Bochum/Hamm. . Eine Supermarkt-Praktikantin und eine überraschende Wendung: Nachdem sie ohne Gehalt über ein halbes Jahr in einer Bochumer Filiale gearbeitet hatte, klagte eine junge Frau auf mehrere Tausend Euro nachträglichen Lohn. Doch sie geht leer aus – trotz eines anderslautenden Gerichtsentscheids.

Acht Monate arbeitete die Praktikantin ohne Bezahlung bei einem Bochumer Supermarkt – und hoffte vergeblich auf einen Ausbildungsplatz.

Nachdem das Arbeitsgericht Bochum ihr im Frühjahr nachträglich einen Lohn von 17.281 Euro und 50 Cent zusprach, kassierte das Landesarbeitsgericht in Hamm am Freitag das Urteil. Die heute 20-Jährige geht leer aus. „Damit hatte keiner gerechnet“, sagt ihr Anwalt Martin Ackermann. „Ich denke, auch die Gegenseite nicht.“

Die Begründung: Das Praktikum war sozialversicherungspflichtig, die junge Frau bekam zudem eine Ausbildungsbeihilfe der Arbeitsagentur. Zwar sah das Hammer Gericht eine „zumindest teilweise verrichtete reguläre Arbeitstätigkeit“.

Immerhin wurde ja über 1728 Stunden und 15 Minuten „Arbeitszeit“ zu einem Stundenlohn von zehn Euro gestritten. Trotzdem sei „zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis begründet“ worden. „Die Beihilfe war allerdings auch dem Bochumer Gericht bekannt“, sagt Ackermann. „Die hätte meine Mandantin natürlich zurückzahlen müssen.“ Es handelte sich um rund 250 Euro im Monat.

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Das Landesarbeitsgericht ließ zwar keine Revision zu. Doch dagegen kann die junge Frau Beschwerde einlegen. Ackermann glaubt, dass sie sich auch dafür entscheiden wird. „Wir müssten dann begründen, dass der Fall eine grundsätzliche Bedeutung hat, was das Gericht nicht zu sehen scheint.“ Dabei gebe es kaum höchstrichterliche Urteile zu berufsvorbereitenden Praktika.

Weitere Praktikanten klagen

Inzwischen haben weitere Praktikanten der Filiale Ansprüche erhoben. Das Arbeitsgericht sprach einem knapp 6500 Euro Nachzahlung zu, doch auch er bezog Beihilfe, und sein Fall wird in Hamm landen.

Die Rewe Group wollte sich am Freitag nicht zur Gerichtsentscheidung äußern. Sie hatte sich nach dem ersten Urteil rasch von dem selbstständigen Marktbetreiber in Bochum getrennt. Dessen Anwalt sagte, es wäre eine nette Geste, wenn Rewe den Sachverhalt jetzt richtigstellen würde. Schließlich sei der Vertrag aus falschem Grund gekündigt worden. An eine Schadenersatzforderung sei aber nicht gedacht.

Die 20-Jährige übrigens hat seit September eine Ausbildungsstelle: in einem Gelsenkirchener Rewe-Markt. (AZ 1 Sa 664/14)