Dortmund. Gleich das erste Gutachten brachte die erste Rente: Der kranke Arbeiter einer Envio-Nachbarfirma bekommt künftig 500 Euro im Monat. Envio-Beschäftigte tröstet das weniger als es sie sorgt.
Die erste Berufskrankheit im PCB-Skandal ist anerkannt. Ein Arbeiter, der für die Envio-Nachbarfirma Transformatorenservice West (TSW) tätig war, bekommt eine 20-prozentige Rente. Nach Informationen dieser Zeitung entspricht dies monatlich rund 500 Euro.
Der Rentenanspruch gilt seit Mitte Juni 2010. Damals lieferte eine erste Blutuntersuchung die Daten, die den Anspruch begründen. Rückwirkend erhält der Betroffene auch eine Nachzahlung von 12.000 Euro.
Envio-Arbeiter sehen das mit sehr gemischten Gefühlen. „Einerseits ermutigend“, findet es einer, der 300 Mal mehr PCB im Blut hat als der Durchschnittsbürger. „Andererseits: Wenn schon ein Kollege von nebenan durch seinen Job krank geworden ist, was steht uns dann erst bevor?“
Depressive Verstimmungszustände durch Leberzellverfettung
Der Rentenbescheid an den TSW-Mann ging Mitte voriger Woche raus. Der Befund des medizinischen Gutachtens: depressive Verstimmungszustände, unter anderem ausgelöst durch eine leichte Leberzellverfettung. Auf dieser Grundlage gewährt die Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse (BG ETEM) die 20-prozentige Rente.
Gleich das erste fertige Gutachten bescherte den ersten Zahlungsanspruch. Vier Berufsgenossenschaften und die Unfallkasse NRW arbeiten bisher 47 Fälle auf, bei denen der Verdacht auf eine Berufskrankheit angezeigt wurde. „In drei bis sechs Monaten sollen alle Entscheidungen getroffen sein“, sagte BG-Sprecher Christian Sprotte auf Anfrage dieser Zeitung.
Die Tür für weitere Anzeigen steht offen. Sprotte: „Wir raten ausdrücklich dazu.“ Seine Empfehlung: Wer noch nicht im Betreuungsprogramm ist, sollte einsteigen; wer drin ist, sollte regelmäßig zu den medizinischen Untersuchungen gehen.
Drei Sachverständige prüfen die gemeldeten Krankheitsfälle im Auftrag der BG. Die Summe möglicher Ansprüche richtet sich dabei nicht nach dem Grad der Vergiftung, die sich Envio-Arbeiter bei der Ausübung ihres Jobs geholt haben. Sie errechnet sich vielmehr aus der Höhe des Bruttogehalts und dem Grad der verminderten Erwerbsfähigkeit.