Hamburg. Jedes Jahr startet Hapag-Lloyd Cruises im Winter eine Reise um die Welt. Dabei spielt eine abwechslungsreiches Routing eine große Rolle.
In 100 Tagen um die Welt – diesen Traum erfüllen viele Kreuzfahrtreedereien ihren Kunden. Doch wie plant man eigentlich eine Weltreise? „Zu Beginn sitzen wir vor meiner Weltkugel“, berichtet Gabi Haupt, verantwortlich für das Produktmanagement der Europa bei Hapag-Lloyd Cruises. Die winterliche Weltreise gehört zum Pflichtprogramm des traditionellen Luxusliners und nicht wenige Stammkunden nehmen jedes Jahr daran teil. Deswegen spielt ein abwechslungsreiches Routing für die Reederei eine große Rolle. „Wir suchen bei jeder Weltreise einen anderen Schwerpunkt. Mal ist es die Südsee, mal Südamerika, mal Asien“, erklärt Haupt. „Die Fragestellung lautet dabei immer: ‚Was haben wir lange nicht gemacht?‘“ Und da Weltreisen traditionell in den schwieriger zu verkaufenden Wintermonaten stattfinden, geht es natürlich auch um Ziele, die gutes Wetter versprechen.
Attraktive Teilstrecken zu exotischen Zielen
Anschließend werden die Abschnitte der Weltreise festgelegt. Auch wenn es eine feste Gemeinschaft von Weltreisenden gibt, füllt diese jedoch nicht alljährlich für rund vier Monate das Schiff. Daher bietet die Reederei auch Teilstrecken zum Verkauf an, die durch ihre exotischen Ziele ebenfalls attraktiv und natürlich deutlich günstiger als die gesamte Reise sind. Dabei sind längere Passagen, mit drei Wochen Reisedauer oder mehr, durchaus gern gesehen – angesichts der oftmals langen Anreise.
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Die Flugabteilung kontrolliert, dass die Städte, in denen die Passagiere zu- oder aussteigen können, gute Fluganbindungen bieten – und zwar mit namhaften Airlines: Die Weltreisepassagiere von Hapag-Lloyd Cruises fliegen bevorzugt Business oder First Class. Gleichzeitig kann in diesen Häfen auch die Flugversorgung mit bestimmten Frischwaren stattfinden. „Leberwurst zum Beispiel lassen wir immer einfliegen“, lacht Haupt. Die Grundversorgung findet hingegen über Container statt, während frische Produkte auch vor Ort eingekauft werden.
Erfahrene Kapitäne überprüfen daher die Routenentwürfe
Gemeinsam mit der touristischen Abteilung legt die Managerin die Häfen fest, die zwischen den Passagierwechselhäfen angefahren werden. Wichtig für die Route werden nun folgende Fragen: Welche Ausflüge stehen zur Verfügung? Wie lange muss das Schiff liegenbleiben, um die Angebote durchführen zu können? Gleichzeitig muss die Treibstoffversorgung funktionieren, die Strecken dürfen nicht zu lang werden. Erfahrene Kapitäne überprüfen daher die Routenentwürfe von der nautischen Seite. Im nächsten Schritt werden Künstler für das Bordprogramm verpflichtet. Dann können Flüge eingekauft, Preise kalkuliert und Marketingmaterialien erstellt werden.
Bestimmte Ziele mit klangvollen Namen gehören auf jeder Weltreise dazu, erklärt Anja Tabarelli, Verkaufsdirektorin für Cunard Deutschland. New York, Rio de Janeiro, der Panamakanal, San Francisco, Melbourne, Sydney, Hongkong – all das wollen vor allem die Deutschen sehen, die zum ersten Mal eine Weltreise unternehmen.
Für die Wiederholungstäter, die bei Cunard rund 15 bis 20 Prozent der Weltreisegäste ausmachen, sollten hingegen immer wieder Erstanläufe dabei sein. Das ist auch das Ziel von Gabi Haupt, die regelmäßig Fachliteratur studiert, um neue Ziele zu finden. „Erst kürzlich wurde eine Insel der Similan-Islands in Thailand für den Tourismus freigegeben“, berichtet Haupt. „Da fahren wir demnächst zum ersten Mal hin.“
„cherry-on-a-cake“-Produkt
Destinationen, die ansonsten schwer zu erreichen sind, sind wichtig für Weltreisende, bestätigt auch Hardy Puls, Marketing- und Verkaufsdirektor für Costa Kreuzfahrten. Seit 2010 hat die italienische Reederei nach einer langen Pause wieder Weltreisen im Programm, was eher ungewöhnlich für Reedereien im günstigen Segment ist. Aber insbesondere die deutschen Kunden seien sehr interessiert an diesem „cherry-on-a-cake“-Produkt. Beim Routing hält Costa es klassisch: Die Reisen starten und enden entsprechend den Wurzeln der Reederei in einem italienischen Hafen und führen westwärts – auf den Spuren der Entdecker.
Hapag-Lloyd Cruises variiert hingegen in der Richtung: Mal orientiert sich die Reise nach Osten und mal nach Westen. Psychologisch sei es besser nach Westen zu reisen, da die Passagiere beim Durchqueren der Zeitzonen immer wieder Zeit gewinnen, erklärt Gabi Haupt. Generell gehe es jedoch vorrangig darum, die Ziele zum perfekten Zeitpunkt zu erreichen. „Viele unserer Passagiere wollen gerne einmal mit dem Schiff Ende März zur japanischen Kirschblüte reisen“, erläutert Haupt. „Auch Alaska ist eine häufig gewünschte Destination. Hier ist der beste Reisezeitpunkt Ende Mai.“ Da das klassische Sommerprogramm sich schlecht an diese Ziele angliedern lässt, legte Hapag-Lloyd Cruises erstmals eine Weltumrundung auf: In 337 Tagen erleben die Passagiere der „Europa“ ab August 2016 alle Längengrade des Globus und 211 Häfen – mit Abfahrt und Ankunft in Hamburg.
Auch diese wohl längste Weltreise auf dem Kreuzfahrtmarkt lässt sich natürlich in Teilabschnitten buchen – doch einige wohlhabende Weltenbummler haben sich bereits für das Gesamtpaket entschieden. Der Preis variiert je nach Kabinenkategorie – los geht es bei 147.020 Euro. Dafür bekommen die Passagiere aber auch allen Luxus mit auf den Weg, den sie sich denken können. Und der kann manchmal ganz solide sein: Wenn der Küchenchef nach Monaten voll von Filetsteaks und Kaviar fragt, welche Gerichte die Weltreisenden sich wünschen, kommt häufig Hausmannskost auf den Tisch – Erbseneintopf und Königsberger Klopse gehören dann zu den Favoriten.