Wuppertal. Eine Party für Mütter: Aus einer kleinen Idee ist ein großer Erfolg geworden. Das sind die beiden Frauen hinter dem Format.

Andrea Rücker müsste sich eigentlich längst an den Gedanken gewöhnt haben, aber wenn sie so drüber redet, merkt man ihr die Überraschung noch immer an. „Wir hatten nie die Idee, dass das so riesengroß wird“, sagt die 36-Jährige. Vor ihr auf dem Esstisch im heimischen Wohnzimmer, das oft als Büro dient, steht eine Kaffeetasse mit pinkfarbenem Aufdruck. Ein Merchandising-Produkt ihrer Party-Reihe. „Mama geht tanzen“ steht darauf.

So heißt die Serie, die Andrea Rücker und ihre Freundin Anna Schumacher-Stolina (28) vor einem Jahr ins Leben gerufen haben. Konzept: eine Party von 20 bis 23 Uhr vornehmlich für junge Mütter, die ausgehen, feiern und tanzen wollen - aber eben nicht in der Nacht, weil das mit Stillzeiten des Babys, der eigenen Müdigkeit oder Betreuungszeiten kollidieren würde.

Schon die zweite Party ist nach 24 Stunden ausverkauft

Im Oktober 2022 saßen die beiden Wuppertalerinnen an eben jenem Tisch und erzählten sich, wie sie früher auf Partys gingen, einen draufmachten. Und wie schön das doch war. Andrea Rücker hat zwei Kinder (heute zwei und vier Jahre alt), Anna Schumacher-Stolina mittlereile drei (vier und zwei Jahre sowie zehn Wochen alt). „Es wäre so cool, wenn wir das, was wir früher um 1 Uhr hatten, auch um 20 Uhr haben könnten“, sagt Anna Schumacher-Stolina damals. Ob es da was gibt. Sie googeln, finden nichts. „Vielleicht“, scherzen sie eher, „vielleicht müssen wir es selber machen.“

Mehr zum Thema

Sie suchten eine Location in Wuppertal, fanden eine: 260 von, 300 Karten wurden für Januar 2023 verkauft. Ohne es zu wissen, treffen die beiden einen Nerv der Zeit. Die zweite Party in Wuppertal ist binnen 24 Stunden ausverkauft. Sie gingen mit der Party nach Essen - auch da funktioniert sie. „Eigentlich sollte das nur für uns sein, für Freunde, Bekannte. Irgendwie, dachten wir, kriegen wir die Karten schon verkauft“, sagt Andrea Rücker.

Wir hatten nie die Idee, dass das so riesengroß wird.
Anreas Rücker (links) und Anna Schumacher-Stolina, Erfinderinnen von „Mama geht tanzen“

Heute, ziemlich genau ein Jahr nach der ersten „Mama geht tanzen“-Party, gibt es die Reihe in mehr als 50 Städten Deutschlands und in Österreich. Mit der Schweiz laufen Verhandlungen. 1200 Besucherinnen in Münster, 1500 in Osnabrück, 1700 in Wien. Die Partys in Köln seien immer binnen Minuten ausverkauft. Alles in NRW veranstalten die Urheberinnen selbst, für alle weiteren Locations verkaufen sie Franchise-Lizenzen gegen monatliche Gebühr - ausschließlich an andere Mütter. Ihre Idee soll die Unschuld nicht verlieren, soll nicht vornehmlich Geschäft sein, sondern den Ursprungsgedanken behalten.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Jeden Tag, sagt Andrea Rücker, bekämen sie Dutzende Mails von Club-Betreibern, die „Mama geht tanzen“ zu sich holen wollen - und von Frauen, die ihnen schreiben, welche Stadt noch auf der Landkarte fehle. Neu im Portfolio: Südwestfalen. Am 16. März kommt die Mütter-Party nach Soest in den Noxx-Club, in den 900 Besucherinnen passen (Karten noch verfügbar). Mit Hagen sind die Gespräche weit fortgeschritten, Iserlohn, Schwerte und Witten könnten bald hinzukommen.

Vom Namen bis zur grafischen Umsetzung setzen die Erfinderinnen fast alles selber um.
Vom Namen bis zur grafischen Umsetzung setzen die Erfinderinnen fast alles selber um. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

„Wir kriegen jeden Tag viel mehr Anfragen als wir bedienen können“, sagt Andrea Rücker. Im wirklichen Leben ist sie Bauingenieurin, arbeitet 30 Stunden in der Woche. Ihre Freundin ist Sozialarbeiterin. Aus ihrer beider kleinen Idee ist eine große Sache geworden, die die beiden in Eigenregie wuppen: Im vergangenen Jahr sind sie so zu Geschäftsführerinnen eines Start-ups geworden, zu Partyplanerinnen, Grafikdesignerinnen, Webseitenbauerinnen und Social-Media-Expertinnen. Im Oktober zahlten sie sich erstmals Geld aus: 1000 Euro. „Wir betreuen Mama geht tanzen so, wie es in unser Leben passt“, sagt Anna Schumacher-Stolina. Fünf Mitarbeitende auf 500-Euro-Basis helfen mit.

„Ich weiß noch genau, wie sich Luisa aus Stuttgart meldete und sagte, dass es diese Party auch bei ihr geben müsse, dass wir ihr eine Lizenz verkaufen müssten“, erinnert sich Andrea Rücker. Wie und ob das geht? Sie hatten keine Ahnung. Franchisegeber haben für gewöhnlich ausgearbeitete Marketing- und Werbekonzepte in der Schublade. Hatten die beiden jetzt eher nicht. Aber den großen Wunsch, ihre Idee auch nach Süddeutschland zu tragen. Für Luisa und die anderen Mütter, die Sehnsucht nach Partyabenden hatten. Schnell arbeiteten sie sich ins Thema ein. Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer, Vergnügungssteuer? Alles wichtig, aber eben erst jetzt. Das Gewerbe meldeten sie etwas zu spät an. „Da hatte keiner dran gedacht“, lacht Andrea Rücker. Sie zahlten Strafe deswegen.

Die Tanzfläche ist auch um 20 Uhr schon voll - wie hier im vergangenen Jahr in Langendreer.
Die Tanzfläche ist auch um 20 Uhr schon voll - wie hier im vergangenen Jahr in Langendreer. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

18 Franchisenehmerinnen gibt es bislang. Und es sollen noch mehr werden. Die Sache funktioniert. Zu ihrer eigenen Überraschung. Männer seien nicht ausgeschlossen, aber zu 99 Prozent besuchten Frauen die Partys, zwei Drittel Mütter, ein Drittel Frauen, in deren Leben diese Art von Party ebenfalls besser passt. „Wir Frauen können sehr effizient sein“, lacht Anna Schumacher-Stolina, „wir können uns vornehmen, jetzt einen richtig geilen Abend zu haben. Um 20 Uhr sieht das bei uns auf der Tanzfläche aus wie um 1 Uhr im Club. Wenn man sieht, was da passiert, wenn 1000 Frauen ,Time of my life‘ singen, ist das ein Erlebnis, das man nicht oft hat.“

Eine Party von Frauen für Frauen - mit gewissen Vorzügen

Da treffe die eine im kleinen Schwarzen und Highheels auf die andere im Schlabberlook - geeint durch die Freude an diesem Abend an einem Ort, der nach Auskunft der beiden Veranstalterinnen weitere Vorzüge zu sonstigen Partys bietet: keine betrunkenen Typen, die man manchmal nicht mehr loswird, keine Sorge, dass einem jemand was ins Getränk kippt, keine Aggressionen. „Wenn sich bei uns zwei Frauen versehentlich anrempeln“, sagt Anna Schumacher-Stolina, „dann entschuldigen sie sich beide.“

Mama geht tanzen

Im Schnitt koste die Eintrittskarte für eine der Partys etwa 12 Euro, sagen die beiden Veranstalterinnen, die insgesamt 18 Franchise-Lizenzen für verschiedene Regionen vergeben haben. An Karten zu kommen, ist gar nicht immer so leicht. Die 24 Februar-Veranstaltungen in ganz Deutschland (u.a. in Essen, Köln, Hamburg, Berlin, Nürnberg, Cloppenburg, Buxtehude, Fulda) sind allesamt ausverkauft. Karten für Feiern, die bereits im Vorverkauf sind, gibt es noch Karten in Soest, Münster und Bielefeld.