Essen. . Die jesidische Gemeinde in Deutschland zählt nach Angaben des Zentralrats rund 60 000 Menschen, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Jesiden halten sich für die älteste Ein-Gott-Religion der Welt. Aber bekehren wollen sie nicht.

Man muss nicht bei Adam und Eva anfangen, sondern weit davor, um die jesidische Identität zu verstehen. Die Jesiden selbst glauben, dass ihre Religion eine der ältesten der Welt ist, rund zweitausend Jahre älter als das Christentum und erst recht älter als der Islam. Es wäre tatsächlich die wohl älteste Ein-Gott-Religion der Welt. Belegbar ist das nicht, auch weil dieses Kurdenvolk aus dem Zweistromland seine Geschichten stets nur mündlich weitergegeben hat. Zwar spielen zwei heilige Bücher eine gewisse Rolle, aber ihr Ursprung und Stellenwert ist strittig.

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Die offizielle Geschichtsschreibung beginnt mit dem Reformer Sufi Sheik Adi ben Musafiz um 1150 herum. Schon der von ihm gegründete Jesiden-Orden wurde von islamischen Orthodoxen verfolgt – und die Fehde hält an.

Auch die Jesiden halten sich für das auserwählte Volk. Aber sie missionieren nicht. Im Gegenteil neigen sie zur Abschottung. Man kann nicht zum Jesidentum konvertieren, aber wer einen Nicht-Jesiden heiratet, wird ausgestoßen. Man wird also als Jeside geboren – und zwar in eine von drei Kasten. Auch hier gilt – ähnlich wie bei den Hindus – Heirat zwischen den Kasten ist tabu. Manch ältere Jesiden lehnen für ihre Kinder gar den Besuch öffentlicher Schulen ab.

Allerdings gibt es auch Modernisierungsbestrebungen. Der 81-jährige Tahsin Saied Beg ist der Mir, das weltliche Oberhaupt der Jesiden – ein erblicher Titel. Er lehnt Zwangsheirat ab und setzt sich für Bildung und Öffnung ein. Eigen ist den Jesiden, dass sie keinen Teufel fürchten. Denn gäbe es einen, wäre Gott nicht schwach?