Essen. .

Anvertraut war die 31-Jährige ihm, dem Psychiatriepfleger in der Landesklinik in Herten. Doch der 39-Jährige missbrauchte seine Vertrauensstellung, bedrängte die Patientin sexuell. Jetzt muss der Marler sich vor dem Landgericht Essen verantworten.

Zum zweiten Mal sitzt er dort, weil der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe seine erste Verurteilung aus formalen Gründen aufgehoben hatte. Im Februar 2011 erkannte die VI. Strafkammer auf zweieinhalb Jahre Haft wegen sexuellen Missbrauchs einer Widerstandsunfähigen, seit Donnerstag muss die VII. Kammer den Fall komplett neu aufrollen. Weil der Angeklagte Revision eingelegt hatte, kann das neue Gericht ihn aber nicht zu einer höheren Strafe verurteilen als zu zweieinhalb Jahren aus der ersten Instanz.

Ein Ausnahmefall. Denn das Opfer ist eine psychisch schwer gestörte Frau. Offenbar Folge des sexuellen Missbrauchs durch den eigenen Vater in ihrer Kindheit. Suizidgefährdet ist sie und nicht in der Lage, Forderungen eines anderen Menschen zurückzuweisen. Oft verfällt sie dann in eine „dissoziative Störung“, eine Art Trance. Ende 2008 war sie deshalb in der Hertener Klinik, ihr Zustand besserte sich, sie durfte probeweise nach Hause gehen.

Der Pfleger ging mit, besuchte sie dort mehrfach, obwohl ihm und seinen Kollegen von den Ärzten eingeschärft wurde, keinen privaten Kontakt zu der Patientin aufzunehmen. Allen sei auch bekannt gewesen, dass sie nicht Nein sagen könne, hatte im ersten Prozess der behandelnde Arzt gesagt. Daran hielt der Pfleger sich nicht. Er küsste sie, streichelte sie unter ihrer Kleidung: „Heute weiß ich, dass ich als Krankenpfleger und auch als Mensch versagt habe.“ Er habe ihren Zustand aber nicht ausgenutzt, sondern Zuwendung gesucht. Durch den neuen Prozess muss auch die 31-Jährige gehört werden. Im ersten Verfahren hatte die Kammer darauf verzichtet, weil eine Psychologin Suizidgefahr befürchtete. Der Zustand der Frau soll sich aber gebessert haben.