrer.
Golf & Cruise nennt sich das Programm für golfende Kreuzfahrer. © MSG

Auf der AIDAdiva hat in diesen Wochen Günter Roos als Golflehrer angeheuert. Der Düsseldorfer ist so etwas wie der Gegenentwurf zu dem bekannten Bild der jugendlichen Sport-Animateure. Sein Jahrgang? Günter wiegt seine Schultern einmal nach rechts, einmal nach links und lächelt dann verschmitzt: „Sagen wir so, auf dem Schiff bin ich der unbestrittene Alterspräsident.” Günter ist 72 Jahre alt.

Auf Deck elf befindet sich sein kleines Reich. Ein Golfsimulator und ein Putting Green. Mit Hilfe des Simulators lassen sich in der Theorie 30 weltberühmte Plätze nachspielen, gleichzeitig können die Kreuzfahrer hier jederzeit eine Einzelstunde mit dem Trainer buchen.

Spontane Spaß-Tuniere gibt es auch

Das Putting Green steht allen Gästen offen. Jeder, der sich neugierig den kleinen Löchern nähert, wird von Günter mit Schläger und Ball ausgestattet. Finden sich genügend Interessierte ein, wird auch schon mal spontan ein Spaß-Turnier organisiert.

„Mein Herz gehört den Einsteigern. Ich möchte möglichst viele Leute an den Golfsport heranführen”, erklärt der Coach glaubhaft. Schließlich können auch Anfänger Landgänge mit Golfprogramm buchen.

Angeboten werden Schnupperkurse, Einführung in die Theorie und Stunden auf der Driving-Range. Immer inklusive ist dabei ein Leihsatz mit dem entsprechenden Schlägermaterial. Komplette Platzreifekurse werden hingegen nicht offeriert. „Das wäre unseriös, dazu reicht die Zeit während einer einwöchigen Kreuzfahrt einfach nicht aus”, begründet der Golf-Lehrer.

Zurück auf dem Golfplatz. Norbert und Frank haben sich bis zu Loch drei vorgearbeitet. Es geht steil bergauf, schnaufend ziehen sie ihre Golfkarren hinter sich her.

Palheiro ist, obwohl erst 1993 eröffnet, bereits ein erstaunlich gewachsener Platz. Mit altem Baumbestand, Pinienwäldern, üppigen Büschen und viel Blütenpracht. Hinter einer Hügelkuppe wird die Sicht frei auf die Bucht von Funchal und den Liegeplatz der Diva. „Ich glaube, wir haben alles richtig gemacht”, murmelt Frank zufrieden.

Keiner kommt zu kurz

Der Bauunternehmer reist bereits zum vierten Mal mit einem Schiff der AIDA-Flotte, immer gemeinsam den drei Kindern und seiner Frau. „Eine tolle Sache, rund um das Schiff gibt es so viele Möglichkeiten, da kann ich meine Lieben auch mal ohne schlechtes Gewissen zurücklassen”, schmunzelt er. Während der Nachwuchs im Kids-Club tobt, zieht seine Frau shoppend durch die Inselhauptstadt oder lässt sich im SPA verwöhnen.

„Wir müsse spiele!” Norbert drängt, der nächste Abschlag ruft. Auch wenn heute der Spaß überwiegt, der Frankfurter macht keinen Hehl aus seinem sportlichen Ehrgeiz. „Ich muss immer um etwas zocken - und wenn es nur um ein Bier geht”, gesteht der ehemalige Disponent, der seit seinem 55. Lebensjahr nicht mehr arbeiten muss.

Die freie Zeit nutzt er für viel Urlaub und den Golfsport. „Wenn ich zu Hause bin, spiele ich mindestens jede Woche ein Turnier”, berichtet er.

Abschlag an Loch neun, Frank liegt vorn. Die Mittagshitze macht sich bemerkbar, doch eine Pause ist nicht vorgesehen. Nur für die spektakulären Aussichten, die der Inselplatz immer wieder zu bieten hat, bleiben einige Momente Zeit. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Platz der Schönste der ganzen Reise ist”, glaubt Norbert zu wissen.

Insgesamt werden auf der Fahrt von Teneriffa über Madeira, La Palma, Fuerteventura, Lanzarote und Gran Canaria vier organisierte Golfausflüge angeboten. Während der Platz auf Fuerteventura weder sonderlich anspruchsvoll noch in einem besonders guten Pflegezustand ist, können die Golfer auf Lanzarote einen der ungewöhnlichsten Plätze der Welt begehen.

Der Costa de Teguise liegt wie eine Oase mitten in der schwarzen Vulkanlandschaft. Immer wieder werden die grünen Bahnen von Lavafeldern unterbrochen, gesäumt wird der Platz von staubigen Kakteen und Drachenbäumen. Gefragt ist hier eine besonders gerade Spiellinie, andernfalls landen die Bälle nahezu unspielbar in dem Geröll aus spitzen Lavasteinen.

Auf Gran Canaria wartet zum Ende der Reise auf die golfenden Kreuzfahrer schließlich eine königliche Anlage, der krönende Abschluss sozusagen. Gespielt wird auf dem Real Club de Golf de Las Palmas, der Platz des ältesten Golfclubs Spaniens.

Die Anlage grenzt an den Krater eines alten Vulkans, dessen Durchmesser 800 Meter beträgt, bei einer Tiefe von 200 Metern. Die 18 Bahnen sind mitunter ordentlich coupiert, die meisten Löcher lassen sich aber wunderbar entspannt spielen - ein echter Schönwetter-Platz.

INFO

AIDA:Bei AIDA Cruises kostet das das komplette Golf-Paket für die einwöchige Kanarenreise 455 €. Darin enthalten sind das Greenfee für vier Golfplätze, der Transfer und Leihschläger. Info: 01805/18 22 22 22, www.aida.de.

HAPAG-LLOYD: Hapag Lloyd Kreuzfahrten bietet für die Schiffe MS Europa (sieben Termine in 2008) und MS Columbus (drei Termine in 2008) Golf-Kreuzfahrten an. Die Golfpakete kosten auf der Europa ab 890 €, auf der Columbus zwischen 95 und 275 € pro Golfplatz. Info: 040/30 01 46 00, www.hklf.de

DEILMANN: Auf der MS Deutschland werden 2008 insgesamt neun Golfkreuzfahrten angeboten. Die Golfpakete kosten zwischen 550 und 950 €. Info: 04561/39 60, www.deilmann.de

MSC KREUZFAHRTEN: Zwei Golfkreuzfahren werden 2008 mit der MSC Sinfonia angeboten. Das Golfpaket (1 Turnier an Land, Trainerstunden an Deck) kostet 300 Euro. Info: 089/85 63 550, www.msc-kreuzfahrten.de

Norbert und Frank wollen sich spontan entscheiden, auf wie vielen Plätzen sie während ihrer Kreuzfahrt noch abschlagen und einlochen werden. Jeder Ausflug lässt sich individuell buchen, angeboten wird aber auch das komplette Golf-Paket mit allen Plätzen.

Doch zuerst muss aus dem Duell auf Madeira ein Sieger hervorgehen. Erst an Loch 18 fällt die Entscheidung. Franks Ball verschwindet für immer im Pinienwald, der fällige Strafschlag macht Norbert zum glücklichen Gewinner des Tages.

Wenig später klirren auf der Terrasse des Clubhauses die Gläser. Weit unten liegt noch immer die Diva im Hafen von Funchal, die am späten Abend Kurs auf La Palma nimmt. Norbert und Frank ziehen ein erstes Fazit. Jederzeit würden sie sich erneut für eine Kreuzfahrt entscheiden. „Zumindest dann, wenn wir beim Landgang wieder zum Schläger greifen dürfen.”