Greifswald. Von den Kreidefelsen auf der Insel Rügen bis zur schönen Stadt Greifswald: Caspar David Friedrich trug Vorpommerns Highlights in die Welt hinaus.

Ob Caspar David Friedrich wohl auch so geschwitzt hat, als er im Jahr 1818 die Viktoria-Sicht erklomm? Man weiß es nicht, die Biografen schweigen sich aus. Wer aber im Hochsommer den Spuren des Künstlers auf den heutigen Aussichtspunkt an Rügens Küste folgt, verliert angesichts des kurzen, jedoch stetig ansteigenden Waldweges einiges an Körperflüssigkeit – und wird mit dem gleichen Ausblick belohnt, wie ihn der Maler selbst auch vorfand. Erst Smaragdgrün, dann tiefblau schimmert die Ostsee mehr als hundert Meter in der Tiefe. Die berühmten weißen Kreidefelsen des Königsstuhls ragen majestätisch empor, umkränzt von dichten Buchen. Auf dem Meer, am Horizont, kreuzen zahlreiche Ausflugsschiffe, von denen Rügen-Urlauber die Schönheit der gezackten Felsformation betrachten können – ohne zu schwitzen, aber dafür mit salziger Gischt im Gesicht.

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Mit Brad Pitt auf Romantik-Tour

Doch ob man nun die Strapazen des Aufstiegs auf sich nimmt oder aus einiger Entfernung über das Wasser schippert – ohne einen Blick auf die Kreidefelsen ist kein Besuch von Deutschlands größter Insel komplett. Lohnenswerter ist auf jeden Fall der Landweg, zumal man sich vor oder nach dem Aufstieg zur Viktoria-Sicht im leicht tiefer liegenden Besucherzentrum Königsstuhl sowohl über die Natur Rügens als auch die Kunst des deutschen Chef-Romantikers Caspar David Friedrich informieren kann.

Hier werden auch Filmfans glücklich: Bei der buchbaren Romantik-Tour leitet die Synchronstimme von Brad Pitt per Kopfhörer durch die Ausstellung. Und der Beau weiß viel zu berichten. Dass der 1774 im nahen Greifswald geborene Friedrich mindestens sechsmal auf Rügen weilte zum Beispiel – und Touristen heute noch in die Kulissen eintauchen können, die dem Künstler als Inspiration dienten. Die reetgedeckten Inselkaten hielt er ebenso in Bleistiftzeichnungen fest wie die Steilküste von Kap Arkona im äußersten Norden, dazu Hafenansichten oder das ländliche Leben. Auch die südliche Halbinsel Mönchgut stand Pate – dramatisch in Szene gesetzt im Werk „Mönch am Meer“. Dazu in großer Anzahl Wiesen, Felder und Wälder – die Natur war für den Romantiker weit mehr als nur eine Blaupause seiner Kunst. „Eine Landschaft ist wie ein Seelenzustand“, soll er einst gesagt haben. „Der Mensch soll nicht bloß malen, was er sieht, sondern auch, was er in sich sieht.“ Und in diesem Sinne scheint der Mann zeitlebens einiges erblickt zu haben, so reich ist sein kreativer Fundus.

Greifswald: Ein Muss für Friedrich-Fans

Wer diesen genießen möchte, besucht Museen auf der ganzen Welt – oder fährt ins nahe Städtchen Greifswald auf dem gegenüberliegenden Festland. Im dortigen Pommerschen Landesmuseum in der Rakower Straße lagern hunderte Skizzen, Bleistiftzeichnungen und Originale des berühmtesten Sohns der Stadt – ein Muss für jeden Kunst-Fan. Das Haus ist zudem Endpunkt des Caspar-David-Friedrich-Bildweges, einer sehenswerten Tour zu 15 wichtigen Stationen des Malers, die sich sowohl mit dem Rad als auch zu Fuß bewältigen lässt. Den Hafen oder die Kirchen der Stadt hat der Künstler ebenso in Szene gesetzt wie sein Geburtshaus oder das nahe Fischerdorf Wieck – aber nirgends tauchen Besucher besser in die Vergangenheit ein als auf dem historischen Marktplatz der Stadt. Einfach die Lange Straße entlang spazieren und am östlichen Ende des Marktes vor dem Fritz Braugasthaus umdrehen – und schon befindet man sich mitten in Friedrichs Gemälde „Der Greifswalder Markt“. Wie noch 1818, dem Jahr der Entstehung des Bildes, glänzt die weiße Fassade der Rathausapotheke mit ihren hohen Bogenfenstern im Licht der Sommersonne, und die roten Schindeln des Rathauses mit seinen gotischen Strukturen finden sich genauso auf der Leinwand wieder.

Ein Kloster als wiederkehrendes Element

Doch eine Tour auf des Künstlers Spuren in Greifswald ist nicht komplett ohne die Klosterruine Eldena im Osten der Stadt. Die von der Zeit verschonten Überreste des 817 Jahre alten Zisterzienserklosters übten möglicherweise den stärksten Reiz auf Caspar David Friedrich aus. Auf unzähligen Bildern verewigte der Künstler die Ruine, mal mit dem uralten Baumbestand, mal ohne, zu jeder Jahreszeit und zuweilen sogar in einer gänzlich fremden Kulisse wie dem Riesengebirge.

Und wer vor dem alten Gemäuer steht, sollte sich Zeit für die Beobachtung gönnen und jedes noch so kleine Detail aufsaugen. Einfach innehalten und schauen – und schon stellt sich die Umgebung in einer ungeheuren Vielfalt dar, die auch Friedrichs Bilder auszeichnet.