Köln. Der Einsturz des Archivs in Köln ist bekanntermaßen nicht das einzige bauliche Problem, das auf den U-Bahn-Bau zurückgehen soll. Nun haben die Verkehrsbetriebe mitgeteilt, während der siebenjährigen Bauzeit der umstrittenen Verbindung seien bereits 300 bis 400 Gebäudeschäden gemeldet worden.

Während der sieben Jahre, die schon an der Kölner Nord-Süd-Stadt-Bahn gebaut wird, wurden bereits zwischen 300 und 400 Gebäudeschäden gemeldet, teilten die Kölner Verkehrsbetriebe (KVR) mit. Dabei habe es sich vorwiegend um Risse und Setzungen gehandelt. Als Konsequenz aus dem Unglück sollen jetzt rund 500 Gebäude entlang der U-Bahn-Trasse von unabhängigen Gutachtern auf Schäden untersucht werden, teilte KVB-Vorstand Walter Reinarz mit.

Für einen generellen Baustopp sehen die Verkehrsbetriebe derweil keinen Anlass. Reinarz verwies darauf, dass die Baustellen engmaschig überwacht würden. Zudem ruhten Arbeiten, die nicht vordringlich der Sicherheit des Bauvorhabens dienten. Der U-Bahn-Bau gilt als wahrscheinliche Ursache für den Gebäudeeinsturz in der Kölner Südstadt.

Noch keine Spur vom zweiten Vermissten

Eine Woche nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs und zweier benachbarter Wohnhäuser ist das Schicksal des zweiten Vermissten noch ungeklärt. Immer wieder mussten die Sucharbeiten unterbrochen werden, da die Sicherheit der Retter durch instabile Gebäudeteile an der Unglücksstelle gefährdet ist. Konkrete Anhaltspunkte, wo inmitten der Trümmer der 24-jährige Designstudent zu finden sein könnte, habe man derzeit nicht, sagte ein Feuerwehrsprecher am Dienstag. Man werde den Vermissten suchen, bis man ihn gefunden habe.

Feuerwehrmänner suchen weiterhin nach dem zweiten in den Trümmern Vermissten. Foto: ap
Feuerwehrmänner suchen weiterhin nach dem zweiten in den Trümmern Vermissten. Foto: ap © AP | AP





Die Suche sollte auch in der Nacht zu Mittwoch unvermindert fortgesetzt werden. Die Chance, den Vermissten lebend zu finden, sei gleich null, hieß es. Die eingesetzten Leichenspürhunde haben seit dem Wochenende nicht mehr angeschlagen. Ein ebenfalls bei dem Unglück verschütteter 17-Jähriger war am Sonntag tot geborgen worden.

1.700 Tonnen Schutt abtransportiert

Am Dienstagabend wollte die Feuerwehr mit dem kontrollierten Abbruch des stark beschädigten Wohnhauses Severinstraße 232 beginnen. Das Gebäude sei mit seiner inzwischen freigelegten Giebelwand nicht mehr vollständig standsicher und werde nun vollständig abgerissen, auch um einen schnelleren Abtransport des Schutts zu ermöglichen. Für die angrenzenden, weitgehend intakten Häuser bestehe durch den Abriss keine Gefahr. Inzwischen wurden von der Unglücksstelle 1700 Tonnen Schutt abtransportiert.

Bereits am Montag konnten die früheren Bewohner der Severinstraße 232 mit Hilfe der Feuerwehr ihr Eigentum aus dem Gebäude holen. Die Wohnungen wurden dabei komplett geräumt.

Den Angaben zufolge musste kurzzeitig auch ein Teil des provisorischen Daches wieder abgebaut werden, das über dem Trümmerkegel errichtet wurde, um den Archivbestand vor Regen zu schützen. Dies sei erforderlich gewesen, weil die Tragfähigkeit einer Wand, auf der das Dach auflag, fraglich war.

Halle für das Archivgut gemietet

Die Archivverwaltungen des Bundes und der Länder erklärten unterdessen ihre «solidarische Hilfe» für das Kölner Stadtarchiv. Die Landesregierung stellt 300 000 Euro für Soforthilfe zur Verfügung.

Zu den zuletzt gesicherten Kulturgütern gehören unter anderem Akten der ehemaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer und Ernst Schwering. Ob das Zeitungsarchiv der Kölner Zeitungen vollständig verloren ist, ist derzeit noch unklar. Für eine längere Lagerung des Archivguts hat die Stadt Köln eine Halle gemietet.

Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) berief den Vizevorsitzenden der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland, Peter von Blomberg, zum Ombudsmann für die Opfer des Gebäudeeinsturzes. Seine Aufgabe sei es, die durch Bauschäden oder Wohnungsverlust geschädigten Personen mit dem Ziel einer raschen und unbürokratischen Schadensabwicklung zu unterstützen. (ddp)


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