Gelsenkirchen. . Auf Schalke muss die Polizei draußen bleiben. Fünf Tage vor dem nächsten Heimspiel steht die Frage nach der Stadionsicherheit im Raum. Von vielen Seiten ist heftige Kritik an der Entscheidung von Innenminister Ralf Jäger zu hören. Doch wer ist jetzt am Zug: der Fußballclub oder die Landesregierung?

Die Horrorszenarien sind ja längst entworfen: Was, wenn Mittwoch gegen Bukarest oder Samstag gegen Bayern in der Schalker Arena ein bengalisches Feuer brennt? Was, wenn es jemanden verletzte, was, wenn eine Panik entstünde – und dann muss man die Polizei erst rufen???

„Sie kann dann mit der Situation nicht mehr vernünftig umgehen“, meint der Bochumer Professor für Polizeiwissenschaft Thomas Feltes, und sagt damit noch einen der sachlichsten Sätze in der Diskussion. Wobei der Verein gar nicht mehr diskutiert, jedenfalls nicht öffentlich.

Einzig Vorstand Peter Peters sagte unserer Mediengruppe einen Satz, in dem der Unglauben mitschwingt, mit dem viele die Causa Schalke verfolgen: „Wir setzen darauf, dass die Ankündigung des Ministers nicht das letzte Wort sein sollte.“ Hat Ralf Jäger gesagt, „der Ball liegt in der Spielhälfte von Schalke“? Nun, den sehen die Königsblauen just woanders: dort, wo plötzlich der Gegner ist.

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Und das ist wohl das Problem in dieser Geschichte. Recht stur stehen da zwei, die sich eigentlich mögen, die sogar stolz waren auf ihre Zusammenarbeit: der Minister, der doch selbst Fußballfan ist und als solcher mit Sohn gern im Stadion.

Der aber zugleich oberster Chef der Polizei ist und seine Mannen vorerst zurückgerufen hat, weil der Verein sich über sie beklagt hat. Und auf der anderen Seite eben dieser Verein, der sich über einen vermeintlich „unangemessenen Einsatz“ tatsächlich öffentlich beschwerte und nun zusehen soll, ob er Sicherheit auch ohne Polizei hinkriegt. Nicht nur Kriminologe Feltes entdeckt da beim Minister „ein gewisses Beleidigt-Sein“.

Auch das Konzept der Fußball-Liga baut auf die Staatsgewalt

Andere beobachten das in der Folge wiederum auf Schalke. Das gibt sich schmallippig, will eigentlich gar nichts mehr sagen außer am Rande, dass man sich natürlich immer Gedanken mache über die Sicherheit. Was andere nun auch tun: „Die Polizei ist für Gefahrenabwehr zuständig“, sagt Polizei-Experte Thomas Feltes. „Dafür muss sie unbedingt vor Ort sein.“ Es sei nicht damit getan, die Einsatzkräfte zu informieren, „wenn schon etwas passiert“. Es baut ja auch das jüngst ergänzte Sicherheitskonzept der Deutschen Fußball-Liga durchgängig auf „die Polizei“.

Zwar hat jeder Fußball-Verein seine Ordner, geschult sind sie und zu mehreren Hundert im Stadion, allein im fraglichen Spiel gegen Saloniki waren es 650. Es sei Sache des Vereins, hat der Innenminister gesagt, genug qualifizierte Ordner einzusetzen, die „auch tatsächlich in der Lage sind, für Sicherheit zu sorgen“.

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Aber, sagt Kriminologe Feltes, „allein die Polizei hat das Recht festzunehmen. Das können Ordner nicht, das dürfen sie auch nicht“. Damit sei eine Strafverfolgung nicht mehr gewährleistet. Wie hilf- und wehrlos die oft nebenberuflichen Aufpasser sein können, zeigt sich immer wieder, wenn ein Platz gestürmt wird: Männer und Frauen in Vereins- oder Firmen-Anorak werden da, anders als bewaffnete Uniformierte, oft einfach überrannt.

Schalker „Problem“ – andere Vereine sind nicht betroffen

Eine Hintertür indes hat Minister Jäger bei seiner Maßregel offen gelassen: die zur Einsatzzentrale im Stadion. Man werde dort „Beamte vorhalten, die die Lage beobachten und beurteilen können“. Sie wären also diejenigen, die ihre Kollegen rufen könnten – wenn auch von draußen. „Die Polizei ist für die Sicherheit im öffentlichen Raum zuständig, Schalke für die Sicherheit in der Arena.“ Im übrigen sei die Entscheidung kein Präzedenzfall: „Das ist ein Problem, das allein in Schalke existiert.“

Und dort die Drähte glühen lässt. Man sei „Tag und Nacht gesprächsbereit“, lässt Schalke-Vorstand Peter Peters wissen. Auch mit dem Innenministerium. Denn mit der Polizei, das ist kein Geheimnis, redet der Verein ja schon seit August, „konstruktiv“, heißt es. Selbst das örtliche Präsidium war schließlich „überrascht“ vom Rückzugsbefehl aus Düsseldorf. Der es nun nicht hindert, an Mittwoch zu denken. Man bereite sich auf den Einsatz vor „wie immer“.