Essen. Anfang 2014 wurde der Naturpark im Westhavelland von der International Dark-Sky Association (IDA) zum ersten Sternenpark Deutschland ernannt - mittlerweile gibt es drei weitere. In der Nacht herrschen dort optimale Bedingungen, um den Nachthimmel zu begutachten. Städte erhellen die Nacht zu stark.
Burghard Zacharias hat die Ehre für sein Heimatdorf nicht überrascht. „Ich habe den Sternenhimmel auf dem Kilimandscharo, in der Namib und in Machu Picchu gesehen“, erzählt der Rentner. „Und ich habe immer gesagt: Da kann Gülpe mithalten.“ Zacharias ist in dem 160-Seelen-Dorf in Brandenburg aufgewachsen. „Hier habe ich als Kind die Milchstraße verinnerlicht“, sagt er. Sternenklare Nächte waren für ihn normal. Und sie sind es hier im Westhavelland, nur 80 Kilometer westlich von Berlin, noch immer. Deshalb wurde der Naturpark Anfang 2014 zum ersten Sternenpark Deutschlands ernannt. Inzwischen hat die International Dark-Sky Association (IDA) den Titel dreimal in Deutschland vergeben. Denn die Nacht ist bedroht. Straßenlampen, Werbeleuchten und auf Gebäude gerichtete Strahler machen sie immer mehr zum Tag. Andreas Hänel, Leiter des Planetariums Osnabrück kämpft deshalb gegen Lichtverschmutzung, und für die letzten dunklen Flecken Deutschlands.
2009 kam Hänel das erste Mal hierher. Konnte es so nahe bei Berlin wirklich so dunkel sein, wie nächtliche Karten Europas zeigten? Hänel fuhr über Straßen, die immer schmaler wurden. „Es wurde dunkler und dunkler.“ Irgendwo zwischen Görne und Witzke hielt er an und schaute auf sein Sky Quality Meter. Es zeigte Werte wie in den dunkelsten Wüsten und Gebirgen. Der Grund: Im Westhavelland leben sehr wenige Menschen.
Pensionen passen sich den Nacht-Touristen an
„Finsterster Ort Deutschlands“ haben manche Medien Gülpe genannt, die Bewohner fanden das mäßig witzig, und es stimme auch nicht, sagt Hänel. Es gebe einige ähnlich dunkle Gegenden, zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern. Aber dort haben die Naturparks nicht auf seine Idee reagiert, die zunächst auch verrückt klingen mag: einen Sternenpark ausweisen.
Im Westhavelland war es anders. Die Gemeinden und der Naturpark witterten ihre Chance, mehr Touristen anzulocken. Bisher reisen die meisten Besucher ins Westhavelland, um zu radeln oder Vögel zu sehen. Doch nun kommen immer mehr Gäste zum Sterneschauen. Manche Pensionen haben sich bereits auf die besonderen Bedürfnisse der Sternetouristen eingestellt: spätes Frühstück, verdunkelbare Zimmer und morgens bitte leise sein.
Gülpe soll dunkel bleiben
Auch der Naturpark bereitet sich vor. Zwei Naturführer haben sich astronomisch fortgebildet und bieten nun Sternenwanderungen an. In Milow simulieren Leuchten in einer Kabine den Sternenhimmel. Eine Broschüre zeigt die besten Orte zum Sterneschauen mit GPS-Koordinaten, Betonsäulen sollen aufgestellt werden, auf die man Teleskope pflanzen kann. Und in Parey möchte der Förderverein eine Sternwarte einrichten.
Menschenmassen fallen vorerst nicht ein. „Der Sternetourismus entsteht sachte“, sagt Jens Aasmann, Amtsdirektor von Rhinow. Es müssten auch erst die Voraussetzungen geschaffen werden. Vor allem muss sich Aasmann aber darum kümmern, dass es dunkel bleibt. „Die Gemeinde hat sich verpflichtet, den Zustand zu bewahren“, sagt er. Wenn eine Straßenlampe ausgetauscht wird, achte man nun darauf, dass sie gut abgeschirmt ist und kein Licht nach oben strahlt. „Das spart auch eine Menge Energie.“ Ansonsten müsse er nicht viel unternehmen. „Ampeln mussten wir auch keine dimmen. Es gibt keine.“
Von Juni bis August ist es in der Regel zu hell für gute Sternebeobachtung. Am besten sind die Bedingungen bei Neumond:
www.sternenpark-westhavelland.eu
www.darksky.org
www.vds-astro.de