Essen. Eine beliebte Strecke für Radfahrer ist der Elberadweg. Mit Rund 364 Flusskilometer in Tschechien ist das Radfahrerparadies ideal für Aktivurlauber.

Bereits elf Mal in Folge stand der Elberadweg auf dem Siegertreppchen, wenn es darum ging, den beliebtesten Radweg der Republik zu küren. Doch ein Radfahrerparadies ist die Elbe keineswegs nur in Deutschland. Rund 364 Flusskilometer verlaufen durch Tschechien. Wer will, kann seine Tour fast direkt an der Elbquelle im böhmischen Riesengebirge beginnen. Deutlich populärer ist es, ein wenig zu „tricksen“ und die Fahrt auf dem Elberadweg am Ufer der Moldau zu starten – in Prag.

Rund 60 Fahrradkilometer sind es von dort bis nach Mělník, wo sich Moldau (Vltava) und Elbe (Labe) verbinden. Dabei können Radfahrer der Markierung des tschechischen Radfernweges Nummer 7 folgen. Die Strecke führt allerdings nicht durchgehend am Fluss entlang. Ab der Staustufe Klecany empfiehlt es sich, das Ufer für einige Kilometer zu verlassen, weil die Passage am Flussufer zu schmal und zu gefährlich ist. Es geht somit bergauf nach Klecany (Groß Kletzan) und über Vodochody (Wodochod) weiter nach Libčice (Libschitz).

Die Stadt Mělník, das Ziel der ersten Tagesetappe, ist ein wichtiger Weinort im Bierland Böhmen. Heute wird hier vor allem Müller-Thurgau und Silvaner angebaut. Einem der größten Winzer der Region, Jiří Jan Lobkowicz, gehört das von Weinbergen umgebene Barockschloss, das über der Stadt thront. Von dort aus hat man einen herrlichen Blick auf den Zusammen-fluss von Elbe und Moldau. Knapp 50 Kilometer weiter, bei Leitmeritz (Litoměřice), erhält die Elbe erneut Zuwachs – hier mündet die Eger (Ohře). Sie entspringt im Fichtelgebirge und fließt über Eger, Karlsbad und Saatz bis zur Weinstadt Leitmeritz. Der fast zwei Hektar große Markt- bzw. Stadtplatz ist ein absolutes Muss, er gilt als der schönste in ganz Böhmen.

Richard Wagner zu Besuch

Entlang der Elbe radeln wir weiter Richtung Aussig (Ústi nad Labem). Kurz vor dem Ziel empfiehlt uns Sven Czastka, einer der Fahrradpioniere in Nordböhmen, einen Stopp am Malerwinkel. Von dieser nahe dem Elbufer gelegenen Stelle wurden viele Skizzen und Bilder einer majestätischen Burg angefertigt, die auf einem rund 100 Meter hohen Klingsteinfelsen das Elbtal überragt: Burg Schreckenstein bzw. Střekov. Richard Wagner besuchte die Burg im Jahr 1842 und befasste sich dort unter anderem mit Vorarbeiten für die Oper „Der Venusberg“, später wurde sie umbenannt in „Tannhäuser“.

Vom Charme des Panoramablicks auf Burg Schreckenstein bleibt wenig übrig, wenn man Aussig erreicht. Aussigs Innenstadt wurde im Zweiten Weltkrieg zum Großteil zerstört, heute dominieren moderne Zweckgebäude. Auch die Kirche Mariä Himmelfahrt wurde durch Luftangriffe zum Kriegsende hin beeinträchtigt. Ihr 65 Meter hoher Kirchturm steht seither schief.

Auf den Krieg folgte die Vertreibung. Das Massaker von Aussig, geschehen am 31. Juli 1945, wurde von der tschechischen Geschichtsschreibung lange verdrängt. Dass sich dies mittlerweile geändert hat, zeigt eine sehenswerte Vorab-Präsentation im Stadtmuseum Aussig. Das „Collegium Bohemicum“ ist als „Museum der deutschsprachigen Bewohner der böhmischen Länder“ konzipiert. Derzeit fehlt es noch an Geld, um das Konzept umzusetzen. Doch an Modellen wird bereits anschaulich dargestellt, wie die langjährige Geschichte des Zusammenlebens von Deutschen, Tschechen und Juden in der Region künftig präsentiert werden soll.

In der Stadtmitte von Tetschen treffen wir auf eines der schönsten Gebäude entlang des Elberadwegs: Direkt über dem Zusammenfluss von Elbe und Polzen (Ploučnice) thront ein Schloss, das von 1628 bis Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts der Familie Thun-Hohenstein gehörte und später lange Zeit eine Kaserne war. Das Innere des majestätischen Gebäudes, das 1835 von Frédéric Chopin besucht worden war, ist inzwischen saniert und kann zum Teil besichtigt werden, ebenso wie ein Rosengarten gleich neben dem Schloss.

Zwei Tage für das Elbsandsteingebirge

Nach Tetschen beginnt der landschaftlich reizvollste Abschnitt der Radwanderung von Prag nach Dresden. Der Elberadweg führt nun zuerst durch die böhmische, dann durch die sächsische Schweiz. Wer für die 65 Kilometer bis nach Dresden zwei Tage einkalkuliert, kann die Felslandschaft des Elbsandsteingebirges geruhsam genießen. Und hat genügend Zeit, die Festung Königsstein zu besuchen und von Rathen bzw. Wehlen aus einen Abstecher zur Bastei zu unternehmen, einer Sandsteinformation, die das Elbtal auf der Ostseite überragt.

Bei Wehlen überqueren wir die Elbe mit einer Fähre und stoßen auf ein Gotteshaus, das speziell auf Radfahrer ausgerichtet ist. Seit dem Jahr 2004 versteht sich die Wehlener Philippuskirche als Radfahrerkirche. Mit einer historisch noch bedeutsameren Kirche lockt die reizvolle Kleinstadt Pirna. Die spätgotische Pirnaer Marienkirche, eine imposante dreischiffige Hallenkirche, stammt aus dem 16. Jahrhundert. Sie war als katholische Kirche geplant, doch als sie fertiggestellt war, hatte sich in Sachsen die Reformation bereits durchgesetzt. Auf dem Weg von Pirna nach Dresden grüßen uns drei Elbschlösser am östlichen Elbufer, später blicken wir vom Turm der neu aufgebauten Frauenkirche auf die Elbe hinab. Und können gut nachvollziehen, warum der Elberadweg seit mehr als einem Jahrzehnt der beliebteste Radfernweg Deutschlands ist.