Unna. An gleich zwei Abenden musste die Polizei zur Flüchtlingsunterkunft in Unna-Massen ausrücken. Deren Leitung zieht Konsequenzen.
Nach zwei Großeinsätzen der Polizei in einer Flüchtlingsunterkunft in Unna, soll es jetzt Konsequenzen geben: „Wir bereiten die Verlegung von Personen vor, die für den Konflikt verantwortlich gemacht werden können“, sagte ein Sprecher der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg am Freitag auf Anfrage. Sie sollen getrennt in anderen Erstaufnahme-Einrichtungen untergebracht werden.
Nachdem die Polizei am Mittwoch wegen eines Tumults unter Bewohnern mit einem Großaufgebot in der Erstaufnahme-Einrichtung in Unna-Massen die Lage befrieden musste, gab es dort am Donnerstagabend erneut einen Großeinsatz. Beide Fälle hängen zusammen, glaubt die Polizei.
Zweiter Großeinsatz in Flüchtlingsheim in Unna: Streit von Mittwoch flammte erneut auf
„Hintergrund dürfte der Einsatz vom Mittwochabend gewesen sein“, teilte die Polizei am Freitagmorgen mit. „Hierzu konnte zwischenzeitlich ermittelt werden, dass eine 22-jährige Syrerin im Laufe des Mittwochs mehrfach von mehreren Mitbewohnern der Einrichtung angesprochen und von einem auch sexuell genötigt worden ist. Dieses löste dann eine Schlägerei mit zahlreichen Beteiligten aus.“
Ein 22-jähriger Algerier und ein 24-Jähriger aus Tunesien, der am Vorabend schwer verletzt in einem Krankenhaus behandelt worden war, trafen auf einer Straße auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung auf einen 28-jährigen Syrer, berichtete die Polizei. Die beiden griffen den Syrer an. Anders als am Mittwoch sei auch eine Waffe zum Einsatz gekommen, teilte die Polizei mit: Ein Messer. Damit sei der Syrer „schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt“ worden, berichtete die Polizei. Die beiden Tatverdächtigen wurden erneut festgenommen.
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Gegen 19.10 Uhr hatte der Sicherheitsdienst der Einrichtung Alarm ausgelöst. Mehrere Dutzend Männer hätten aufeinander eingeprügelt. Als die Polizei ankam, erneut unterstützt durch Kräfte der Bereitschaftspolizei, sei eine Schlägerei nicht mehr feststellbar gewesen, berichtete die Polizei. In einem der Gebäude habe man dann die drei Männer angetroffen, der Algerier und der Tunesier seien vorläufig festgenommen worden.
Drei Verletzte in Unna-Massen am Mittwochabend
Bei dem Tumult am Mittwochabend war die Polizei um 20.20 Uhr alarmiert worden. Vor Ort hätten sich mehrere Personen auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung offenbar geprügelt, nach Angaben der Polizei außerhalb der Gebäude. Zudem hätten mehrere Hundert weitere Personen den Streit verfolgt und zum Teil auch mit Handys gefilmt, sagte ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Drei Männer seien von der Polizei als Tatverdächtige vorläufig festgenommen worden.
Ein 24-jähriger Tunesier sei schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht worden, ein weiterer gleichaltriger Tunesier und ein 22-Jähriger Algerier wurden leicht verletzt, teilte die Polizei am Donnerstagmittag. Der Einsatz sei für die Polizei nach zwei Stunden vor Ort beendet worden.
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In der Einrichtung werden Flüchtlinge, die neu in Deutschland angekommen sind, übergangsweise untergebracht, während ihr Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eröffnet wird. Die übliche Aufenthaltsdauer in der Einrichtung war nach Angaben der Stadt Unna bis dato etwa sieben Tage. Inzwischen können es auch zehn bis 14 Tage sein, sagte der Sprecher der Bezirksregierung auf Nachfrage. „Unsere Systeme sind sehr stark belastet“, erklärte er.
Land NRW schickt Flüchtlinge in Städte
Wer als Flüchtling in NRW ankommt, wird als erstes in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Bochum registriert; auch erfolgt dort ein erster Datenabgleich der Personalien. Dann werden die Menschen auf die sechs Erstaufnahme-Einrichtungen verteilt; nach Angaben in Arnsberg gibt es je Bezirksregierung mindestens eine. Im Anschluss folge die Unterbringung in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen, erläuterte der Sprecher.
Unterdessen will das Land NRW Flüchtlinge mit ungeklärter Bleibe-Perspektive vorzeitig an Städte und Gemeinden im Land „durchleiten“. So hat es NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) jüngst angekündigt. So solle „die Aufnahmefähigkeit des Landessystems erhalten“ bleiben.
NRW-Landtag beschäftigt sich mit Flüchtlingsunterbringung
Die SPD-Fraktion im NRW-Landtag hat dazu für die kommenden Woche eine „Aktuelle Stunde“ beantragt. Die beiden Massenschlägereien in Unna sorgten „für weiteren Handlungsbedarf“ im Zusammenhang mit der Frage der weiteren Unterbringung von Flüchtlingen, begründete die Fraktion. Bereits 150 Kommunen im Land hätten der Landesregierung angezeigt, dass sie in punkto Aufnahme von Flüchtlingen überlastet seien, sagt die SPD.
In der Erstaufnahmeeinrichtung Unna-Massen sind aktuell 860 Menschen untergebracht, sagte der Sprecher der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg. Bis zu 1000 Menschen könnten dort untergebracht werden. Die meisten der Flüchtlinge kommen aus Syrien, Iran, Irak, Afghanistan und der Türkei, sagte der Sprecher.
(dae)