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Auch er war dabei. Manfred Protze, damals Reporter der Deutschen Presse Agentur dpa, ist einer von vielen Journalisten, die den von Rösner und Degowski gekaperten Linienbus damals verfolgten. Selbst als der Bus auf der Autobahn stoppt, einer der Geiselnehmer aussteigt und mehrfach auf das Taxi schießt, in dem Protze sitzt, machte dieser weiter. So wie es sein Auftrag ist: Berichten, was passiert.
Protze war damals 42 Jahre jung und für die Region rund um Oldenburg zuständig. "Ich hatte einen ganz normalen Arbeitstag hinter mir und gar nicht mitbekommen, dass es auf der Raststätte Grundbergsee schon einen Toten gegeben hatte", erinnert sich der Journalist. "Meine Idee war es, zur Raststätte Dammer Berge zu fahren und abzuwarten, bis der Bus vorbeifährt."
Geiselnehmer schießen auf das Taxi
Und genau so geschieht es auch. Es ist etwa gegen 23 Uhr, als Manfred Protze und der Taxifahrer den Linienbus entdecken und ihm sofort folgen: "Der könnte es sein!" Viele, viele Kilometer kleben sie an ihm, bis es eben zu dem Zwischenfall kommt. "Ich weiß gar nicht, wer damals schoss. Degowski oder Rösner. Ich weiß nur noch, dass ich intuitiv den Taxifahrer am Hemdkragen packte und in Deckung zog, sagt Protze.
Trotz des Schocks fahren sie bis zur holländischen Grenze hinter den Geiselgangstern her, bis dort Protzes Auftrag endet. Schon damals war der Reporter Mitglied des Deutschen Presserats, stellte dort sein Verhalten in Frage: Hatte er damals die Grenzen des Journalismus überschritten? War er zu einem Teil des Ereignisses geworden? "Der Presserat jedoch kam zu dem Schluss, dass ich die Grenze der Berichterstattung nicht überschritten habe", erklärt Protze.
"Ich verurteile niemanden persönlich"
Heute, 25 Jahre später, hat er einen viel klareren Standpunkt zu der Rolle der Journalisten beim Gladbecker Geiseldrama. "Ich verurteile niemanden persönlich. Aber schon wer ein Interview mit einem der Geiselnehmer führt, hat die ethische Grenze des Journalismus überschritten, liefert Verbrechern eine Plattform für ihre Propaganda". Auch der Presserat sieht es so: Journalisten sind Beobachter, dürfen nicht zu Akteuren werden.