Essen. Das neue Kreuzfahrtschiff, die Aida Prima. Nach Verspätungen im Bau kann das Schiff mit seinem neuen Konzept auch bald mit Passagieren in See stechen.

Es ist der geflügelte Satz, der immer wieder zu hören ist: „Das Warten hat sich gelohnt!“ Felix Eichhorn, Präsident von Aida Cruises, blickt zufrieden durch das Rund des Theatriums. Die Aida Prima steuert auf den letzten Seemeilen Richtung Zielhafen Hamburg. Noch sind keine regulär gebuchten Gäste an Bord, dafür ausgewählte Geschäftspartner und auch Vertreter der wichtigsten Medien. Ein erster Belastungstest und ein erster Gradmesser dafür, wie das neue Flaggschiff der Rostocker Reederei im deutschen Markt ankommen wird.

Denn schon auf Basis der Pläne war klar, dass das im fernen Japan mit vielen Verzögerungen gefertigte Kreuzfahrtschiff mehr ist als nur ein weiterer Neubau. „Die Prima ist ein völlig anderes Schiff, als es die Gäste bisher von uns kennen“, macht Eichhorn im Gespräch mit dem Reise Journal deutlich.

Ein vollwertiger Anbieter von Urlaubsreisen

Und die Unterschiede beziehen sich mitnichten nur auf die baulichen Aspekte. Sie betreffen auch das gesamte Reise-Konzept und am Ende sogar die Positionierung der Marke Aida in der Öffentlichkeit. Denn spätestens mit der Indienststellung der Prima versteht sich Aida nicht mehr als reinrassiges Kreuzfahrt-Unternehmen. Sondern als ein vollwertiger Anbieter von Urlaubsreisen wie die Tui oder Neckermann. Eichhorn folgt der Logik, die schon sein Vorgänger und Ziehvater Michael Thamm begründet hat. Dieser hatte die übrigen Kreuzfahrtreedereien nie als Wettbewerber betrachtet. Sondern vielmehr auf den viel größeren Anteil derer abgezielt, die klassische Pauschalreisen verkaufen. Denn während der deutsche Kreuzfahrtmarkt erst vor wenigen Jahren die Hürde von einer Million Gästen pro Jahr geknackt hat, werden hierzulande zeitgleich noch immer rund 40 Millionen Pauschalreisen pro Jahr verkauft. Die Prima ist nun also die Antwort darauf, wie mit einem geänderten Schiffskonzept auch die überzeugten Landurlauber aufs Meer gebracht werden sollen.

Denn streng genommen ist nicht mehr der Weg bzw. die Route das Ziel, sondern das Schiff selbst. Zwölf Monate im Jahr wird die Prima sich Woche für Woche auf die immergleiche und wenig spektakuläre Städtetour durch die Nordsee begeben. Southampton, Le Havre, Zeebrügge, Rotterdam und wieder Hamburg. Egal ob Sommer, Frühjahr, Herbst oder Winter. Die Anreise nach Hamburg ist kurz und günstig, der Trip wird nicht mehr zwingend als Haupt-, sondern durchaus auch als Nebenurlaub gebucht. Und ähnlich wie Ferienhausanbieter Center Parcs, der mit Hilfe der überdachten Spaßbäder auch in der Nebensaison die Gäste anzieht, hat Aida auf der Prima ebenfalls viele wetterunabhängige Bereiche geschaffen. Nur mit dem nicht unerheblichen Unterschied, dass die Reederei ihrem Publikum zusätzlich ein exzellentes Entertainment-, Sport- und Gastronomieprogramm offeriert. Unbestritten ist auch die saubere Ausführung der Werft und die großartige Leistung der Innenarchitekten, die in einigen Schiffsbereichen an das Design-Niveau einer Europa 2 herankommen.

Bei Wind und Wetter

Felix Eichhorn begleitet die Premierengäste in den neuen Beach Club. „Mein persönlicher Lieblingsplatz auf der Prima“, so der Manager. Auch bei Wind und Wetter soll der Beach Club immer geöffnet haben. Möglich macht es das neue Foliendach, welches trotz Wintertemperaturen eine herrlich entspannte Strandatmosphäre erzeugt. Dabei lässt die Folie nicht nur die wärmenden UV-Strahlen der Sonne hinein, sondern auch die lauten Geräusche der Gästeschar hinaus. Kein Vergleich also zu einem lauten Spaßbad.

Gleichwohl stellt sich die Frage, ob der Bereich zumindest an Seetagen nicht ob des großen Publikumsandrangs an seine Grenzen stoßen wird. Denn deutlich über 3000 Passagiere werden künftig Woche für Woche die Prima bevölkern. Und da es sich bei dem Schiff um einen gänzlich neuen Prototyp handelt, sind alle Annahmen zum Verhalten der Gäste noch theoretischer Natur. Zwar bietet die Prima so viele unterschiedliche Unterhaltungs-, Freizeit- und Gastronomie-Angebote wie nie ein Aida-Schiff zuvor. Die entscheidende Frage ist aber, ob sich die Passagiere auch automatisch gleichmäßig verteilen bzw. ob die entsprechenden Steuerungsmaßnahmen der Reederei tatsächlich greifen.

Zur Entspannung beitragen dürfte mit Sicherheit, dass künftig auch in den Buffet- und den neuen Bedienrestaurants eine kostenlose Platzreservierung möglich ist. Damit gehören gleich zwei Schwachstellen des alten Aida-Konzepts der Vergangenheit hat. Immer mehr Gäste hatten bemängelt, dass es – abgesehen von den zuzahlungspflichtigen Spezialitätenrestaurants – keinen Service am Platz gibt. Ebenso war es keine Seltenheit, dass zu bestimmten Zeiten die Plätze in den Buffet-Restaurants eng wurden. Insgesamt gibt es auf der Prima nunmehr zwölf Restaurants und drei Snack Bars. Erfreulich: Erstmals bietet Aida einen Frühstücksservice für die Passagiere an, die morgens lieber in der Kabine in den Tag starten möchten.

Auf ihre Kosten kommen nun auch alle Hobbyköche. Im neuen Kochstudio werden unter der Regie von Tim Mälzer erstmals Kochkurse angeboten. In der Gruppe wird gemeinsam ein bodenständiges Menü (Rindertatar, gefüllte Perlhuhnbrust mit Kartoffelstampf, Rote Grütze) zubereitet, welches im Anschluss an einer langen Tafel genossen wird. Inklusive Wein und allen Getränken kostet dieses Erlebnis 59 Euro. Die speziellen Kochkurse nur für Kinder sind dagegen bereits ab zehn Euro zu haben.

Sowohl die Kids als auch die Teens dürfen sich auf dem Schiff übrigens über größere Bereiche als bisher freuen. Für die Kleinsten, also die Kinder unter drei Jahren, gibt es erstmals auch eigene Räumlichkeiten inklusive Betreuungsangeboten.

Ein Angebot für jeden Typus Feriengast

„Die Prima ist aus unserer Sicht die perfekte Urlaubsdestination, mit der wir völlig neue Zielgruppen, aber auch bestehende Gäste begeistern“, bringt Eichhorn die Strategie, für fast jeden Typus von Feriengast das passende Angebot zu offerieren, auf den Punkt. Sei es der Gast mit schmalem Budget, der sich die günstige Innenkabine sichert. Oder der zahlungskräftige Urlauber, der im abgetrennten Suitenbereich samt eigenem Patio-Deck die Ruhe und zusätzlichen Service genießen möchte.

Deutlich wird die Gäste-Segmentierung auch beim Thema Wellness. Denn der Saunabereich ist nicht mehr im Reisepreis inbegriffen. 29 Euro pro Tag kostet das Entspannungsvergnügen, das Frühaufsteher-Ticket bis zehn Uhr gibt es für zehn Euro. Auch hier schlägt die Reederei wieder zwei Fliegen mit einer Klappe: Durch die Zuzahlung wird eine Überbelegung verhindert. Und die Gäste, die gar kein Interesse an einem Saunagang haben, müssen dieses Angebot nicht mehr über den Reisepreis subventionieren.

Die Hansestadt rückt immer näher, nach den Restaurantbesuchen ist nun Showtime angesagt. Im Theatrium erheben sich nach dem letzten Akkord erstmals die Gäste von den Sitzen. Dann geht es noch einmal in den Beach Club: Hier wird nun die große Abschiedsparty gefeiert. Gelöst und glücklich blickt Felix Eichhorn in die zufriedenen Gesichter seiner Gäste, anschließend wandern die Augen auf das kunstvoll illuminierte Foliendach. Ob die Prima wirklich der leuchtende Stern am Kreuzfahrthimmel wird? Das muss die Zukunft zeigen. Für den Moment aber steht zweifelsfrei fest: „Ja, das Warten hat sich gelohnt!“