Dortmund. / Düsseldorf. Versuchter Totschlag wird dem 18-Jährigen aus Castrop-Rauxel vorgeworfen. Er soll in der Düsseldorfer Altstadt zugestochen haben.

18 Jahre alt ist der Mann aus Castrop-Rauxel. Er ist laut Anklage dafür verantwortlich, dass ein 25-Jähriger bei einem Streit in der Düsseldorfer Altstadt fast verblutet wäre. Vor dem Dortmunder Landgericht muss er sich seit Donnerstag wegen versuchten Totschlags verantworten.

Verhandelt wird vor der 36. Dortmunder Jugendstrafkammer, weil gegen Jugendliche und Heranwachsende immer vor ihrem „Heimatgericht“ prozessiert wird. Und Castrop-Rauxel gehört zum Dortmunder Gerichtsbezirk.

Längste Theke der Welt

Die Tat vom 10. Juli vergangenen Jahres hatte überregional für Schlagzeilen gesorgt. Denn schon länger war die längste Theke der Welt in Verruf geraten, sich in die blutigste verwandelt zu haben. Das Partyvolk, das so gerne zum Feiern in die Altstadt fuhr, fürchtete mittlerweile um seine Sicherheit.

Ein Rückblick: Nach einer Reihe von gewalttätigen Auseinandersetzungen hatte Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) im Oktober 2021 ein neues Sicherheitskonzept vorgestellt. Nur zwei Tage später kam es am Rande der Altstadt erneut zu einer Schlägerei zwischen zwei Gruppen. Ein 19-Jähriger aus Bottrop wurde dabei von einer abgebrochenen Flasche so schwer verletzt, dass er wenige Tage später starb.

Todesfälle trotz Waffenverbot

Danach verwirklichten Stadt und Polizei das neue Konzept, außerdem galt die Altstadt jetzt als Waffenverbotszone. Todesfälle gab es weitere. Am 11. Juni 2022 erschlug ein 55-Jähriger einen 23-Jährigen mit einem eisernen Poller. Auch wenn der Tatort in der Altstadt lag, sah die Polizei darin kein typisches Altstadtdelikt.

Einen Monat später folgt die Tat, über die jetzt das Landgericht Dortmund zu verhandeln hat. Laut Anklage kam es am 10. Juli um 3:55 Uhr vor einem Club in der Bolkerstraße zu einer körperlichen Auseinandersetzung. Der 18-Jährige, begleitet von mehreren Freunden, soll dabei auf das spätere Opfer eingetreten haben.

"Ich mach' dich tot"

Der 25-Jährige sei zu Boden gegangen und habe sich hingesetzt. Der Angeklagte habe sich dadurch aber nicht bremsen lassen. Er soll sein Messer in die Hand genommen und die 14 Zentimeter lange Klinge ausgefahren haben. Er soll gerufen haben: „Ich schwöre, ich mach‘ dich tot.“

In der Anklage heißt es weiter, er habe auf den Oberschenkel des Mannes eingestochen und dabei dessen Vene verletzt. Aufgehört habe er nur, weil einer seiner Freunde und ein herbeigeeilter Kellner ihn zurückgezogen hätten. Danach soll er mit seinen Begleitern die Flucht ergriffen haben.

Opfer drohte zu verbluten

Beim Opfer bestand Lebensgefahr, es drohte zu verbluten. Sein Leben rettete die in der Altstadt eingesetzte Hundertschaft der Polizei, die sofort zur Stelle war und erste Hilfe leistete, bis der Notarzt eintraf. Ohne die danach erfolgte Notoperation wäre der 25-Jährige verblutet, sind sich die Mediziner sicher.

Der 18-Jährige aus Castrop-Rauxel und seine Freunde konnten von der Polizei ermittelt werden. Nur ihm wird das versuchte Tötungsdelikt vorgeworfen, er kam in Untersuchungshaft. Einen Monat nach der Tat. Dort saß er lediglich zwei Wochen, dann verschonte ihn das Dortmunder Amtsgericht vom weiteren Vollzug. Es sah keine Fluchtgefahr mehr, weil er eine Arbeitsstelle antrat und seinen syrischen Pass bei den Behörden hinterlegte.

Bislang keine Aussage

Bis heute meldete er sich regelmäßig bei der Polizei und erschien auch vor Gericht. Leise spricht er, sieht nicht aus wie ein Schläger. Deutsch spricht er fließend, Dolmetscher Joseph Khames sitzt nur zur Sicherheit neben ihm. Bislang hat der Angeklagte sich zu den Vorwürfen nicht geäußert, am Donnerstag ließ das Gericht nur die Anklage verlesen. Weitere vier Tage hat die Kammer angesetzt.

Zwar kommt es weiterhin zu Gewalttaten in der Altstadt, dennoch zeigt die Polizei sich mit dem Sicherheitskonzept zufrieden. Auch die Gerichte reagieren, verhängen Haftstrafen und bei Bewährung auch Altstadtverbote. Dennoch starb dort vor zwei Monaten ein 47-Jähriger, der vor einem Club von einem 23-Jährigen niedergeschlagen worden war.

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