Bad Münstereifel. . In diesem Sommer soll in Bad Münstereifel ein großes Outlet-Center öffnen. Einmalig in Deutschland: Der Fabrikverkauf findet nicht auf der grünen Wiese statt, sondern in bestehender historischer Bausubstanz. Drei Investoren haben 30 Häuser in der Fußgängerzone gekauft und wollen nun die große Welt der Mode ins kleine Eifelörtchen holen. Nicht jeder findet das gut.
Heino ist schon weg. Ist mit seinem Café umgezogen ins Kurhaus auf den Berg, weil sein Mietvertrag nicht mehr verlängert wurde in der Altstadt von Bad Münstereifel. Ausgerechnet Heino, der früher ganze Busladungen von Touristen in das Städtchen lockte.
Weil er zu Kaffee und Kuchen gerne auch mal deutsches Liedgut zum Besten gab. „Ja“, sagen die ehemaligen Nachbarn, „jetzt nichts gegen Heino, aber das ist Vergangenheit.“ Die Stadt aber muss an die Zukunft denken. Und die heißt ab August dieses Jahres „City Outlet“.
Esprit, Bugatti und Pierre Cardin sind im Gespräch
Einer dieser Verkaufstempel für Kleidung, Accessoires und Schuhe also, in denen teure Marken billiger zu haben sind. Wie in Roermond oder in Ochtrup, aber mit einer bundesweit einzigartigen Besonderheit. Nicht auf der grünen Wiese eröffnen die Läden, sondern in bestehender Bausubstanz – historischer noch dazu.
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Nike und Tom Tailor sind im Gespräch, Esprit, Bugatti oder Pierre Cardin auch. Bestätigt ist noch keine Marke, für viele im Städtchen ist das Center dennoch „eine große Chance“. Für einige wenige aber auch „ein unkalkulierbares Wagnis“.
Die Füße treten auf gepflegtes Kopfsteinpflaster, das Auge blickt auf mittelalterliches Bauwerk. Dutzende Fachwerkhäuser, eine Wassermühle aus dem 12. Jahrhundert, ein Rathaus das kaum jünger ist.
Alles umschlossen von einer restaurierten Stadtmauer mit Toren, Türmen, Wehrgang und durchtrennt von der Erft, die sanft mitten durch den Ortskern fließt. Aber die Idylle trügt. So schön die Stadt ist, so pleite ist sie auch. Verschuldet bis an die Zinnen der Burg. „Seit Jahren“, bestätigt Bürgermeister Alexander Büttner (CDU), „befinden wir uns in einer ständigen Abwärtsspirale.“
Bad Münstereifel soll wiederbelebt werden
„Stimmt“, sagt Fred Hannes, der vor seinem Geschäft für „Ambiente und Wohnart“ in der Fußgängerzone gerade frische Ware auspackt. Und wie alle im Ort, weiß er auch warum: „Gucken Sie sich doch mal um. Ist doch nichts los hier.“ Büttner nickt, spricht von einer „desolaten Grundfrequenz“ an Kunden von montags bis freitags. „Seit die Krankenkassen kaum noch Kuren gewähren, ist die Zahl der Besucher drastisch zurückgegangen.“ Erst gingen die Gäste, dann die ersten Geschäfte. „Hier haben immer mehr Häuser leer gestanden.“
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Georg Cruse (49), Marc Brucherseifer (51) und Rainer Harzheim (49), drei Investoren aus der Region, haben sie aufgekauft. Um die 30 Gebäude sind es bisher, gut 12.000 von den 15.000 Quadratmetern der Innenstadt.
Handwerker haben sie dann geschickt, haben renoviert, oft gleich grundsaniert und ein wenig umgebaut. Was angesichts des Denkmalschutzes, unter dem die ganze Innenstadt steht, manchmal nicht ganz einfach war. „Da sind keine Kompromisse gemacht worden“, versichert Büttner.
Bürgerinitiative gegen das Outlet-Center chancenlos
Ansonsten ist das Investoren-Trio mit offenen Armen empfangen worden. Im Rathaus und bei den Geschäftsleuten, die nicht aufgegeben haben bisher. „Ich habe mir schon mal einen Porsche bestellt“, sagt Hans Jansen, Betreiber eines Cafés und eines Schreibwarenladens in der City. Das ist als Scherz gemeint, sagt aber viel aus über die Hoffnung der Einwohner.
Und es erklärt, warum die Bürgerinitiative, die sich gegen das Outlet-Center gegründet hat, so chancenlos war, wie ein Fußball-Kreisligist gegen den FC Bayern München. „Zugezogene mit zu viel Zeit, die um ihre Idylle fürchteten“, nennt sie ein Ladenbetreiber und fragt: „Muss ich mehr sagen?“
Logisch, dass ein Bürgerbegehren scheitern musste. „Das Center können wir natürlich nicht mehr verhindern“, macht sich Ralf Pannen von der IG-Stadtentwicklung keine Illusionen, mahnt aber Alternativen an. „Wir müssen parallel planen, auch den sanften Tourismus in der Region fördern, falls das mit dem Outlet schief geht.“
Einen Plan B hat die Stadt nicht
Doch davon wollen sie im Rathaus nichts wissen. „Eine einmalige Gelegenheit“, nennt Büttner das geplante Center, das rund 600 neue Arbeitsplätze schaffen soll. Dann weist er aufs Einzugsgebiet hin. 40 Minuten von Köln, nicht viel länger von Düsseldorf „Und aus dem Ruhrgebiet ist das ja auch keine Weltreise.“ Müsste jedenfalls reichen für die anvisierte Million Kunden, die die Investoren erwarten. Es muss reichen. „Wir haben“, gesteht Büttner, „keinen Plan B.“
Den erwartet aber offenbar auch kaum jemand in der Stadt. „Was soll schon passieren“, fragt Fred Hannes. „Im schlimmsten Fall haben wir eine renovierte Altstadt und ein paar neue Parkplätze.“ Und Heino sitzt ja auch noch oben auf dem Berg.