Essen. . Die letzte Unterrichts- wird für Schüler zur Mottowoche. Die angehenden Abiturienten verkleiden sich jeden Tag in anderen Kostümen und feiern. In den vergangenen Jahren gab es dabei bereits Probleme. Und in Köln warnen Rektoren schon vor einem “Krieg der Schulen“.

In Essen trägt die Burggymnasiastin Paula alias Pippi Zöpfe und einen Affen im Arm, an Mülheims Luisenschule tragen die Mädchen Strapse zum BH. Ja, gehen die denn so zum Unterricht? Nur in der allerletzten Woche vor dem Abitur: Seit Montag ist „Mottowoche“, man geht verkleidet in die Klasse oder auch gar nicht. „Manche“, gesteht die 17-jährige Leonie nach dem ersten Tag zum Thema „Nutten und Zuhälter“, „haben’s etwas übertrieben.“

Das genau war in den vergangenen Jahren zuweilen das Problem: Weil angehende Abiturienten nicht nur alberten und feierten, sondern soffen und marodierten, wurde die Mottowoche in einigen Städten eingeschränkt.

Schulen strichen besagten Rotlicht- oder den „Asi“-Tag. In Hattingen bekamen Schüler 2013 Hausverbot, nachdem sie Unbeteiligten mit Spielzeugwaffen gedroht hatten, im Rheinland verhängte ein Gericht eine Geldstrafe gegen eine Abiturientin, die das Auto ihrer Lehrerin mit Speiseöl „verziert“ hatte.

In Essen wurde die Mottowoche auf drei Tage geschrumpft

Nach Autokorsos und Trinkgelagen beschlossen Essens Schulleiter, „dass die Motto-Tage in ihrer bisherigen Form verboten sind“, so Elmar Prinz, Sprecher der Direktorenkonferenz. Damit folgten die Lehrer auch einer Empfehlung der Bezirksregierung Düsseldorf. „Die Abiturienten sollen ihren Spaß haben“, sagt Felicitas Schönau, „aber in bestimmten Grenzen.“ An ihrem Gymnasium in Essen wurde die Mottowoche auf drei Tage geschrumpft, Alkohol und Stören des Unterrichts sind untersagt, ebenso diskriminierende Verkleidungen.

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Deshalb auch stehen sie an diesem Montag vor dem Burggymnasium als „Helden der Kindheit“: Robert als Justus Jonas aus den „Drei Fragezeichen“, Marlena als Harry-Potter-Freundin Hermine, Paula als Pippi. Drinnen pauken sie Englisch, draußen machen sie blau. „Es wird uns hoffentlich keiner verübeln“, hofft Robert. Er lacht, aber Paula ist auch ein bisschen „melancholisch“: „Schon ein komisches Gefühl, dass wir unsere letzte Schulwoche haben.“

Am Freitag wird sie mit der Erteilung der Zulassungen (hoffentlich) enden, bis dahin sind die Burggymnasiasten Mafiosi und Piloten, in Rüttenscheid Hasen und Märchenfiguren. An Iserlohns Gymnasium an der Stenner wird es Disneyhelden geben, lauter Mädchen als Dalmatiner. An Velberts Nikolaus-Ehlen-Gymnasium gingen Abiturienten in sowjetischen Armeeuniformen „Back in time“.

Erstaunlich gebeugte Jugendliche in erstaunlich unmodernen Kleidern

An Wittens Albert-Martmöller-Gymnasium wurden für den „1. Schultag“ alte Schultüten und Tornister entstaubt; für das Thema „Knackige Rentner“ ziehen erstaunlich gebeugte Jugendliche erstaunlich unmoderne Kleider an. Hippies, Zombies, der Renner aber bleiben die Kindheitshelden: Mülheims Luisenschule wird Teletubbies, Schlümpfe, Super-Marios sehen, Witten Asterix und Obelix.

Abi-Mottotag am Gymnasium Altlünen

Helden der Kindheit bestimmten am ersten Tag der Mottowoche am Gymnasium Lünen-Altlünen das Bild. Auf dem Schulgelände tummelte sich Pippi Langstrumpf in trauter Einigkeit mit Spiderman, dem Baumeister Bob und Pokemon.
Helden der Kindheit bestimmten am ersten Tag der Mottowoche am Gymnasium Lünen-Altlünen das Bild. Auf dem Schulgelände tummelte sich Pippi Langstrumpf in trauter Einigkeit mit Spiderman, dem Baumeister Bob und Pokemon. © Günther Goldstein
Disney-Prinzessinen sind ein Dauer-Renner.
Disney-Prinzessinen sind ein Dauer-Renner. © Günther Goldstein
Pippi Langstrumpf war gleich mehrfach anzutreffen.
Pippi Langstrumpf war gleich mehrfach anzutreffen. © Günther Goldstein
Die Drei Fragezeichen sind immer noch beliebt.
Die Drei Fragezeichen sind immer noch beliebt. © Günther Goldstein
Catwoman trifft auf Disney-Feen.
Catwoman trifft auf Disney-Feen. © Günther Goldstein
Auch japanische Animes wie die Serie One Piece erfreuen sich bei jungen Menschen großer Beliebtheit.
Auch japanische Animes wie die Serie One Piece erfreuen sich bei jungen Menschen großer Beliebtheit. © Günther Goldstein
Helden der Kindheit bestimmten am ersten Tag der Mottowoche am Gymnasium Lünen-Altlünen das Bild. Auf dem Schulgelände tummelte sich Pippi Langstrumpf in trauter Einigkeit mit Spiderman, dem Baumeister Bob und Pokemon.
Helden der Kindheit bestimmten am ersten Tag der Mottowoche am Gymnasium Lünen-Altlünen das Bild. Auf dem Schulgelände tummelte sich Pippi Langstrumpf in trauter Einigkeit mit Spiderman, dem Baumeister Bob und Pokemon. © Günther Goldstein
Immer mit dabei: Superhelden.
Immer mit dabei: Superhelden. © Günther Goldstein
Kindheitshelden sind manchmal auch martialisch bewaffnet.
Kindheitshelden sind manchmal auch martialisch bewaffnet. © Günther Goldstein
Die dreifache Bibi Blocksberg.
Die dreifache Bibi Blocksberg. © Günther Goldstein
Helden der frühen Kindheit aus der Sesamstraße.
Helden der frühen Kindheit aus der Sesamstraße. © Günther Goldstein
Helden der Kindheit bestimmten am ersten Tag der Mottowoche am Gymnasium Lünen-Altlünen das Bild. Auf dem Schulgelände tummelte sich Pippi Langstrumpf in trauter Einigkeit mit Spiderman, dem Baumeister Bob und Pokemon.
Helden der Kindheit bestimmten am ersten Tag der Mottowoche am Gymnasium Lünen-Altlünen das Bild. Auf dem Schulgelände tummelte sich Pippi Langstrumpf in trauter Einigkeit mit Spiderman, dem Baumeister Bob und Pokemon. © Günther Goldstein
Drei der vier Teletubbies.
Drei der vier Teletubbies. © Günther Goldstein
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Was am Freitag in einem lustigen „Chaostag“ gipfeln soll, ist in Köln indes schon jetzt in „Chaostage“ umgeschlagen. Von einem „Krieg der Schulen“ spricht Anni Schulz-Krause. Die Rektorin des Schiller-Gymnasiums hat Anzeige erstattet, nachdem Unbekannte nachts mehrere Schulen mit Transparenten verunstaltet hatten. Beleidigungen standen darauf, die Schulz-Krause nicht wiederholen möchte. „Die waren unterste Schublade.“

Hinter dem Vandalismus könnte das „Kölsch Kraat Kommando“ stehen, eine Gruppe von Schülern, die Videos mit Vermummten und Pyrotechnik ins Netz stellen. „Ausgesprochen bedrohlich“, findet Schulz-Krause.

In Köln flogen 2013 Bengalos

2013 war die Situation in Köln eskaliert, als Abiturienten nach einer Feier Bengalos auf Polizisten warfen. Die Rektorin glaubt: Manchen Abiturienten fehle „das Bewusstsein, dass man sich in der Öffentlichkeit nicht um jeden Preis und ohne Rücksicht auf andere ausleben darf“.

Die Abiturienten im Ruhrgebiet sind da friedlicher, noch: Schulen in Oberhausen und Essen erinnerten an das Alkoholverbot, legten Prüfungsfächer in den Vormittag. Nicht nur am Burggymnasium Essen begann die Mottowoche ruhig. „Wir haben einen Gettoblaster mitgebracht“, sagt Pippie-Paula, „und ein bisschen Stimmung gemacht.“ Was ab heute kommt? „Es wird noch viel besser werden.“