Der Community Trek in Nepal ist ein echter Geheimtipp: Durch abgelegene Dörfer geht es hinauf in die Berge. Die Einnahmen kommen der Gemeinschaft zugute.

Der Berg, der keiner ist, überragt die Zugspitze um mehrere hundert Meter. Doch in Nepal ist man andere Dimensionen gewöhnt. Selbst auf dem Community Trek, sozusagen der Light-Version aller Trekking-Touren im Himalaya, klettern Wanderer auf rund 3600 Meter, um die Aussicht auf einige der höchsten Berge der Welt zu genießen. In Nepal, einem Land, das in großen Teilen noch nicht durch asphaltierte Straßen erschlossen ist, sind Bergwanderungen ein notwendiges Übel. Nur Touristen pilgern freiwillig in Massen zum Everest Base Camp, treten sich auf dem bekannten Annapurna Trek gegenseitig auf die Füße oder drängen sich zu Hunderten auf dem beliebten Aussichtspunkt Poon Hill.

Wir stehen zu acht, gemeinsam mit unseren Wanderführern und Trägern, im Morgengrauen auf dem Mohare Danda, nur wenige Kilometer von Poon Hill entfernt. Am Horizont kratzen schroffe, schneebedeckte Felsen an den Wolken, davor erstreckt sich ein nicht enden wollender Teppich aus grünen Hügeln.

„Massentourismus?“ Chitra Pun versteht nicht. „Unsere Community Lodges bieten Platz für 20 Personen. Mehr geht nicht.“

Ein Trek für westliche Füße

Der „Annapurna Dhaulagiri Eco-Community Trek“, der durch abgelegene Dörfer in den Distrikten Parbat und Myagdi führt, ist noch ein echter Geheimtipp in Nepal – und in dieser Form einzigartig. Gerade einmal rund 370 Touristen der jährlich gut 100 000 Nepal-Trekker sind den Wanderweg im vergangenen Jahr gegangen. Das Geld, das sie mitbringen, kommt dabei nicht einzelnen Unternehmern, sondern zehn Dorfgemeinschaften in den Bergen zugute. Vor fünf Jahren haben die rund 2000 Einwohner der teilnehmenden Bauerndörfer damit begonnen, den 60 Kilometer langen Trek für westliche Füße herzurichten. Wo die Einheimischen ihre Waren bisher mühsam über morsche Holzleitern und gefährliche Geröllfelder transportiert haben, führen jetzt steinerne Stufen und sorgsam markierte Wege durch kleine Bananenplantagen, über grüne Wiesen und kalte Flüsse hinauf zu pink- und rotblühenden Rhododendronwäldern, und weiter bis zu den Yaks, die eingehüllt in eine dichte Wolkendecke auf über 3000 Metern Höhe in kargen Steilhängen grasen.

Vor jedem Projekt steht ein Problem

„Vor jedem Projekt steht ein Problem. Erst aus diesem Problem heraus können neue Ideen entstehen“, beschreibt Chitra Pun, Wanderführer und Projektkoordinator, den Anfang des Modellversuchs. Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sind in den entlegenen Bergregionen Mangelware. Kranke müssen zu Fuß oft stundenlang in die nächste Klinik transportiert werden, der Schulweg – insbesondere zu weiterführenden Schulen – dauert für viele Kinder ebenso lange.

Der Community Trek, aus der Vision eines einzigen Mannes entstanden, soll daran etwas ändern. Mahabir Pun, selbst Kind eines Bergdorfes, gründete 1997 eine Dorfschule und sah sich bald mit Finanzierungsproblemen konfrontiert. Was dann folgte, war ein Entwicklungsmarathon, der in Nepal seinesgleichen sucht und Mahabir Pun im ganzen Land berühmt machte. Entlang des Community Treks entstanden Papier-Fabriken, Käsereien und Yak-Farmen, Schulen und Kliniken. Zu Beginn des neuen Jahrtausends sorgte der Lehrer sogar dafür, dass eine Region, die bis dahin nicht einmal über ein Telefonnetz verfügte, ans Internet angeschlossen wurde.

Infobox1sp-177.xml

Anreise: Mit Turkish Airlines (www.turkishairlines.com) ab Frankfurt über Istanbul nach Kathmandu.

Wanderung: Eine geführte Wanderung auf dem Community Trek (nepaltrek.wix.com/nepalcommunitytrek) ab Pokhara dauert fünf bis zehn Tage und kostet ab 600 Euro für zwei Personen inklusive Gepäcktransport, Übernachtung und Verpflegung. Der Schwierigkeitsgrad kann der jeweiligen Fitness angepasst werden.

Besonderheiten: Weitere Informationen, Videos und Bilder zu Monas Nepal-Reise gibt es auch auf www.facebook.com/MonamachtMeilen

Kontakt: Nepal Tourismus, www.welcomenepal.com

Seitdem hat sich in den Dörfern viel verändert, obwohl die Einnahmen aus dem Tourismus noch lange nicht ausreichen, um alle Schulen und Kliniken angemessen zu unterstützen. „Vor allem Frauen haben durch die Projekte die Möglichkeit, Teilzeitjobs auszuüben und neben der Farmarbeit etwas zu verdienen. Inzwischen gibt es viele gebildete Leute, die jüngere Generation geht zwölf Jahre lang zur Schule und hat durch den Tourismus neue berufliche Perspektiven“, sagt Chitra Pun.

Gleichzeitig erleben Besucher aus dem Ausland ein Nepal wie aus dem Bilderbuch – fernab der Hippi-Fassade Kathmandus und der professionellen Outdoor-Ausstatter in der Touristenhochburg Pokhara wandern sie durch eine stille, unberührte Bergwelt. In der Ferne läuten die Glocken der Yaks, gelegentlich dringt das „Om“ aus dem Gebet eines Hindu-Priesters hinauf. Alte Männer, die in den Dörfern Stoffe verkaufen, und junge Frauen, die schwere Körbe mit Feuerholz an um die Stirn gebundenen Riemen tragen, eilen die steilen Schiefertreppen hinauf. Ganze Familien sitzen vor ihren Häusern, die zwischen den terrassenförmig angelegten Feldern an den Hängen kleben, und dreschen das Korn in Handarbeit. Jedes „Namaste“ wird mit einem schüchternen, fast verwunderten Lachen beantwortet.

Der raue Charme des Himalaya

„Bevor es den Trek gab, haben viele hier noch nie einen Ausländer gesehen“, erklärt Chitra Pun und lacht. Natürlich haben sich auch die Community Lodges inzwischen auf die Europäer und Amerikaner eingestellt: Heute gibt es nicht nur überall Klopapier, auf den Speisekarten stehen neben regionalen Bio-Produkten auch die üblichen Touristengerichte wie Nudeln, Pizza und Fritten. Und doch sind die Touristen dem rauen Charme des Himalaya ausgesetzt: Hier wärmen sich Träger, Guides und Gäste abends gemeinsam an dem rostigen Ofen die Glieder und putzen sich morgens im Freien vor dem Panorama einiger der höchsten Eisriesen der Welt die Zähne.

Der Blick auf die Berge freilich, könnte bei aller Nähe nicht unterschiedlicher sein. Während sich die Ausländer in Khopra, mit 3600 Metern der höchste Punkt des Treks, als echte Bergsteiger fühlen, haben die Nepalesen gerade mal einen Hügel erklommen. Als echter Berg gilt hier schließlich nur, was mindestens sechs Kilometer in die Luft ragt.