Essen. Der „Freundeskreis Schwarze Petra” sucht weiter unermüdlich nach Münsters verschwundenem Wahrzeichen: einem unglücklich verliebten Trauerschwan. Man mag „das Schlimmste” schon nicht mehr ausschließen.

Eigentlich wollte Reinhold Wiens am Samstag nach Xanten fahren. Zu Petra. Am Niederrhein war mehrfach ein Trauerschwan gesichtet worden, der wie Petra aussieht. Dann die Ernüchterung: „Anhand von Fotos haben wir festgestellt, dass das Tier in Xanten nicht Petra ist”, sagt Reinhard Wiens. Und so blieben er und die anderen 57 Mitglieder des „Freundeskreises Schwarze Petra” am Wochenende zuhause in Westfalen, um weiter zu warten. Warten auf Hinweise und, nun ja: auf Petra.

Neujahr verschwand sie

Der Stadt Münster ist ihr Wahrzeichen abhanden gekommen. Am Neujahrsmorgen war Petra, die berühmte Schwänin, einfach weg. Seitdem herrscht in der ansonsten eher beschaulichen Westfalen-Metropole Aufruhr. Mit Suchplakaten und Zeitungsaufrufen wird nach Petra gefahndet; mehrere Fernsehteams waren schon vor Ort am Aasee, um den „Freundeskreis Schwarze Petra” bei der Suche zu unterstützen.

Foto:ddp
Foto:ddp © ddp

Das gewaltige Medienecho kommt wenig überraschend. Denn es ist ja so: Berlin hat Knut, den putzigen Eisbären. Nürnberg hat Flocke, den putzigen Eisbären. Und Münster hat eben Petra, den Schwan mit dem Tretboot-Tick.

Im Mai 2006 erzählten Fernsehteams und Reporter erstmals die Geschichte von dem spleenigen Trauerschwan in Westfalen, der sich unsterblich in ein weißes Plastik-Tretboot verliebt hatte. Die Bilder von Petra, wie sie im Schlepptau des schmuddelig-weißen Kitsch-Kahns ihre Bahnen zog, gingen um die Welt.

Marketingkampagne

Mitte 2006 war klar: Petra ist Münster. Der Trauerschwan brachte die Westfalen-Metropole international ins Gespräch, Petra zog besser als jede Marketingkampagne. Das wussten auch die Politiker von der Unabhängigen Wählergemeinschaft Münster – und hatten da eine ziemlich pfiffige Idee. Sie regten im Dezember 2006 im Rat an, eine „Schwarze Schwänin” in das Münsteraner Stadtwappen einfügen zu lassen. Mit sehr überschaubarem Erfolg: „Nach kurzer Diskussion zog Herr Pfau den Antrag der UWG-MS/ödp-Fraktion zurück”, wurde im Sitzungsprotokoll vermerkt.

Reinhold Wiens „Freundeskreis Schwarze Petra” formierte sich indes erst zwei Jahre später. Im Herbst 2008 untersagte die Stadt Münster, die gesundheitlich angeschlagene Petra im Zoo versorgen zu lassen. Begründung: Der Trauerschwan sei ein wildes Tier und könne daher nicht im Tierpark behandelt werden. Fünf Tierfreunde gründen daraufhin den Freundeskreis, um Pflege und Versorgung des Tieres sicherzustellen. Mittlerweile zählen sie 58 Mitglieder, jeder gibt zwölf Euro pro Jahr.

Seit Petras Verschwinden koordiniert der Freundeskreis die Suche – und trotzt dem Medienrummel. „Ich hatte in den letzten vier Tagen 180 Anrufe, davon waren allein 60 Presseanfragen”, sagt Reinhold Wiens. Aus ganz Deutschland gingen Hinweise von Menschen ein, die glauben, Petra entdeckt zu haben. „Die letzten Anrufe kamen aus Norddeutschland und vom Bodensee. Im Moment ist aber keine heiße Spur dabei.” Meist zeigen Fotos die ersten Anhaltspunkte. „Petra wurde vor drei Jahren am linken Fuß operiert. Daran können wir sie erkennen.” Letzte Gewissheit könne zudem Freundeskreis-Kollegin Rita Thieme geben: „Sie kann Petra mit einem speziellen Pfiff anlocken.”

Vereinsguthaben spenden

Und so steht Petras Holzhütte am Aasee-Ufer weiter leer, während bei Wiens pausenlos das Telefon klingelt. Er mag das Schlimmste mittlerweile nicht mehr ausschließen. „Es ist natürlich möglich, dass Petra von einem freilaufendem Hund oder einem wilden Tier gerissen wurde, weil sie so zutraulich ist”, sagt er. In diesem Fall würde sich der Freundeskreis auflösen. „Unser Vereinsguthaben würden wir an eine Tierschutz-Organisation spenden.”

Münster wäre dann um eine Attraktion ärmer: Es blieben: unzählige Fahrräder, eine traditionsreiche Universität, ein prächtiger Dom. Und ein grauenhaftes Plastik-Tretboot.

Mehr zum Thema: