Hagen/Hamburg. . Überleben neben der Krake Amazon? Ein alternativer Online-Shop macht's vor – und der Geschäftsführer aus Hagen erklärt wie.

Der sogenannte stationäre Einzelhandel, also der Verkauf in Warenhäusern und Geschäften, ist trotz aller Konzentrationstendenzen noch immer einigermaßen vielfältig. Jedenfalls verglichen mit dem Online-Handel. Denn da gibt es Amazon (mit einem stetig wachsenden Marktanteil auf gut 30 Prozent im Jahr 2016), danach Otto und Zalando – und dann lange nichts (Ebay passt wegen der privaten Anbieter nicht recht in die Statistik). Für den Handel per Mausklick ist Bekanntheit das Maß der Dinge und der Weltmarktführer Amazon der Konkurrenz deshalb um Längen enteilt.

Für kleinere Online-Händler, neue gar, stellt sich damit die Frage: Wie überleben neben der Krake Amazon?

Geschäftsführer aus Hagen

Wie das geht, kann zum Beispiel Till Junkermann erzählen. Der 40-Jährige, in Hagen geboren, ist seit Herbst 2017 Geschäftsführer bei Avocadostore. Das Hamburger Unternehmen, erst im Jahr 2010 gegründet, hat sich in wenigen Jahren als Marktplatz für nachhaltige Mode und grüne Lifestyle-Produkte etabliert und damit eine Nische gefunden, in der es sich neben den Internet-Riesen leben und wachsen lässt. Bei Avocadostore gibt es vor allem Bio-Mode, aber auch einen Fahrrad-Wandhalter, mit dem sich ein Zweirad auch im Wohnzimmer deponieren lässt, oder aber die 18 Gramm leichte iPhone-Schutzhülle aus FSC-zertifiziertem Holz und Kevlar.

9 nachhaltige Alternativen zu Amazon, Otto und Co.

Kleidung

Wer nicht allein auf billig steht, sondern auf nachhaltig, öko oder fair, der hat eine Menge Onlineshops zur Auswahl. Einer der bekanntesten und ältesten ist HESS NATUR. Auch GLORE oder GREENWOODSTORE bieten sich als Alternativen an.

Second-Hand

FAIRMONDO ist ein Marktplatz für neue und gebrauchte Produkte. Besonders gefördert werden nachhaltige und fair gehandelte Produkte. Gebrauchte Kleidung von Privat lässt sich KLEIDERKREISEL, MAMIKREISEL oder EBAY-KLEINANZEIGEN ergattern. Und Design-Produkte aus Alt-Material findet man bei UPCYCLING DELUXE.

Technik

Nachhaltige Technikprodukte findet man bei GREENSTARS. Der Onlinehändler legt vor allem Wert auf Energieeffizienz, Schadstoffvermeidung und Recycling.

Haushaltswaren

Seit dem ersten Öko-Boom in den 80ern bietet der WASCHBÄR alles rund um Waschmittel, Haushallt, Wohnen, Kleidung und anderem Praktischem – erst per Katalog, dann auch online. Auch bei PURE NATURE gibt's alles für den Haushalt.

Kosmetik

Nachhaltige Produkte rund um Körperpflege, Kosmetik und Hygiene gibt's online unter anderem bei ECCO VERDE, BIO-NATUREL oder der NATURDROGERIE. Auch GRÜNE ERDE bietet Naturkosmetik.

Möbel

Anbieter nachhaltig produzierter Möbel gibt es viele in der Onlinewelt. TEAM7, GRÜNE ERDE, MEMOLIFE, KIVANTA 4BETTERDAYS... Hier stehen vor allem Massivholzmöbel und natürlich gefärbte Materialien und Stoffe im Vordergrund.

Bücher, CDs, Filme, Spiele

Meist geht es auch gebraucht – zum Beispiel bei MOMOX, MEDIMOPS, ABEBOOKS oder BOOKLOOKER. Dort gibt's Bücher, CDs und Spiele. ZVAB ist einer der ältesten Online-Börsen für antiquarische Bücher.

Nahrungsmittel

Auch für Bio-Lebensmittel gibt es viele Online-Shops: ALNATURA, E-BIOMARKT, ALL-BIO... Hier finden Sie alles von Frischmilch bis Tütensuppen.

Alltagsgegenstände

Der Kölner Online-Shop MEHR GRÜN setzt auf ökologische Produkte, Auch MANUFACTUM ist eine Alternative – und nicht immer (aber oft...) eine kostspielige: Hier findet man viel Handarbeit aus Deutschland und den Nachbarländern.

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„Wer eine nachhaltig hergestellte Jeans sucht, muss bei Amazon vermutlich lange suchen. Bei Avocadostore gibt es ausschließlich nachhaltige Produkte“, begründet Junkermann, warum Kunden eher bei Avocadostore als bei Amazon einkaufen.

Das kleine Unternehme n wächst seit Jahren kräftig, hat es bereits dreimal in Serie auf die Liste der „Wachstumschampions“ des Nachrichtenmagazins Focus gebracht und erwirtschaftet inzwischen mit etwa 30 Mitarbeitern einen „zweistelligen Millionenumsatz“, so Junkermann. Dabei kopiert Avocadostore einerseits das Amazon-Erfolgsrezept: Es fungiert als Online-Marktplatz, andere Händler nutzen den Avocadostore als Plattform für den Online-Verkauf eigener Produkte. „Das sorgt für eine große Vielfalt“, sagt Junkermann. Zum anderen hat Avocadostore mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ ein Alleinstellungsmerkmal gefunden und einen wachsenden Markt zudem. „Wir waren Pionier im Bereich Nachhaltigkeit“, sagt Junkermann.

Die Hamburger haben zehn Kriterien in Sachen Nachhaltigkeit entwickelt, von denen die Plattform-Händler „mindestens einen“, möglichst aber mehrere einhalten müssen. Dazu zählen etwa Rohstoffe aus Bioanbau, schadstoffreduzierte Herstellung oder auch sozialverträgliche Produktionsbedingungen und fairer Handel. Die Plattform setzt auf Transparenz, bei einer Jeans von Goodsociety etwa lässt sich dann nachlesen, dass 25 Prozent des Gewinns an sozial tätige Organisationen gespendet werden und es einen CO2-Ausgleich durch Aufforstungsprojekte gibt. Dass Online-Handel Verkehr erzeugt und deshalb eigene Nachhaltigkeitskriterien (Ressourcenschonend, CO2-sparend) verletzt, ist Junkermann bewusst: „Konsum an sich ist einfach nicht nachhaltig – auch nachhaltiger Konsum nicht!“ Aber man versuche, etwa Retouren und damit Verkehr durch größtmögliche Informationen über die Produkte zu reduzieren.

Auch regionaler Online-Handel bietet Platz neben Amazon

Junkermann ist optimistisch, dass Avocadostore weiter wächst. „Die Menschen hinterfragen ihren Konsum immer mehr, die wollen nicht irgendetwas kaufen“, sagt er. Das Unternehmen hat seinen Platz neben Amazon gefunden. Auch andere Händler hätten diese Chance: „Man muss sich von Amazon differenzieren“, sich etwa auf bestimmte Produkte spezialisieren.

Der (Online-)Handel mit regionalen Produkten, wie ihn zum Beispiel der Arnsberger Christian Schulte mit hofladen-sauerland.de praktiziert, könnte eine solche erfolgversprechende Nische sein. Kein Zufall vermutlich: Auch hofladen-sauerland.de setzt auf Nachhaltigkeit, schon weil regionale und saisonale Produkte weniger Verkehr erzeugen.