An Rhein und Ruhr. . Abgenutzte Möbel müssen nicht immer durch einen Neukauf ersetzt werden. Mit etwas Kreativität erhalten alte Dinge einen ganz anderen Charakter.
Als Thomas Zigahn bei einem seiner ersten Upcycling-Workshops mit den Teilnehmern ein Tetrapak-Portemonnaie – „optimal für Anfänger“ – bastelte, rückte das Falten schnell in den Hintergrund. Bald schon sprach man über Abfall, bewussteren Konsum, Nachhaltigkeit.
Und der leidenschaftliche Upcycler Zigahn, ein studierter Pädagoge, der von sich selbst sagt, dass er schon seit Jahren so gut wie gar nichts mehr neu kaufe, hatte ohne besonderes Zutun seine Botschaft platziert.
Zu schade zum Wegwerfen
Das „Upcycling“ ist mit dem „Recycling“ verwandt: Vermeintlich Nutzloses, Ausrangiertes wird auf- und umgearbeitet, so dass etwas Neues entsteht. Wie das Tetrapak-Portemonnaie, für das man nicht viel mehr braucht als einen 1-Liter-Getränkekarton und Druckknöpfe (Anleitung in der Außenspalte).
Das Material der Tetrapaks sei viel zu hochwertig für eine einmalige Verwendung, so Zigahn. Gut für die gebastelten Portemonnaies, die erstaunlich robust und haltbar sind. Schlecht aber für die Umwelt. „Man kann nämlich nicht alle Tetrapaks der Welt zu Portemonnaies falten“, sagt Florian Artmann, ebenfalls Upcycler, ebenfalls Pädagoge und wie Zigahn Mitglied des Dortmunder Vereins „Die Urbanisten“, einem Netzwerk für „aktive Mitgestaltung in der eigenen Stadt“. Upcycling ist dort zwar nur eines von vielen Themen, aber um es mit Florian Artmanns Worten zu sagen: „Upcycling ändert nicht die Welt – es ist ein Aspekt von Nachhaltigkeit.“ Und die ist dem Verein wichtig.
Internetvideos bieten hilfreiche Anleitungen
Florian Artmann und Thomas Zigahn tüfteln deshalb ständig an neuen Ideen für die sinnvolle Verarbeitung von vermeintlichem Abfall. Aus einem sperrigen alten Ehebett hat Artmann zwei Kinderbetten gezimmert, den massiven Tisch im Urbanistenbüro hat ein Schreiner aus Holzstückchen gefertigt, die er wie ein Mosaik aneinandergereiht hat, und auch die Lampe, die Florian Artmann gern mit den Teilnehmern seiner Upcycling-Workshops baut, besteht aus zurechtgesägten Holzresten.
Was die beiden allen angehenden Upcyclern mit auf den Weg geben: „Fragt nach, probiert aus, traut euch auch mal Fehler zu machen – als wir mit dem Upcycling angefangen haben, kannte niemand auch nur ansatzweise die Maschinen in der Werkstatt.“ Also haben sie dazugelernt, mithilfe von Freunden, Bekannten und Internetvideos.
Stundenlang, erzählt Florian Artmann, hätten sie sich auf Youtube Techniken abgeschaut. Nächste Herausforderung: Stühle aufpolstern. „Natürlich weiß noch keiner von uns, wie das geht, aber man kann schließlich alles lernen.“ Und woher bekommt man die Ideen? Viele seien Allgemeingut, sagt Artmann, und mit ausführlichen Anleitungen im Netz zu finden. „Es ist ja nicht so, dass wir das alles selbst erfunden haben.“ Da gibt es zum Beispiel die Etagere aus Tellern und Tassen, ein Tischchen aus alten Büchern, ein Regal aus Schubladen und natürlich die berühmten Palettenmöbel.
Nicht jeden Trend mitmachen
Dass Upcycling populär geworden ist, führt allerdings auch zu Merkwürdigkeiten: „Man kann im Bastelladen neuwertige Kronkorken kaufen“, sagt Zigahn kopfschüttelnd. Dabei gehe es beim Upcycling doch darum, Rohstoffe wertzuschätzen, nicht jedem Trend hinterherzurennen, lieber einmal hochwertig als ständig billig und neu zu kaufen. „Es ist toll, wenn man aus dem Müll, der da ist, etwas Schönes macht“, sagt Florian Artmann, „aber man sollte eben schon von vornherein anders denken“.
>>> INFO: Eigene Projekte in der offenen Werkstatt umsetzen
Der Verein „Die Urbanisten“ besteht seit 2010 und hat etwa 50 Mitglieder. Im Mittelpunkt der Arbeit steht das „Zusammenleben in der Stadt“.
„Die Urbanisten“ organisieren Pflanzentauschbörsen,Projekte, Workshops und andere Veranstaltungen in den Bereichen Upcycling & Do-it-yourself, Stadtplanung & -entwicklung, Kunst im öffentlichen Raum, Urban Gardening & Farming.
Zweimal pro Woche laden sie in ihre „offene Werkstatt“ ein. Hier kann jeder seine eigenen Projekte umsetzen, das vorhandene Werkzeug nutzen und sich auch von anderen beraten und helfen lassen. Weitere Informationen gibt es im Internet auf dieurbanisten.de.