Ruhrgebiet. Unternehmer zeigen sich positiv überrascht von der Schnelligkeit, mit der das Land Zuschuss gewährt. Doch Vorsicht: Die Prüfung erfolgt später.
„Das Geld müsste am Freitag oder Samstag kommen“, sagt Unternehmer Uwe Pews. Er führt mit einem Partner eine kleine Firma für Sicherheitstechnik und Rolladenbau im Duisburger Süden. Wir hatten ihn bereits vor einer Woche zu seinen wirtschaftlichen Sorgen befragt. Bis zum ersten April mussten die beiden warten, bis sie ihren Antrag auf Corona-Soforthilfe stellten, denn im Januar lief das Geschäft noch gut. Nun steht es fast auf Null. Am Mittwochabend also stellte Pews’ Geschäftspartner den Antrag auf 9000 Euro Soforthilfe für Kleinunternehmer, am nächsten Morgen bereits war er bewilligt. Und das Finanzamt hat auch sämtliche Vorauszahlungen für dieses Jahr zurückerstattet.
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Pews ist ungemein positiv überrascht. „Ich bin dankbar für diese Hilfe. Somit können wir wenigstens die Mitarbeiter bezahlen und die Miete.“ Aber macht die unbürokratische Überweisung Hoffnung? „Es ist eine momentane Hilfe, aber wir sind ja noch nicht am Ende der Krise“, sagt Pews. „Ich weiß, dass es Betriebe gibt, für die die 9000 Euro auf drei Monate ausreichen. Aber man kann eine Trinkhalle nicht mit einem Handwerksbetrieb vergleichen. Für uns ist es ein dicker Tropfen auf dem heißen Stein. Und unter Umständen werden die 9000 Euro noch versteuert.“ Das stimmt: Die Soforthilfe gilt als Einkommen. Weisen Betriebe am Ende des Jahres einen Gewinn aus, müssen sie diesen versteuern – was Pews gerecht findet. Er fährt auf Sicht.
Steuerberater loben – und warnen
Die Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe bestätigt, dass die Antragstellung, die Bewilligung und die Auszahlung der Corona-Hilfen extrem schnell funktioniert in NRW. „Das so etwas möglich politisch ist, habe ich noch nicht erlebt“, sagt ihr Präsident Volker Kaiser. „Man hat in NRW erkannt, dass man nun unbürokratisch reagieren muss.“ Zwar stelle jedes Bundesland andere Anforderungen, aber es werde zur Zeit „nicht wirklich drauf geguckt“. Die Anträge, die er für Mandanten gestellt hat, sind alle durchgegangen. Bis zum Freitagnachmittag sind beim NRW-Wirtschaftsministerium 350.000 Anträge auf Soforthilfen für Kleinunternehmer eingegangen, nochmal 30.000 mehr als am Vortag. Wie das Ministerium auf Anfrage mitteilt, wurden bereits 330.000 Anträge bewilligt.
Eine Prüfung der Bedürftigkeit finde mit Sicherheit nachträglich statt, warnt Kaiser. In einigen Branchen wie etwa der Gastronomie sei die Betroffenheit durch Corona unstrittig, aber es gebe auch Zweifelsfälle. Er habe in einigen Fällen abgelehnt, den Antrag zu stellen, sagt der Steuerberater aus Soest, wisse aber, dass Firmen trotzdem Geld bekommen haben. Ihnen rät der Vizepräsident der Bundessteuerberaterkammer, das Geld zurückzulegen.
Genau das will Jelena Ivanovic tun: Wenn sie das Geld nicht braucht, will sie es zurücküberweisen. Die Künstlerin aus Essen hatten wir vor einer guten Woche ebenfalls befragt, damals hatte sie nur den Sofortzuschuss für Künstler über 2000 Euro beantragt. Doch zwischenzeitlich hat sie von Freunden gehört, dass Kunstprojekte nicht nur verschoben wurden. Eine Wuppertaler Schule habe zum Beispiel alle nichtschulischen Veranstaltungen bis Ende des Jahres abgesagt. Diese Unsicherheit hat Ivanovic bewogen, auch die Soforthilfe für Kleinunternehmer zu beantragen. Das ist möglich, da sie zum Beispiel auch Reihen für die Stadt veranstaltet wie Kunstbaden im Grugabad und darüber hinaus als Yoga- und Tanzlehrerin tätig ist.
„Es war wahnsinnig einfach“, sagt sie zur Antragstellung – das Geld ist bereits auf ihrem Konto eingegangen. Ob der Sofortzuschuss für freie Künstler dagegen bewilligt ist, weiß sie noch nicht. Seit dem Antrag vor zweieinhalb Wochen hat sie nichts mehr davon gehört. Steuerberater Kaiser bestätigt, dass diese Anträge schärfer im Vorfeld geprüft würden – weswegen auch mehr Unterlagen eingereicht werden mussten: „Dafür müssen die Künstler nicht mehr mit einer Rückforderung rechnen.“
Beamte im Dauereinsatz
Die Bearbeitung der Anträge bei den Bezirksregierungen laufe auf Hochtouren, erklärt das NRW-Kulturministerium. „13.000 Anträge in 14 Tagen gehören nicht zum Normalbetrieb einer Verwaltung“, so eine Sprecherin. „Dieser hohen Menge begegnen die Bezirksregierungen derzeit unter anderem mit zusätzlichen Wochenendschichten.“ Die Hälfte sei bereits bewilligt.
In der Künstlerszene besteht Unklarheit, ob der Topf nicht womöglich schon leer ist. Das Kulturministerium beruhigt: „Die bereits eingegangenen Anträge schöpfen die bislang zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro in absehbarer Zeit vollständig aus. Derzeit werden verschiedene Optionen diskutiert, wie es danach weitergeht. Fest steht: Freischaffende Künstler werden in jedem Falle auch künftig verlässliche Unterstützung durch das Land erhalten.“