Kleve. .
Häftlinge sollten nicht mal daran denken. Keine Chance. Diese Gefängnisgitter sind tatsächlich Qualitätsarbeit. Jede Säge würde an ihnen irgendwann die Biege machen. Es sind Gitter der neueren Generation – besonders harter Spezialstahl, Manganhartstahl. „Ausbruchsicher“, sagt Anstaltsleiter Klaus-Dieter Schweinhagen. Was denn auch sonst, schwingt in seinem Tonfall mit. In der Justizvollzugsanstalt Kleve werden Gitter für Gefängnisse in Nordrhein-Westfalen produziert. Dass diese Arbeit ausgerechnet Häftlinge machen, finden nur andere bemerkenswert.
„Das ist eine Arbeit wie jede andere“, sagt der Häftling Michele (24). An einer Maschine schneidet er mit einem Kollegen die Rohre, die später in den Profilrahmen des Gitters kommen wie Sprossen einer Leiter. Michele ist gelernter Schlosser. Ein paar Stunden noch, dann ist Feierabend. Dann wird der junge Mann über den Hof in seine Zelle gehen. Wie so oft wird er zum Fenster gucken und die Gitter dahinter. Sein Blick wird an den Schweißnähten hängenbleiben, „gucken, ob die gut gemacht sind“. Sind sie, weiß er doch.
Schwedische Gardinen„made in Kleve“
Wie Michele gucken alle rund 200 Häftlinge in Kleve durch schwedische Gardinen „made in Kleve“ und kommen wohl nicht auf dumme Gedanken. Zuletzt hatte 2012 noch ein Häftling in der JVA Bochum ganz klassisch Gitter der alten Generation durchgesägt und sich dann auf dem Dachboden der Anstalt versteckt. Anschließend bekam Bochum Gitter aus Manganhartstahl.
Draußen auf dem Hof liegen Gitter für Werl, wo auch der Gladbecker Geiselgangster Dieter Degowski sitzt. In JVAs mit schweren Kalibern werden nach und nach die Gitter ausgetauscht, sagt der Sprecher des NRW-Justizministeriums, Peter Marchlewski. Die neuen werden seit 14 Jahren zentral in Kleve produziert. Schneiden, Stanzen, Richten, Löten. „Das Gitter ist von A bis Z Handarbeit“, sagt Schlosserei-Leiter Jörg Hebing.
Selbst der Finanzminister arbeitet an einem JVA-Schreibtisch
Der Hersteller des Stahls muss mit einem Prüfprotokoll die Qualität des Materials bescheinigen. Einmal im Jahr sägen die JVA-Bediensteten selbst, zur Qualitätsprüfung. Mit großer Säge, feiner Feile, an den Schweißnähten vielleicht? Hebing schweigt, Betriebsgeheimnis.
In NRW besteht für erwachsene Strafgefangene Arbeitspflicht, damit sie nach der Entlassung eine Chance auf einen Arbeitsplatz haben. Unter den Häftlingen sei die Arbeit in der Schlosserei gut angesehen, sagt Schweinhagen: „Das ist keine Arbeit, die in jeder Anstalt angeboten wird. Jeder ist heilfroh, wenn er so eine Arbeit bekommen hat.“ Schweinhagen spricht von „Sahnehäubchen“.
Das sich die Gefängnisse in NRW selbst versorgen, habe Tradition, sagt Ministeriumssprecher Marchlewski. Das Brot kommt weitgehend aus eigenen Bäckereien, einige Anstalten halten Tiere, bauen Gemüse an, produzieren für die Knastläden. Bei 37 JVAs komme ein rundes Angebot zusammen, eben auch Tür- und Fenstergitter. Die ganze Justiz in NRW arbeite an Schreibtischen aus JVA-Werkstätten, auch Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). In Kleve selbst wurden früher Millionen vion Leberwurstdosen produziert und etikettiert. Heute gibt es dafür eine Maschine.
In der Justizvollzugsanstalt Siegburg nähen die Häftlinge übrigens: Richterroben.