Essen. Während einige Airlines ihre First-Class abschaffen, setzten andere zunehmend auf noch mehr Luxus über den Wolken. Kunden sind vor allem Topverdiener.

Für die First Class in der Luftfahrt gab es zuletzt widersprüchliche Prognosen: Es wurde von einer „bedrohten Spezies“ gesprochen, aber auch von einer „Renaissance des Luxus“. Viele Airlines haben die Erste Klasse in den vergangenen Jahren deutlich reduziert, gleichzeitig wird das Angebot zunehmend luxuriöser – auch als Abgrenzung zur Business Class, die immer mehr Komfort bietet. Hat sich die First Class also überlebt? Jein.

Das Schweizer Fachmagazin „Aerotelegraph“ hat sich den Markt angeschaut: Qatar Airways baut die Nobelklasse in vielen Maschinen wieder aus. Asiana Airlines hat die First Class ganz abgeschafft. Auch American Airlines hat sein Angebot drastisch zurückgefahren, United und Qantas auch. Warum ist das so? Natürlich wegen des Geldes. Mit der First Class werde kein dem Ressourcenbedarf gerechter Umsatz gemacht, erklärt Prof. Christoph Brützel, Luftverkehrsexperte an der IUBH School of Business and Management in Bad Honnef. Kurzum: „Wirtschaftlich ist das Unfug.“ Wenn eine Airline die bezahlten Sitze in der First Class gegen Economy-Plätze tauscht, verdient sie mehr.

Upgrade in die höchste Klasse

Denn nur mit wenigen First-Class-Passagieren macht eine Airline auch wirklich Erste-Klasse-Umsatz. „Da finden vermutlich mehr Upgrades als bezahlte Buchungen statt“, schätzt Brützel. Die First Class wird also in erster Linie von Passagieren der Business Class genutzt, die sich ein Upgrade in die höchste Klasse gönnen.

Trotzdem ist die First Class keineswegs bedeutungslos geworden. Die Frage zur Wirtschaftlichkeit sollte sich nicht allein auf die Erlöse dieser Reiseklasse beschränken, findet man bei Lufthansa. Im Winter 2015/16 bietet Deutschlands größte Airline die Erste Klasse auf knapp 40 Strecken ab Frankfurt und München an, am häufigsten auf Flügen nach New York.

Golf-Carrier legen die Messlatte sehr hoch

„Die First Class ist unser Flaggschiff“, heißt es. Sie stehe für das Produktversprechen, Europas qualitativ führende Airline zu sein. Vom Unternehmen Skytrax gab es fünf Sterne für die First Class. Es geht also nicht so sehr ums Geldverdienen – sondern ums Image.

In der First Class legen vor allem die Golf-Carrier Etihad und Emirates die Messlatte ziemlich hoch. Etihad hat vor einem Jahr „The Residence“ vorgestellt, eine Luxus-Suite, in der sich der Passagier fühlen soll wie in einem Hotel: drei Zimmer inklusive privatem Bad mit Dusche, ein 2,08 mal 1,20 Meter großes Bett, persönlicher Butler. Das Produkt ist im Prinzip oberhalb der eigentlichen First Class angesiedelt, denn die hat Etihad auch noch im Angebot.

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Emirates bietet in der First Class Bett, Arbeitstisch, 32-Zoll-Bildschirm und Minibar. Die Airline arbeitet derzeit ebenfalls an komplett abschließbaren Privatsuiten, die Annehmlichkeiten wie im Luxushotel bieten sollen. „Die Suite wird sich nicht rechnen, das weiß der Scheich vom ersten Tag an. Aber die ganze Welt wird über die Suite reden.“

Eine Mini-Suite in ein Flugzeug einbauen – das wurde vor allem mit der Auslieferung des Airbus A380 möglich. „Die Golf-Carrier haben eine irrsinnige Kapazität in den Markt gebracht“, sagt Brützel. Man könnte sagen: Es gibt eigentlich zu viele Plätze. Weil das Angebot die Nachfrage übersteigt, bleiben ohnehin Sitze in der Economy und Business Class leer. Da kann die Airline den Platz auch für ein luxuriöses Prestige-Produkt nutzen.

Ein Angebot für Menschen, die sonst ihren Privatjet nehmen

Und wer bezahlt tatsächlich für ein First-Class-Ticket? „Normale Kunden sind dort kaum zu finden“, sagt Christoph Brützel. Sondern eher imageorientierte Spitzenmanager oder extrem reiche Privatkunden, schätzt der Branchenkenner. Bei den Preisen verwundert das nicht. Mit Lufthansa von München nach Miami und zurück: ab rund 5200 Euro. Mit Emirates von Deutschland aus nach Dubai und zurück: ab etwa 5400 Euro. Und ein Flug zwischen London und Abu Dhabi in einer „Residence“-Kabine von Etihad belastet das Konto mit ungefähr 37.500 Euro. Ein Angebot für Menschen, die sonst ihren Privatjet nehmen.

Die First Class muss immer exklusiver sein, weil die Business Class mittlerweile auch oft ein Spitzenprodukt ist, das den allermeisten vielfliegenden Spitzenverdienern genügen dürfte.

Die Lufthansa bestätigt diesen Eindruck: Die neue Business Class der Airline, die seit Herbst 2015 auf allen Interkontinentalflügen angeboten wird, übertreffe in Sitzabstand und Schlafkomfort die vorletzte Generation der First Class aus den 90er Jahren. „Die Business Class ersetzt die First Class“, fasst Experte Brützel zusammen. „Was früher einmal Business war, ist heute die Premium Economy.“