Die Sozialpädagogin Dorota Sahle arbeitet seit 1996 für den Landessportbund NRW an Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt in Sportvereinen. Sie fordert eine „Kultur der Aufmerksamkeit“. Florian Bickmeyer sprach mit ihr.
Frau Sahle, der Unabhängige Missbrauchsbeauftragte lobt Ihre Arbeit. Aber seine und auch unsere Umfrage zeigen, dass die Problematik bei der großen Mehrzahl der Sportvereine noch nicht angekommen ist. Warum nicht?
Dorota Sahle: Bei mehr als 20 000 Vereinen dauert es natürlich, bis wir mit unseren Themen über die Stadtsport- und Kreissportbünde sowie Fachverbände alle erreichen können. Wir führen im Jahr mehr als hundert Veranstaltungen zur Aufklärung und Beratung durch. Die Vereine können uns auch direkt ansprechen. Viele Vereine haben die Sorge, sich einem Generalverdacht auszusetzen, wenn sie sich mit sexualisierter Gewalt befassen. Eltern nehmen das aber als fortschrittlich wahr, wenn sie beim Umgang mit diesem Thema sehen: Da ist mein Kind in guten Händen.
Was ist nötig, um die Vereine besser zu erreichen?
Sahle: Wir entwickeln zurzeit einen Handlungsleitfaden für unsere Fachverbände und gezielt für ihre Sportarten. Die Übungsleiter, die wir fortbilden, lassen wir den Ehrenkodex unterschreiben. Mittlerweile werden die Vereine auch über die Jugendämter erreicht. Sie sollen über den Handlungsleitfaden erfahren, was sie tun können.
Oft sorgt für Unverständnis, dass Trainer und Betreuer ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen sollen. Was entgegnen Sie?
Sahle: Wir haben das schon sehr früh empfohlen, weil es ein anerkanntes Mittel zur Prävention ist. So werden zumindest die Personen ausgegrenzt, die einschlägig vorbestraft sind. Täter suchen sich ihr Umfeld oft gezielt aus – dessen muss man sich bewusst sein.