Hwange. Wenn es ums Durststillen geht, sind sich Mensch und Tier einig und kommen sich nicht ins Gehege. Elefanten lieben das Wasser, Menschen die Cocktails.

Caipirinha, Tequila Sunrise, oder Mai Tai sind die Stars internationaler Cocktailbars. Besonders unter tropischer Sonne wirkt ihr Mix aus Frucht, Alkohol und zerstoßenem Eis auf den durstigen Menschen unwiderstehlich. Das ist an der Poolbar von Somalisa nicht anders. Und trotzdem spielen die beliebtesten Cocktails der Welt in dem afrikanischen Buschcamp nur eine Nebenrolle. Denn in Somalisa sind frei lebende Elefanten die Stars. Wie selbstverständlich teilen sie Pool und Poolbar mit tierlieben Menschen, die Simbabwe als Reiseland für sich entdeckt haben, um die größten Landsäuger aus nächster Nähe zu beobachten.

Die „nächste Nähe“ ist in Somalisa wörtlich gemeint. Die Bilder im Prospekt dokumentieren keinesfalls eine vom Fotografen mühevoll gestellte Ausnahmesituation, sondern den verrückten Alltag im Herzen des Hwange-Nationalparks, rund 600 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Harare. Mit seinen 14.651 Quadratkilometern ist der Park fast so groß wie Schleswig-Holstein. Doch die Wildtiere konzentrieren sich an den wenigen Wasserstellen und ganz besonders in Somalisa. Besucher, die dort ihren Daiquiri schlürfen, die tun das in unmittelbarer Gesellschaft der Elefanten: Es liegen kaum vier Meter zwischen dem sonnenbeschirmten Liegestuhl und den wilden Riesen aus dem Busch, die am selben Ort ihren Durst löschen wollen. Keine Mauer, kein Elektrozaun hält sie zurück, sondern lediglich die Cocktailbar – ein Wasserbecken, nur sechs mal vier Meter groß. „Beware of elephants“, erinnert ein Schild am Rand des Beckens.

Die Elefanten könnten mitten hindurch stürmen, links oder rechts daran vorbei donnern und das Camp mitsamt seiner sechs komfortablen Safarizelte und deren Bewohnern zu Staub zertrampeln, doch sie tun es nicht. Sie scheinen den menschlichen Vorposten in der Savanne zu respektieren, beschert er ihnen doch genau das, was in diesen Breitengraden jeden Tag neu über Leben oder Tod entscheidet: frisches, kühles Wasser. Und das pumpen sie unaufhörlich aus triefenden Rüsseln in sich hinein, ohne dabei den Pool zu betreten oder die Beobachter auf der anderen Seite aus den Augen zu verlieren.

Beim Trinken gilt die Hierarchie

Trotz aller mentaler Vorbereitungen wird es dem Besucher nicht leicht fallen, bei dieser Safari in der Liegestuhlposition die Fassung zu bewahren. Zu dicht und zu faszinierend ist diese Erfahrung mit der gewaltigen Kreatur, die sich bis zu vier Meter hoch aufbaut. Die Stimmung am Pool ist atemberaubend nur wegen der unheimlichen Spannung. Immer wieder trotten einzelne Elefanten und auch kleinere Gruppen aus halbstarken Bullen oder Kühen mit Kälbern von der nahen Schlammsuhle zum Camp und seinem Pool herüber. In der schwarzen Matsche haben sie sich nach einem langen Marsch ausgetobt. Die schnell trocknende Kruste schützt vor starker Sonneneinstrahlung und imprägniert gegen Hautparasiten. Nach der Körperpflege sind die Elefanten umso durstiger.

Leiser als ein Mensch sich jemals im Busch anschleichen könnte, rollen die manchmal mehr als fünf Tonnen schweren Tiere ihre dick gepolsterten Füße ab und tauchen, eben noch 100 Meter entfernt, einen Schluck Gin Tonic und einige Erdnüsse später fast lautlos am Rand des Wasserbeckens auf. Bis zu fünf Tiere können dort gleichzeitig trinken, und das machen sie äußerst diszipliniert: „Grundsätzlich trinkt der größte oder älteste Elefant zuerst, also der mit den längsten Stoßzähnen“, erklärt Wildführer Armstrong Muzamba. „Die jüngeren warten geduldig in der Schlange. Sie stehen auch oft Spalier, wenn ein alter Bulle oder eine stattliche Kuh später eintreffen.“

Zur Sicherheit immer eine geladene Waffe dabei

Afrikanische Elefanten, das sind die mit den großen Ohren, können mehrere Tage ohne Wasser auskommen, trinken aber bis zu 100 Liter innerhalb weniger Minuten, „wenn es ihnen so gut schmeckt wie in Somalisa“, weiß Armstrong. Bis zu neun Liter saugt ein Dickhäuter bei jedem Hieb an. Die erste Ladung gilt üblicherweise der nach dem Schlammbad erforderlichen inneren Rüsselreinigung: Sie wird nicht geschluckt, sondern mit einem kräftigen Stoß wieder hinausgeblasen – gerne auf die nebenstehenden Elefanten, die jede Dusche genießen. Nach jedem weiteren Ansaugen führt der Elefant den Rüssel ins Maul, entspannt den Schließmuskel am Rüsselende und entlässt das Wasser. Das dabei entstehende Rauschen ist im nahen Liegestuhl gut zu hören. Es erinnert an das friedliche Geräusch einer Toilettenspülung.

Beim Trinken zeigen die Tiere ein ausgeprägtes Sozialverhalten: Sie reiben sich genüsslich grunzend aneinander, schlagen mit den Ohren, rülpsen, gurgeln und furzen nach Herzenslust. Zur Begrüßung stecken sie ihren Rüssel auch schon mal zärtlich ins Maul eines Nebenbuhlers. Das friedvolle Miteinander täuscht darüber hinweg, dass Elefanten äußerst gefährliche Tiere sein können, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen. Im Gelände komme es darauf an, die Stimmung des Tieres frühzeitig zu erkennen, weiß Wildführer Lovemore Chiwara: „Wenn der Bulle die Ohren anlegt, den Kopf absenkt, den Rüssel einrollt und Tempo in Richtung des Menschen aufnimmt, dann hilft kein gutes Zureden mehr.“ Für solch seltene Notfälle trägt Chiwara immer eine geladene „Winchester Point 458“ am Mann.

Nachts trauen sich auch Löwen an die Bar

In Somalisa dagegen herrscht gegenseitiger Respekt. Menschen und Elefanten trinken ihre Cocktails rücksichtsvoll nebeneinander. Beide Seiten akzeptieren die räumliche Nähe, ohne sie auszureizen. Deshalb rauscht die elefantöse Klospülung unaufhörlich – besonders an sehr heißen Tagen, wenn von den geschätzten 30.000 Elefanten des Hwange-Nationalparks so viele gleichzeitig zum Pool pilgern, dass die solarbetriebene Pumpe kaum noch mit dem Auffüllen des Wasserbeckens nachkommt. Wenig später sind sie wieder verschwunden in der Weite der Savanne. Nachts oder während der Dämmerung trauen sich auch Löwen, Leoparden oder Giraffen so weit vor.

Reise-Infos

Anreise: Ab Düsseldorf mit Emirates über Dubai oder ab Frankfurt mit South African Airways über Johannesburg nach Harare.Veranstalter: Individualreisen nach Simbabwe mit Übernachtung im Somalisa Camp plant AST African Special Tours (06101/49 90 00. Das Camp ist auch über African Bushcamps buchbar.Einreise: Ein Visum wird bei der Einreise erteilt. Infos unter zimimmigration.gov.zwGesundheit: Malaria tritt landesweit auf.Kontakt: Zimbabwe Tourism, Hwange-Nationalpark

Einer, der die Eintracht von Somalisa besonders schätzt, ist Beks Ndlovu. Der 39-Jährige gehört zu den wenigen Einheimischen, die als Unternehmer international erfolgreich sind. Somalisa ist eines von inzwischen acht naturnahen Buschcamps, die er in Simbabwe und Botsuana betreibt. Seine Liebe zur Natur und zu den Dickhäutern hat er sich über die Jahre bewahrt. Das liegt vielleicht auch daran, dass schon sein Name verpflichtet: Ndlovu kommt aus der Sprache des Ndebele-Stammes und bedeutet Elefant.