Essen.. Handtücher und Bademäntel sind die beliebtesten „Mitbringsel“ deutscher Hotelgäste, sagt eine Studie. Für manche Gäste gebe es jedoch keine Grenzen.

Hoteliers reden nicht gern drüber. Aber: Ihre Gäste klauen wie die Raben. Und zwar alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wenn man einer aktuellen Studie glauben darf.

Da war zum Beispiel jener Gast eines Hotels, das Rainer Spenke, Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) nicht näher verorten möchte als: „irgendwo in NRW“. Der wollte den Flachbildschirm aus dem Zimmer heimlich ins Auto schaffen. Nicht ahnend, dass in jenem Hotel der Fahrstuhl auf dem Weg in die Tiefgarage immer im Erdgeschoss stoppt. Auch nachts. Als sich die Lifttür öffnete, blickte der Mann der Empfangsdame an der Rezeption direkt ins Auge – mit dem Fernseher im Arm. „Peinlich für beide“, sagt Spenke.

„Kleiderbügel gehen auch gut“

Auf Millionenhöhe schätzt die Branche den Schaden bundesweit. Eine „wirklich valide Statistik“ gebe es aber nicht, sagt Christopher Lück, Sprecher des Hotelverbands Deutschland (IHA). Dass gestohlen werde, was nur irgend möglich sei, wie es die Studie des Online-Hotelführers „Wellness Heaven“ behauptet, die knapp 1000 Hoteliers dazu befragte, bestätigt Lück: „Da gibt es absolut keine Grenzen.“ Aus den Fernbedienungen verschwänden regelmäßig die Batterien – genau wie der Wodka aus der Minibar (die Fläschen würden aber gern mit Wasser aufgefüllt), die Wäsche aus den Betten, die Hauben aus den Duschen, die Bilder von den Wänden.

Handtücher und Bademäntel führen die Top-Ten-Liste der am häufigsten gestohlenen Dinge an. „Kleiderbügel gehen aber auch gut“, sagt Bernd Kreitz, Direktor des Wellnesshotels „Jammertal“ in Datteln. Von einem „nennenswerten Thema“ mag er dennoch nicht sprechen: „Bei uns wird nur das Übliche gestohlen.“ Und bei den 1500 Bademänteln, die er jährlich neu kaufen müsse, sei „ja auch viel Verschleiß dabei, wir waschen die schließlich täglich“.

„Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt“

Es sei zudem schwer festzustellen, ob ein Handtuch tatsächlich weg oder nur verlegt worden sei. „Das nachzuhalten bedürfte einer irrsinnigen logistischen Leistung – viel teurer, als neu zu kaufen.“ Wenn er einen Gast auf frischer Tat ertappen würde, würde Kreitz jedoch sofort die Polizei rufen. „Wer nicht zwischen dein und mein unterscheiden kann, gehört angezeigt“, glaubt der Hotel-Direktor.

Was wenige wissen: Streng genommen sind nicht einmal Shampoo- und Duschgel-Reste „mein“. Im Zimmerpreis inbegriffen seien nur die Dinge, die der Gast während (!) des Aufenthalts benötigt, erläutert Dehoga-Sprecher Spenke. Doch kein Zimmermädchen werde im Müll nach dem leeren Shampoo-Fläschen suchen, wenn der Gast abgereist sei. Wer allerdings im Hotelflur gezielt die Wagen des Housekeepings leer räume, müsse durchaus mit Konsequenzen rechnen: „Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt“, betont Spenke.

„Wir wollen doch, dass die Gäste wiederkommen“

Trotzdem scheuen sich Hoteliers, über die schwarzen Schafe (diebischen Elstern?) unter ihren Gästen zu sprechen. „Zu persönlich“, weist etwa das Essener „Sheraton“ die Anfrage ab. Nur „anonym“ möchte sich ein Gelsenkirchener Hotel äußern. Hinter vorgehaltener Hand verrät man aber: Begehrteste „Trophäe“ im Haus seien kleine Kopfkissen, „unsere Fritzchen“. Konkrete Zahlen werden genauso wenig genannt wie Koffer bei der Abreise kontrolliert. „Wir wollen doch, dass die Gäste wiederkommen“, heißt es entschuldigend. Rainer Spenke weiß aber von „Vermerken“ in Gästelisten. „So wie man bei Stammkunden einträgt ,Mag keine weißen Blumen’, steht dann da ,Zuletzt kam ein Bademantel weg’.“

Direkt angesprochen auf den Föhn, die Waage oder den Obstkorb, der bei der Abreise fehlt, rede sich der Gast meist heraus mit: „Ups, versehentlich eingepackt. . .“, erzählt Christopher Lück. Was Shampoo & Co., „Dinge unter der Schwelle der Wertigkeit“, angeht, rät der IHA-Sprecher im Übrigen: „Fragen Sie im Hotel einfach, wo Sie das bekommen, wenn es Ihnen gefällt. Vielleicht erleben Sie eine positive Überraschung. . .“

„Bei uns kommen nur die Stöpsel in den Waschbecken weg“

„Wir haben Glück“, sagt schließlich Patricia Friebel, Auszubildende im Essener Arthotel Körschen. „Bei uns fehlen nur ab und zu die Stöpsel im Waschbecken. Darüber hinaus kommt nichts weg.“ Dabei zählen Hotels wie das ihre, in dem sich Ausstellungen verschiedener Künstler abwechseln, angeblich zu den bei Dieben besonders beliebten. „Vielleicht“, spekuliert Friebel, „sind unsere Objekte zu groß, um sie unbemerkt rausschleppen zu können?“ Vielleicht, ja. In dem Stuttgarter Hotel, in dem „Jammertal“-Direktor Bernd Kreitz früher arbeitete, räumten Diebe einmal die komplette Lobby aus – „mitsamt den guten Perserteppichen und der teuren Ledergarnitur“.