Ruhrgebiet. . Noch ist das Schwimmen in der Ruhr nicht erlaubt, aber das könnte sich bald ändern. Die Stadt Essen diskutiert, ob und wie man Badestellen am Fluss schaffen kann – und nimmt damit eine Vorreiterrolle ein. Andere Städte werden wohl bald folgen. Denn die Wasserqualität ist ganz okay - je nach Wetter.

Wo der Himmel über der Ruhr nun in einem so ausgesuchten Pfingstblau leuchtet, wäre doch auch ein Sprung in dieselbe ganz schön. Oder etwa nicht?

Momentan ist das Baden in der Ruhr kurz gesagt nirgends erlaubt (sieht man von einigen Plätzen an den Seen des Sauerlands ab). Es wird in den meisten Städten aber stillschweigend geduldet und ist nur selten explizit verboten wie etwa in Essen. Aber das könnte sich bald ändern. Die Diskussion, ob man an der Ruhr Badestellen einrichten soll, wird dort zurzeit heiß geführt. Und sie wird bald auch auf andere Städte überschwappen.

Denn spätestens nächsten Februar legt das dreijährige Forschungsprojekt „Sichere Ruhr“ seinen Abschlussbericht vor: Welche Plätze sind geeignet? Wie kann die Haftung geregelt werden? Was wollen die Bürger eigentlich? Der „Leitfaden“ fürs Baden in der Ruhr soll wegweisend sein auch für andere Flüsse in Deutschland. Und schon zuvor will das koordinierende Rheinisch-Westfälische Institut für Wasserforschung (IWW) mit den Anrainerstädten und anderen Organisationen eine „Interessengemeinschaft Baden in der Ruhr“ gründen, um das Projekt fortzuführen, erklärt Leiter Martin Strathmann.

Die Wasserqualität der Ruhr ist ausreichend

Soviel ist schon klar: Die Wasserqualität im Untersuchungsabschnitt zwischen Essen-Steele und Mülheim-Styrum – also auch im Baldeneysee – ist bei Sommerwetter ausreichend. Nur, wenn es heftig regnet, entsteht für ein, zwei Tage, ein, sagen wir, Durchfallrisiko. Dann werden Dünger von den Äckern, Schmocke aus Überlaufbecken und Keime aus der Kanalisation eingespült.

Um mehr Badetage garantieren zu können, müsste man etwa die Kläranlagen aufrüsten. In Kombination mit einem Warnsystem könnte die Ruhr dann die EU-Badegewässerrichtlinie erfüllen, die Grundlage, um Badeplätze auszuweisen. Die zu finden ist wohl das kleinste Problem; schließlich gab es schon mal einen Ruhrbadestrand in Mülheim oder ein Flussschwimmbad im Löwental von Essen-Werden, von den Stauseen ganz abgesehen.

Aber wie informiert man, ob gerade das Baden erlaubt ist oder nicht? Mit einem Ampelsystem? Nur übers Internet – oder auch per Bade-App? Und dann geht es weiter mit den lästigen Details: Wer sperrt das Gelände bei Schwimmverbot, wer sorgt für die Umkleiden, die Klos, die Aufsicht? Ohne die Bürger und Vereine wird es kaum zu stemmen sein.

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Doch der politische Wille, den Rahmen zu schaffen, formiert sich in Essen: Umweltdezernentin Simone Raskob sieht den Badefluss Ruhr als Referenzprojekt für die Bewerbung zur „Grünen Hauptstadt Europas“. Was an der Isar in München funktioniere, solle auch im Ruhrgebiet möglich sein. Der Chef des Stadtsportbundes, Wolfgang Rohrberg, ist ebenfalls begeistert: „Viele Bürger mögen das Schwimmen in der Natur, ich finde auch, dass dies ein großer Imagegewinn wäre.“ Bernd-Schmidt-Knop vom Stadtbetrieb „Grün und Gruga“ stimmt zu: „Hier haben alle das Potenzial erkannt.“

Klar ist aber auch, dass es Risiken gibt. Laut DLRG geschehen tödliche Unfälle in der Ruhr im Schnitt nur alle drei Jahre; doch allein im vergangenen Juli ertranken drei Menschen zwischen Essen und Wetter. Dort wurde der achtjährige Felix vor den Augen seiner Spielkameraden fortgerissen; sie versuchten noch, ihm ein Stück Holz zuzuwerfen.

Die örtliche SPD forderte darauf ein Badeverbot. Zurzeit ist das Baden eben nur „nicht erlaubt“; das Ordnungsamt kann zwar Bußgelder verhängen, aber bei einem Verbot müsste es wohl schärfer kontrollieren – und zumindest Schilder aufstellen. „Was werden Sie sagen, wenn wieder ein Mensch zu Tode kommt?“, fragte eine SPD-Ratsfrau. Und ein CDU-Mann antwortete: „99,99 Prozent der Bürger sind so vernünftig, in so einem Gewässer nicht schwimmen zu gehen. Die Übrigen tun es auch so.“ Vor rund zwei Wochen entschied sich Wetter gegen ein Badeverbot.