Witten. Gebrauchte Schrauben, alte Heraklitplatten, Fliesen aus der letzten Saison: Deutschlands erster Secondhand-Baumarkt in Witten ist ein Mekka für Hobby-Handwerker aus der ganzen Region - und gibt Langzeitarbeitslosen eine neue Chance.

Es ist ein Paradies für Sammler, Hobbyhandwerker und nimmermüde Stöberer ohne großen Geldbeutel. Alte Türbeschläge liegen neben seltenen Waschbecken in den ausgefallensten Farben, daneben steht ein Stapel woanders längst nicht mehr erhältlicher Fliesen, von der Decke baumeln alte Lampenfassungen. Der laut den Betreibern erste Gebraucht-Baumarkt Deutschlands in Witten hat eine Menge zu bieten.

Für Andreas Klasik (29) war der Job im Wittener Secondhand-Baumarkt eine letzte Chance: Der Kaufmann war lange Zeit arbeitslos. Foto: ddp
Für Andreas Klasik (29) war der Job im Wittener Secondhand-Baumarkt eine letzte Chance: Der Kaufmann war lange Zeit arbeitslos. Foto: ddp © ddp

Oft kommen die Kunden von weit her, um hier Produkte zu finden, die in anderen Sortimenten nicht mehr angeboten werden. Doch nicht nur alte Schätze finden sich, auch neue Farben, Pinsel und Tapeten werden den Heimwerkern in dem im November 2008 eröffneten Second-Hand-Baumarkt angeboten. Die ausgefallene Geschäftsidee stammt von Marion Schmitt, Geschäftsführerin der QuaBeD - der Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft der Diakonie Ennepe-Ruhr/Hagen.

Chance für Suchtkranke, Arbeitslose, Behinderte

"Das Kreissozialamt ist an uns herangetreten und hat gefragt, ob wir nicht eine Idee haben, Menschen zu beschäftigen, die sonst nicht mehr erwerbsfähig sind", sagt Schmitt. So kam sie auf die Idee mit den gebrauchten Schrauben, die nun von einigen der insgesamt 25 Mitarbeiter sortiert und gesäubert werden, bevor sie im Laden zum Verkauf angeboten werden.

Viele der Mitarbeiter helfen nur für wenige Stunden am Tag im Baumarkt aus. Unter ihnen sind Suchtkranke, Menschen mit psychischen oder physischen Behinderungen, Langzeitarbeitslose, Wohnungslose. Ihnen allen bietet die Arbeit im Baumarkt eine neue Perspektive und einen kleinen Nebenverdienst. "Wir schaffen hier Arbeit für Leute, die sonst keine Chance haben", sagt Schmitt. Natürlich sei es zu Anfang auch ein Risiko gewesen, solch ein Geschäft aufzumachen, "aber wir waren eben mutig".

Auch alte Heraklitplatten gibt's in Wittens Secondhand-Markt. Die Geschäftsidee hatte Marion Schmitt, Geschaeftsführerin der
Auch alte Heraklitplatten gibt's in Wittens Secondhand-Markt. Die Geschäftsidee hatte Marion Schmitt, Geschaeftsführerin der "Qualifizierungs- und Beschaeftigungsgesellschaft der Diakonie Ennepe-Ruhr/Hagen". Foto: ddp © ddp

Nicht zuletzt wegen des Fokus auf gebrauchte Gegenstände bedeutet der Baumarkt keine Konkurrenz für die umliegenden Geschäfte, im Gegenteil. "Wir kooperieren mit rund 400 Firmen", sagt Schmitt. "Die Sachen, die wir verkaufen, sind Spenden oder sie stammen aus Wohnungs- oder Geschäftsauflösungen." Auch eine Menge Eigenleistung der Mitarbeiter steckt in dem Projekt. Das Kassenhäuschen zum Beispiel ist selbst gezimmert, die Wandbemalung stammt von einem arbeitslosen Bühnenmaler, und die Schränke im Lagerraum sind selbst geschreinert.

Noch einen weiteren Unterschied gibt es im Gegensatz zu herkömmlichen Baumärkten. "Die Chefs sind hier viel lockerer", lobt Andreas Klasik. Der 29-Jährige hat eine kaufmännische Ausbildung gemacht und war danach fast drei Jahre arbeitslos. "Irgendwann ist mir die Decke auf den Kopf gefallen. Ich wollte unbedingt etwas tun", sagt er. Von seinem neuen Job als Kundenbetreuer und Kassierer sei er begeistert: "Ich komme wirklich gerne hierhin." Auszahlen könnte sich die Arbeit im Baumarkt für ihn demnächst sogar doppelt. Über seinen Job hat er Kontakte knüpfen können - nun hat er Aussicht auf eine Festanstellung.

Mitarbeiter manchmal ein bisschen zu motiviert

Nur manchmal geht Marion Schmitt die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Arbeitsstelle ein wenig zu weit. Viele von ihnen bringen Bilder und andere Gegenstände von Zuhause mit, die sie im Laden platzieren. "Manchmal gleicht das Ganze schon fast einem Wohnzimmer", sagt Schmitt. Alle zwei Wochen macht sie daher einen Rundgang und entfernt alles, was nicht zum Geschäft passt. "Immerhin sind wir hier ein Baumarkt", sagt sie.

Finanziert wird das Projekt von der Volkshochschule Witten, Wetter, Herdecke und der QuaBeD. Dazu kommt eine Förderung durch die Europäische Union. Rund ein halbes Jahr nach der Eröffnung ist die Nachfrage so groß, dass die zunächst auf fünf Stunden in der Woche beschränkte Öffnungszeit inzwischen ausgedehnt wurde. Mittlerweile hat der Secondhand-Baumarkt freitags von 9.00 bis 18.00 Uhr und samstags von 9.00 bis 15.00 Uhr geöffnet. (ddp)

Deutschlands einziger Secondhand-Baumarkt

Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet.
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet. © ddp
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet.
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet. © ddp
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet.
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet. © ddp
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet.
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet. © ddp
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet.
Im Herbst 2008 hat in Witten Deutschlands erster Second-Hand-Baumarkt eröffnet. © ddp
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