Krise macht spanischer Tourismusbranche zu schaffen - vor allem britische Urlauber bleiben aus

Normalerweise tobt am Strand von Torremolinos im August der Kampf um die Liegestühle. Der Himmel strahlt blau, die Sonne brennt - und dennoch bleiben die Liegen an der spanischen Costa del Sol in diesem Jahr auch in der Hochsaison reihenweise leer. Auch die Promenade, wo Souvenirläden knallrote Flamencokleider und Trikots von Real Madrid anbieten, ist verwaist. Manche Geschäfte und Lokale haben bereits geschlossen, angeblich wegen Renovierungsarbeiten.

„Das ist das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Kein Mensch ist am Strand”, sagt Pedro Hervas, der seit zwei Jahrzehnten frisch gepressten Orangensaft an einem Stand in Form einer riesigen Orange verkauft. „Letztes Jahr um diese Zeit waren hier so viele Leute und Autos unterwegs, dass man kaum vorankam”, erzählt der 57-Jährige und deutet auf den Strand und die dahinter liegende Straße.

Die spanische Tourismusbranche bekommt die Auswirkungen der Wirtschaftskrise deutlich zu spüren. Vor allem die Briten, die bisher ein Viertel der Spanien-Urlauber ausmachten, bleiben aus. Viele von ihnen machen dieses Jahr Ferien im eigenen Land oder sind auf billigere Ziele wie Ägypten oder die Türkei ausgewichen. Zusätzlich zur schlechten Wirtschaftslage macht den Briten der Verfall des Pfundes zu schaffen, dessen Kurs bedenklich nah an den des Euro herangerückt ist. Sonnentage in Torremolinos, Benidorm oder auf Ibiza sind für sie damit wesentlich teurer geworden.

In der ersten Jahreshälfte besuchten nach Angaben des Tourismusministeriums 23,6 Millionen Ausländer Spanien, das waren 11,4 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2008. Die Zahl der britischen Gäste ging sogar um über 16 Prozent zurück. Und jene Urlauber, die trotz Krise in den Süden flogen, gäben weniger Geld aus, klagen die Ladenbesitzer in den Urlaubsorten.

Der Umsatz sei um 30 bis 40 Prozent eingebrochen, sagt Robert Downey. Früher fuhr der 57-Jährige in Glasgow Taxi, heute betreibt er zusammen mit seiner Frau einen britischen Pub in Torremolinos. „Sonst kamen die Leute um neun Uhr abends und bestellten vier oder fünf Getränke. Jetzt kommen sie erst um zehn und trinken nur zwei oder drei. Und viele Leute sind besorgt”, sagt Downey, während er hinter dem Tresen seiner menschenleeren Bar steht. Auch diese Entwicklung kann das Tourismusministerium mit Zahlen unterlegen: In den ersten sechs Monaten des Jahres sanken die Ausgaben der Urlaubsgäste im Land um knapp acht Prozent.

Die Tourismusflaute trifft die ohnehin schwächelnde spanische Wirtschaft hart, denn elf Prozent aller Arbeitsplätze sind von dem Sektor abhängig. Bereits im vergangenen Jahr musste Spanien seinen zweiten Platz in der Rangliste der meistbereisten Länder der Welt an die Vereinigten Staaten abgeben. Auf Platz eins steht nach Angaben der Welttourismus-Organisation weiterhin Frankreich. Dabei hat Spanien eine lange Tradition als Urlaubsland. Der Tourismus begann sich zu entwickeln, nachdem die Vereinten Nationen 1950 die Sanktionen gegen die Diktatur von General Francisco Franco aufhoben. In beschaulichen Fischerdörfern wuchsen Bettenburgen aus Beton in die Höhe, die Sommer für Sommer von sonnenhungrigen Pauschaltouristen aus Nordeuropa bevölkert wurden. Doch in dieser Konzentration auf Pauschaltourismus über lange Jahre sehen viele eine Schwäche der Branche. Mehr und mehr Touristen stellen ihre Reise selbst zusammen und buchen sie auf eigene Faust im Internet. Die sozialistische Regierung stellte deshalb eine Milliarde Euro für Investitionen in die touristische Infrastruktur bereit. Auch kündigte sie Steuererleichterungen sowie niedrigere Gebühren für Fluggesellschaften und Hotels an. Damit soll sich der Tourismus in Spanien wandeln: Statt des traditionellen Strandurlaubs sollen nun Städte- und Kulturreisen stärker gefördert werden.