Düsseldorf/Erkrath/Goch. . Zwei Tote, drei Schwerverletzte, mehrere leicht verletzte Menschen: Ein 48-Jähriger hat die Bluttaten in Düsseldorf und Goch gestanden. Überwältigt wurde der Mann, nach dem ein Großaufgebot von Polizisten stundenlange gesucht hatte, von zwei jungen Frauen, die sich auf den Angreifer warfen.
Er beging das Verbrechen zweimal: tötete in zwei Anwaltskanzleien in Düsseldorf und Erkrath, legte Feuer. Während ein Großaufgebot der Polizei nach dem 48-Jährigen fahndete, stoppten zwei verletzte junge Frauen den mutmaßlichen Doppelmörder von Düsseldorf und Erkrath ihn in einer Pizzeria in Goch.
Mit einem sehr großen Messer habe der Asiate die beiden jungen Frauen verletzt, berichten Zeugen. Eine im Gesicht, die andere bekommt einen Schnitt in den Rücken. Dennoch wehren sich die Töchter einer Pizzeriabetreiberin in Goch. Der mutmaßliche Doppelmörder von Düsseldorf und Erkrath, der Mann, das am Freitag das halbe Rheinland in Angst und Schrecken versetzt – sie kennen den Mann. Er hat mal hier gearbeitet vor Jahren, bei „Pizza Boyz“ auf der Mühlenstraße.
Gegen 16 Uhr stürmt er das Restaurant, die jungen Nachbarinnen Vanessa und Nicole hören einen Schuss, Vanessa sieht, wie er die Chefin schlägt. Die flüchtet, der Angreifer nimmt sich nun die Töchter vor, packt ein Messer, sticht zu. „Wir hörten Schreie“, sagen Vanessa und Nicole.
Zwei Frauen Mitte 20 warfen sich auf den Angreifer
Der Adrenalinschub verschaffte den Angegriffenen Kräfte. Zwei Frauen Mitte 20 überwältigten den Kampfsportler. Die eine schmeißt sich mit einem großen Mülleimer auf seinen Körper, hält mit den Händen seinen Kopf auf den Boden gepresst. Die andere drückt seine Hand, in der er noch das Messer klammert, an den Fußboden. Zwei junge Männer eilen von der Straße, halten den Amokläufer. So lange, bis die Polizei kommt.
So schildern es Vanessa und Nicole. Die Spuren der Tat sind noch zu sehen. Blutlachen am Boden. Blut ist auch über die Buchstaben „Salate“ an der Eingangstür geflossen. Ein Stehtisch zwischen rot-glänzenden Sitzbänken: umgekippt. Der völlig zerbeulte graue Mülleimer aus Metall und Plastik liegt zwischen Glasscherben. Die Polizei hat die Tür versiegelt.
„Ich kriege keine Luft“, soll der Mann unterm Mülleimer gekeucht haben. „Aber das machte mir nichts aus“, sagt Gisela Hemmers. Auch die ältere Dame ist Nachbarin, war gerade mit ihrem Mann aus der Haustür getreten, als der Täter angriff. „Wir machten, dass wir weg kamen. Wir Hömmels mit unserem Rollator“, sagt sie.
Stundenlang hatten Spezialkommandos nach dem Täter gesucht
Stundenlang hatten Spezialkommandos zuvor nach dem Amokläufer gesucht. An der Automeile in Düsseldorf hat er zuerst zugeschlagen am Vormittag. Gespenstisch still ist kurz darauf im Höherweg. Man hört die Flatterbänder im Wind. Polizisten und Feuerwehrleute stehen vor dem schmutzig-orangen Gebäude des ADAC und zeigen hinauf zum dritten Stock, wo eine Anwaltskanzlei ihre Büros hat. Man sieht Brandspuren. Da plötzlich rast eine Kolonne von Polizeiwagen wieder los.
Denn da ist in Erkrath das gleiche Verbrechen nochmal passiert.
Und wieder brennt es, das gleiche Schema
Erst, gegen halb zwölf am Vormittag: der tödliche Messerangriff in der Anwaltskanzlei in Düsseldorf mit einer toten Frau und zwei Verletzten; jetzt, eine Stunde später: dasselbe, zwölf Kilometer entfernt. Wieder ist eine Frau tot, eine Rechtsanwaltsgehilfin, und ein Anwalt ist lebensgefährlich verletzt. Und wieder brennt es.
Erkrath-Unterfeldhaus, ganz nah am Autobahnkreuz Hilden. Am Millrather Weg liegt eine dieser Siedlungen der 1970er-Jahre, ein unübersichtlicher Komplex aus Fünf-, Sechs-, Achtstöckern, unten der Bäcker, der Friseur, das Reisebüro, der Kindergarten. „Ich kam gerade die Straße runter, da ist aus dem vierten Stock richtig Feuer rausexplodiert“, sagt ein Nachbar. Seine Handy-Fotos zeigen dicken schwarzen Rauch. Bestimmt eine halbe Stunde habe es gebrannt: „Später hat die Polizei einen Mann in einem Rollstuhl rausgebracht.“
Ist der Täter noch hier, in diesem verschachtelten Komplex? Mit welchen Waffen, welchen Sprengmitteln eventuell? Hunderte Polizisten und Spezialeinsatzkräfte sind jetzt im Einsatz, ein Beamter sagt: „Wir haben aus dem ganzen Land alles zusammengekratzt.“ Es gilt die höchste Alarmstufe, die NRW kennt: Wenn der Täter nicht hier ist, dann kann er, weiß Gott, überall sein.
Scharfschützen sichern Erkrath von den Dächern ab
Wenigstens ist seine Identität jetzt bekannt: Yanking T., 48, gebürtiger Chinese, hatte Beziehungen zu beiden Kanzleien – und zwar problematische. In Düsseldorf beginnt die Polizei, seine Wohnung zu observieren, den Arbeitsplatz und die Kita eines seiner Kinder – ohne Erfolg. Hier in Erkrath aber beziehen Scharfschützen Position auf Dächern, und Hubschrauber kreisen am Himmel: „Wir haben offenbar einen Amokläufer unterwegs, da muss man mit allem rechnen,“, sagt Peter Elke von der Essener Polizei.
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Die Polizei versichert, dass es den beiden jungen Frauen gut gehe, die Yanking T. zum Glück nur leicht verletzte. „Ich wünsche ihnen gute Besserung und hoffe, dass nicht Narben bleiben“, sagt Vanessa, die als erste auf Facebook die Tat beschrieben hat. Zwar ist im Polizeibericht nachzulesen, Polizisten hätten den Täter überwältigt. Doch das mag formell gemeint sein. Den geschilderten Hergang will die Polizei weder bestätigen noch dementieren. Für ihre Nachbarn aber sind die „Mädels“ jetzt schon Heldinnen.
Zwei Tote bei Bluttaten in Kanzleien
