Köln. Krankenkassen und freiberufliche Hebammen streiten derzeit um die Vergütungsordnung. Die Entscheidung liegt bei der Schiedsstelle unter Leitung von Herta Däubler-Gmelin und soll in den nächsten Tagen fallen. Die WAZ sprach mit Barbara Blomeier, der 2. Vorsitzenden des Landesverbands der Hebammen NRW, über die Probleme des aussterbenden Berufsstands.
Seit Jahren streiten Hebammen und Krankenkassen über eine Erhöhung der Vergütungsordnung. Die einen fordern dreißig Prozent mehr, die anderen wollen aber nur zehn Prozent mehr zahlen. Im November entscheidet die Schiedsstelle. Wie?
Barbara Blomeier: Ganz schwer einzuschätzen. Man muss mit allem rechnen. Und selbst wenn die Schiedsstelle in unserem Sinn entscheidet, können die Kassen den Klageweg beschreiten. Und weitere vier Jahre auf ein Urteil warten -- das überleben die Hebammen nicht.
Aber haben die Krankenkassen nicht im Juli bereits zugestimmt, die letzte Erhöhung der Haftpflichtprämie auszugleichen?
Barbara Blomeier: Das ist nicht als Erfolg zu werten, das war nur Augenwischerei. Betroffene Hebammen haben heute genauso viel Geld auf dem Konto wie Ende Juni. Ungerecht ist doch auch, dass Hebammen, die Geburten in Kliniken in der sogenannten Eins-zu-eins-Betreuung übernehmen, genauso viel zahlen müssen, wie die, die nur außerklinische Geburten anbieten, aber dafür viel weniger Geld erhalten.
Wird Ihre Arbeit nicht geschätzt?
Barbara Blomeier: Das ist ein politisches Thema. Hebamme ist ein Frauenberuf, auch die Klientel sind Frauen und Kinder. In einer Männergesellschaft fehlt da die Lobby.
Tragen die Hebammen selbst gar keine Schuld an der Situation?
Barbara Blomeier: Wir hätten uns viel früher wehren sollen. Aber viele Hebammen haben ihren eigenen Stundenlohn erst ausgerechnet, als das IGES-Gutachten veröffentlicht war (Anm. d. Red.: danach liegt der Durchschnittsstundenlohn bei 7,48 Euro). Erst da gingen ihnen die Augen auf.
Sehen Sie die flächendeckende Versorgung gefährdet?
Barbara Blomeier: Unbedingt. In Teilen Bayerns gibt es schon gar keine Geburtshelferinnen mehr. In Bielefeld, wo ich lebe, fanden in der zweiten Hälfte des letzten Halbjahrs sechzig Wöchnerinnen keine Hebamme, die die Nachsorge übernehmen konnte. Und das ist nicht nur in Bielefeld so. Immer mehr Hebammen arbeiten nur noch bis zur 400-Euro-Grenze.
Letzte Woche einigten sich Hebammen und Bundesregierung darauf, in einem gemeinsamen Arbeitskreis nach Lösungen für die Probleme zu suchen. Gute Idee?
Barbara Blomeier: Wird man sehen. Wir hier in NRW setzen eher auf den Runden Tisch zur Geburtshilfe im Land, der im rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben ist. Getagt hat er noch nie. Aber wir werden ihn einfordern.