Düsseldorf. Es war abends um acht, als der Notruf bei der Leitstelle im Polizeipräsidium einging. Eine Bewohnerin berichtete, dass sich ihre verzweifelte und verletzte Nachbarin zu ihr gerettet habe. Dann sagte sie, dass ihr älterer Sohn seinen jüngeren Bruder getötet habe.
Der Täter ist erst 16. Nie fiel er zu Hause durch Gewaltbereitschaft und aggressives Verhalten auf. Für die Polizei war er ein unbeschriebenes Blatt. Bis zum Dienstag. Da erwürgte er seinen zwölfjährigen Bruder und wollte wenig später seine 51-jährige Mutter töten, die nun schwer verletzt im Krankenhaus liegt. Ein Familiendrama im Düsseldorfer Stadtteil Flingern. Die Mordkommission rätselt über das Motiv.
Es war abends um acht, als der Notruf bei der Leitstelle im Polizeipräsidium einging. Eine Bewohnerin berichtete, dass sich ihre verzweifelte und verletzte Nachbarin zu ihr gerettet habe. Dann sagte sie, dass ihr älterer Sohn seinen jüngeren Bruder getötet habe.
Während die Retter der Feuerwehr sich um die Schwerverletzte kümmern, nehmen die alarmierten Polizeibeamten den 16-Jährigen in der Wohnung fest. Er leistete keinen Widerstand, wurde zur Betreuung in die Jugendpsychiatrie gebracht. Er hatte kurz zuvor noch Vorbereitungen getroffen, sich selbst das Leben zu nehmen. Die Leiche des zwölfjährigen Kindes lag in der Abstellkammer.
Es ist schwierig, die Puzzleteile zusammenzulegen. Der Junge hat gestanden. Aber warum hat er seinen Bruder erwürgt? Die Ermittler wissen nur, dass die Brüder am Nachmittag allein zu Hause waren, während die Mutter noch arbeitete. Als sie ihr totes Kind entdeckte, schrie sie um Hilfe. Daraufhin, so berichtet Ralf Finke, der Leiter der Mordkommission, würgte der 16-Jährige auch sie und schlug mit einer Hantel auf ihren Kopf – offenbar in der Absicht, sie umzubringen. Im Gerangel befreite die Frau sich und flüchtete über den Flur zu ihrer Nachbarin.
Oberstaatsanwalt Uwe Kessel geht nach derzeitigem Ermittlungsstand im Fall des erwürgten Kindes von Totschlag, im Fall der attackierten Mutter von versuchtem Mord aus, um seine Gewalttat am Bruder „zu verdecken“.
Ob Anklage erhoben wird? Das hängt vom Urteil des Jugendpsychiaters ab. Er muss klären, ob der 16-Jährige überhaupt schuldfähig ist. Der Junge galt als labil und depressiv. Möglicherweise, mutmaßen die Ermittler, hat der Suizid seines Vaters ihn vor anderthalb Jahren aus der Bahn geworfen. Er ging nicht mehr zur Schule, versuchte, mit Hilfe eines Therapeuten den Tod des Vaters zu verarbeiten.
Die Pressekonferenz der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu der Tragödie dauerte gestern keine 20 Minuten. Ralf Finke hatte nicht viel zu sagen, er wollte auch nicht viel sagen. Polizeisprecherin Susanna Heusgen bat um Verständnis. In diesem Fall gelten „besondere Persönlichkeitsrechte“ des Verdächtigen. Er ist ein Jugendlicher, fast noch ein Kind. Er falle unter das Jugendstrafrecht. Gewisse Familienverhältnisse dürften nicht offengelegt werden. „Die Mutter muss dort weiterleben können“, betonte Heusgen. Auch deshalb keinerlei Angaben über den Tatort, nicht einmal der Name der Mordkommission wird genannt, um Rückschlüsse auf das Wohnumfeld zu vermeiden.