Essen.. Bei einem Ausbruch des lebensbedrohende Krankheitserregers VRE muss es schnell gehen, sagt Professor Alexander Friedrich. Der Experte mahnt zu strikter Hygiene und zu Sofortmaßnahmen im Ernstfall: Patienten zurückrufen, Keimträger isolieren, Gesunde schützen – und bei einer Infektionswelle direkt die Öffentlichkeit informieren.

Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) auf der operativen Intensivstation: Fünf Patienten haben den Keim, drei erkranken schwer, einer stirbt. „Das ist ungewöhnlich“, sagt Professor Alexander Friedrich, Chef der Abteilung für Krankenhaushygiene im Uniklinikum Groningen/Niederlande. „Es hört sich an, als ob man hier nur die Spitze des Eisberges sieht.“

Es sind die Eckdaten des VRE-Ausbruchs 2012 im Helios-Klinikum St. Johannes, die Friedrich so bewertet. So ein Fall könne vorkommen: „Kein Krankenhaus ist davor gefeit, dass Patienten mit VRE aufgenommen werden und es auch zu einer oder zwei Übertragungen kommt, bis Maßnahmen getroffen werden.“ Das sei „akzeptabel“ – wenn dann gehandelt werde. Friedrich: „Krankenhäuser dürfen nicht dazu beitragen, dass eine VRE-Welle noch größer wird. Sie sollten alle Risikopatienten auf VRE testen, Positive isolieren und Negative schützen.“ Aufwand sei nötig, aber angebracht. „Alle besiedelten Patienten müssen gefunden werden, auch die, die das Krankenhaus bereits verlassen haben.“

Im Krankenhaus sei VRE häufig leichter übertragbar als MRSA (multiresistente Staphylococcus aureus-Keime), weil VRE auch über Kontaktoberflächen übertragen wird. Auf Türklinken, Nachttischen oder dem WC halten sich die Bakterien bis zu 150 Tage. „Weil im Krankenhaus nicht jeder seine eigene Toilette hat, wird es bei mangelnder Hygiene schnell ein Riesenproblem“, sagt Friedrich. „Dann gibt es die ersten Blutvergiftungen, später vielleicht Todesfälle – und wenn man dann mit Gegenmaßnahmen anfängt, kommt man sehr spät.“

Offizielle Informationspflicht der Behörden

Das Tückische: „Die Patienten merken lange nichts.“ Aus Sicht der Krankenhaushygiene ein schwerer Nachteil: „Der Erreger breitet sich schleichend und unbemerkt aus. Bis es einer merkt, sind häufig schon dreißig bis hundert Leute besiedelt.“ In der Uniklinik Groningen hat der Mikrobiologe vor Jahren einen VRE-Ausbruch erlebt. „Am Ende gab es rund hundert besiedelte Personen, keine einzige Infektion. Es hat ein halbes Jahr gedauert und 2,5 Millionen Euro zusätzlich gekostet.“

Letztlich gehe es aber nur so: „Man muss den Eisberg tief ausheben.“ Bei der ersten VRE-Übertragung sei dafür zu sorgen, dass keine weiteren folgen – „ansonsten ist es bald ein nicht beherrschbarer Ausbruch“. Mit den Patienten würde VRE dann in andere Kliniken gebracht.

In den Niederlanden gilt bei VRE-Ausbrüchen eine offizielle Informationspflicht der Behörden. Die Fälle kommen über die Presse an die Öffentlichkeit. Friedrich: „Beim Ausbruch einer Infektionswelle müssen die Leute doch wissen: Wer hat gerade ein Problem und wer nicht.“

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