Ruhrgebiet. .

Von außen ist es eigentlich nur ein, sagen wir, schmuckfreies 60er-Jahre-Bürohaus, aber ein neues und sehr großes Plakat deutet wenigstens darauf, dass die Dinge sich ändern. „Himmlische Düfte und Höllengestank“ kündigt dieses Plakat an; dass zehn Meter weiter die Bogestra für ein „Schnupperabo“ wirbt, das ist gewiss nur Zufall.

Tatsächlich aber wird das Haus innen gerade gefeiert und lobpreiset. Renoviert, saniert und gehoben ausgestattet, bietet es der Ruhr-Uni Bochum im Jahr des doppelten Jahrgangs ein wenig zusätzlichen Platz. Aber seine Bedeutung ist noch eine andere: Die Hochschule ist erstmals in der Innenstadt vertreten. „Dies ist für alle Bürger der neue Eingang in die Uni“, sagt Rektor Elmar Weiler. Nach 48 Jahren. Draußen in der Randlage. Spötter sagten: Dass Bochum eine Uni hat, sieht man nur an der „Universitätsstraße“, die am Hauptbahnhof beginnt. Doch jetzt wird es mitten in der Stadt Übungen geben, Konferenzen; Studienberatung über dem Eis-Café, einen Uni-Laden neben einem Uhrengeschäft. Und populäre öffentliche Vorträge, um die Leute auf den wissenschaftlichen Geschmack zu bringen: „Warum das Schnitzel nicht schmeckt, wenn wir Schnupfen haben“ ist etwa so ein Thema demnächst.

Noch an zwei weiteren Stellen der Innenstadt ist die Uni gelandet beim Absprung aus dem Elfenbeinturm. Es ist ein Ansatz, ein Anfang: Denn die großen Universitäten des Ruhrgebiets sind bisher alle draußen vor der Stadt. Während Hochschulen in alten Uni-Städten historisch und harmonisch in die Stadtlandschaften hineinwuchsen, mussten die erst in den 1960er- und 70er-Jahren gebauten Uni-Gebäude im Ruhrgebiet an die Ränder ausweichen. Es gab schlicht keine andere Möglichkeit, platzraubende Lehr- und Forschungsbauten zu pflanzen. Sie kamen auf mehr oder weniger grüne Wiese oder auf Brachen außerhalb der Citys.

Die Folge: Studentisches Leben ist in den Innenstädten praktisch nicht zu sehen. Das Bermuda-Dreieck in Bochum, okay. Ein bisschen in den Vierteln der Dortmunder Nordstadt, die wegen ihrer moderaten Mieten und zahlreichen Kneipen beliebt sind. Doch wer etwa in Essen aus dem Hauptbahnhof tritt, wird zwar herzlich begrüßt: „Essen, die Einkaufsstadt“ steht da in großen Lettern. Dann aber folgt weit und breit kein ähnlich stolzer Hinweis auf die Hochschulen der Stadt. Wer die Universität sucht, muss schon vorher wissen, dass es in dieser Stadt eine gibt, und sich ihre Lage aus dem Stadtplan oder Smartphone klauben.

Gewollt und nicht gewachsen

In Duisburg vermitteln die Türme, „Keksdosen“ genannt, auch wenig städtebauliche Gemütlichkeit. Studentisches Leben spielt sich fast ausschließlich auf dem Campus ab, verdünnt sich aber in den Stadtvierteln fast bis zur Unkenntlichkeit. Und das bei 45 000 Leuten – die meisten Ruhrgebietsstädte haben weniger Einwohner, als diese eine Uni Duisburg/Essen Studenten und Mitarbeiter hat.

Auch die Technische Universität Dortmund wurde ausgesetzt, an den weit westlichen Rand der Stadt. Dort führt sie ein Eigenleben, ist auf zwei Standorte verteilt, Nord und Süd, verbunden mit einer automatischen Hochbahn. Was wäre schon gewonnen, wenn diese Bahn bis zum Hauptbahnhof durchfahren könnte! So aber bleibt die City weit weg, und wer hier in Uni-Nähe wohnen will, muss es beschaulich mögen.

Dabei bemühen die Hochschulen sich ja. Laden ein zu Sommerfesten. Veranstalten Kinderunis. Ihre Spitzen sind, natürlich, gut vernetzt mit den führenden Leuten in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Aber das ist halt alles: gewollt und nicht gewachsen.

Mit „Blue Square“ aber soll etwas wachsen, diesem neuen Stadthaus der Ruhr-Uni. Sie eröffnen es am Montag ebenso wie „Himmlische Düfte und Höllengestank“. Doch irrt, wer glaubt, hier sei die Abteilung für Chemie am Werk. „Himmlische Düfte und Höllengestank“ ist eine Geruchsausstellung mit vielen praktischen Proben. Irgendwie ganz passend zu dem Versuch, dass Uni und Stadt sich näher beschnuppern.