Bochum. .
Das junge Bochum ist in Partylaune. Und seine Gäste aus ganz Europa ebenso. Über 200 000 Besucher bevölkerten an den beiden ersten Bochum-Total-Tagen die Innenstadt. Der größten Sorge sind Veranstalter und Ordnungsbehörden seit gestern Abend ledig: Rock- und Fußballfans feierten friedlich – erst neben-, dann miteinander.
Bochum Total und Public Viewing: zwei Großveranstaltungen, die viele tausend Besucher anlocken. Am Freitagabend kamen sich beide Ereignisse erstmals in die Quere. Über 100 000 Menschen säumten bei Europas größtem Musikfestival die Bochumer City. 12 000 Schwarz-Rot-Goldene fieberten mit der Nationalelf beim Public Viewing im Westpark. Klar war: Mehrere tausend Fußballfans werden nach dem Abpfiff in die nahe Innenstadt strömen, um bei Bochum Total weiterzufeiern. Ein Krisen-Szenario, das es so noch nie gab. „Eine Herausforderung“, sagt Polizeidirektor Ulrich Grzella.
Anlass für Veranstalter und Polizei, schon Wochen zuvor ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Maßgabe: die anrückenden Fußballfans über die Außenringe ins Bermuda-Dreieck zu leiten und so die Fluchtwege bei Bochum Total freizuhalten, wo am Abend mit Rockstah und MC Fitti zwei Hochkaräter auftraten. Der Plan ging auf: Die rund 8000 Fußballfans nahmen den Umweg klaglos hin. Bochum Total, wo es während des Viertelfinales so ruhig wie selten war, avancierte ab 21 Uhr zur rauschenden XXL-WM-Party.
Nichts wie hin: Der Umsonst & Draußen-Mix aus Live-Musik mit 100 Acts auf fünf Bühnen, Kunsthandwerk und ungezählten Verkaufs-, Getränken- und Imbissständen zieht seit Donnerstag die Massen an. „Geil, was ihr hier im Pott aufzieht!“, schwärmt Dennis Liek (28), der am Mittwoch aus Göttingen angereist ist und „nur eines im Sinn hat: Paaaaarty machen!“.
Nichts wie weg: Anwohnern in der Innenstadt ist nicht zum Feiern zumute. Nicht wenige treten während Bochum Total einen Kurzurlaub an. Senioren wie das Ehepaar Kramer (beide 74) trauen sich „seit Donnerstag nur noch vormittags vor die Tür“. Bewohner, Beschäftigte und Kunden rümpfen über Wildpinkler die Nase und müssen Umleitungen und Straßensperrungen erdulden. Inzwischen scheinen sie sich aber an die Schattenseiten des Festivals gewöhnt zu haben: Bei der Stadt und beim Veranstalter, der Agentur Cooltour mit BO-Total-Gründer Marcus Gloria, gehen kaum Beschwerden ein.
Das mag auch an der Disziplin der Besucher liegen. Polizei und Feuerwehr melden wie in den Vorjahren einen entspannten Verlauf. „Angesichts der Menschenmenge ist die Zahl der Einsätze sehr gering. Bis auf wenige Kleinigkeiten ist alles friedlich“, berichtet Polizeidirektor Grzella. Die Johanniter, die zum vierten Mal nach 2011 den Sanitätsdienst übernehmen, sind zwar mit 35 (meist ehrenamtlichen) Helfern vor Ort. „Obwohl gerade bei Jugendlichen eine Menge Alkohol im Spiel ist, passiert in der Regel aber nichts Bedrohliches“, so Einsatzleiter André Paudtke. Am Donnerstag mussten zehn Besucher versorgt werden. Diagnosen: Insektenstiche, verstauchte Knöchel, Trunkenheit. Die Freitag-Bilanz lag bis zum späten Abend noch nicht vor.
Heute geht Bochum Total in die dritte Runde. Zu den musikalischen Höhepunkten zählen der Auftritt von Jupiter Jones (20.45 Uhr, 1Live-Bühne) und die Johnny-Cash-Show (22.15 Uhr, Sparkassen-Bühne), mit der sich das Schauspielhaus nach nunmehr 28 Jahren erstmals an dem Festival in der eigenen Stadt beteiligt. Headliner am Sonntag auf der 1Live-Bühne ist Sänger und Songwriter Mark Forster (20.45 Uhr). Gleichzeitig rockt Riff-Röhre Pamela Falcon auf der Sparkassen-Bühne. An allen vier Tagen werden insgesamt mehr als 500 000 Besucher erwartet.