Essen. Der Freiwilligen Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen gehen langsam die Mitglieder aus. Deshalb startet die Nachwuchswerbung jetzt früher: bei Kindern ab sechs Jahren. Eine entsprechende Gesetzesänderung wird bereits vorbereitet. Ein Konzept für eine Kinderfeuerwehr wird nun erarbeitet.

Der Profi-Fußball macht es bereits seit langem vor: Im Wettlauf um den besten Nachwuchs verpflichten Vereine wie Real Madrid oder Manchester United siebenjährige Knirpse, in der Hoffnung, dass sie den Clubs in zehn Jahren Titel und Millionen-Einnahmen bescheren.

Diese Praxis will jetzt die Freiwillige Feuerwehr in NRW übernehmen. Po­kale sind ihr dabei egal, es geht darum, auch in ein paar Jahren noch flächendeckend einsatzfähig zu sein. Denn „insbesondere auf dem Land büßen die Freiwilligen Feuerwehren mehr Mitglieder ein, als junge Brandschützer nachfolgen“, sagt Oliver Krückelmann, Jugendfeuerwehrwart in Marl. Deshalb will der Landesverband bei der Nachwuchswerbung früher als bisher ansetzen: bei Kindern ab sechs Jahren.

KurzinterviewHarter Wettbewerb

In NRW arbeiten 80.000 der rund 100.000 Feuerwehrleute ehrenamtlich. Noch. Nach eigenen Angaben verlieren die Löschgruppen jährlich 2000 Mitglieder. Zum einen durch beruflich bedingte Wohnortwechsel, zum anderen auf Grund geringerer Akzeptanz bei Arbeitgebern. „Die Toleranz gegenüber Mitarbeitern, die ehrenamtlich Bereitschaftszeiten wahrnehmen und zu Einsätzen ausrücken müssen, ist bei den Unternehmen gesunken“, klagt Christoph Schöneborn vom Verband der Feuerwehren in NRW.

Um Nachwuchs zu gewinnen, unterhalten die meisten Löschgruppen Jugendfeuerwehren für Kinder ab zehn Jahren. Wenn sie 18 sind können sie in die Löschzüge übernommen werden und erstmals zu Einsätzen ausrücken.

Freizeit wird immer knapper

Doch der Wettbewerb ist hart. Die Feuerwehr konkurriert mit Sportvereinen, Hilfsorganisationen und Schützenvereinen demographiebedingt um immer weniger Kinder – und deren Zeit ist immer knapper bemessen. „Studien zeigen, dass Kinder durch die Ganztagsschule eine höhere Freizeit- und Lernverdichtung als noch vor fünfzehn Jahren aufweisen. Zehn- und Zwölfjährige sind schon so verplant, die können wir für die Feuerwehr nicht mehr erreichen“, sagt Schöneborn.

Jugendforscher Klaus Hurrelmann kennt das Problem: „Die Angebote für Kinder sind vielfältig. Sie wollen ihre Freizeit direkt und individuell gestalten und lassen sich immer schwieriger für feste Strukturen begeistern.“ Er rät der Feuerwehr neue Medien im Internet zu nutzen und Organisationsformen zu überdenken.

Plan: Auch Nicht-Mitgliedern öffnen

Am Konzept für eine Kinderfeuerwehr arbeitet Oliver Krüc­kelmann gerade. Zwar gebe es bereits in einigen Gemeinden wie in Burbach Kindergruppen, doch müssten Aspekte wie der Versicherungsschutz noch vereinheitlicht werden. Die Kinder sollen „spielerisch die Technik der roten Autos erkunden, den Brandschutz sowie die Elemente Feuer und Wasser kennenlernen“, erklärt Krückelmann. Altersgerecht. Natürlich stelle man keinen Sechsjährigen an ein C-Rohr.

Zudem soll die Betreuung der Gruppen der neu zu schaffenden Kinderfeuerwehr auch Pädagogen oder Familienangehörigen „von außen“ geöffnet werden. Bisher müssen die Betreuer der Jugendfeuerwehr selbst aktives Feuerwehr-Mitglied sein. „Gespräche für eine entsprechende Gesetzesänderung sind angelaufen“, sagt eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums. Die Umsetzung solle in dieser Legislaturperiode erfolgen. So steht es auch im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung. Genauer ist der Zeitplan derzeit allerdings nicht.