Solingen. . Die Müngstener Brücke ist Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke und ein beliebtes Ausflugsziel.Doch das Bauwerk über der Wupper hat auch so einiges mit dem Eiffelturm gemeinsam. Drum eifert sie ihm nach – und will Weltkulturerbe werden.

An Wochenenden im Frühling lässt es sich unter einer Brücke aushalten. Sogar sehr gut. Das wissen tausende Besucher, die es sich unter Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke bei einem Eis oder einer Limo gut gehen lassen. Hoch oben, genau gesagt 107 Meter höher, rauscht gelegentlich die rote Regionalbahn vorüber. In drei Jahren, so könnte es passieren, würde ihr ein Weltkulturerbe unter die Räder kommen. Wenn die Müngstener Brücke gewinnt gegen acht Konkurrenten aus NRW und später dann gegen die Mitbewerber aus der ganzen Republik.

Die Chancen stehen gar nicht einmal schlecht, seitdem die Bahn versprochen hat, bis 2016 rund 30 Millionen Euro für die Erhaltung des Bauwerks zwischen Remscheid und Solingen locker zu machen. Vor allem für Farbe, denn das Stahlgerüst rostet unübersehbar und könnte langfristig über die Wupper gehen – nicht nur, weil es den Zugverkehr über deren Tal leitet.

Wie der Eiffelturm

Der Eiffelturm ragt zwar dreimal so hoch in den Himmel, die filigrane Stahlkonstruktion erinnert trotzdem an das Pariser Wahrzeichen, das sich schon seit 1991 mit dem Titel Welterbe schmücken darf. Tatsächlich, die Bauwerke entstanden zu gleicher Zeit, der Eiffelturm wurde 1898, die Müngstener Brücke 1897 eingeweiht, damals noch unter dem Namen „Kaiser-Wilhelm-Brücke“.

„Ich lebe gerne unter der Brücke“, lacht Arno Haarer (76), der Fährmann der einzigartigen Schwebefähre, die, auf zwei Stahlseilen und per Muskelkraft angetrieben, wie eine Draisine allein im vergangenen Jahr 100 000 Besucher über die Wupper schweben und nicht gehen ließ. Um das Wortspiel kommt hier niemand herum – niemand.

Genietet, nicht geschweißt

Vor allem Familien haben Spaß auf dieser seltsamen Konstruktion, die Kleinen dürfen sich an den beiden Pumpgriffen ins Zeug legen, während die Großen das gigantische Bauwerk über ihnen fokussieren, das der Ingenieur Anton von Rieppel vor über 100 Jahren so nahtlos von beiden Uferseiten ineinander wachsen ließ. Nahtlos auch, weil hier nicht geschweißt, sondern genietet wurde. Insgesamt 950 000 Nieten wurden eingeschlagen. Am Ende sogar eine goldene. Wo, das weiß allerdings kein Mensch, weshalb der „goldene Niet“ sein Schicksal mit dem heiligen Gral teilt: Man findet ihn einfach nicht.

300 000 Gäste sind es insgesamt, die jährlich die bekannte Brücke und den 2006 eröffneten Park besuchen. Denn Ingenieurskunst ist längst nicht alles, was fasziniert. Auch die Idylle in der üppigen Natur des Bergischen Landes. Oder der Minigolfplatz, die schon angedeuteten Biergärten, das Restaurant in einem verwegenen Architekten-Objekt, die Museums-Schmiede und natürlich der Kiosk der Familie Böhm, die hier schon seit 50 Jahren gebrannte Mandeln, „Wupperschlamm“ und andere Spezialitäten verkauft. Neuerdings auch in einem WDR-Spot zu sehen, unter dem Motto „Wir sind NRW“.

Bis August will eine dem NRW-Bauministerium angegliederte Arbeitsgruppe entscheiden, ob die Müngstener Brücke Kandidatin fürs Welterbe wird oder ob der Antrag – sorry – über die Wupper geht.

Die Mitbewerber:

Ruhrgebiet. Einfach gesagt, soll das ganze Ruhrgebiet Welterbe werden. Der Industriekomplex Zeche und Kokerei Zollverein soll um weitere Stätten im Ruhrgebiet wachsen – beispielsweise um den Gasometer in Oberhausen, die Zeche Zollern in Dortmund oder die Siedlung Margarethenhöhe in Essen.

Düsseldorf. Kaiserswerth ist der älteste Stadtteil von Düsseldorf. Noch heute sind die bis zu 15 Meter hohen Ruinen der Kaiserpfalz zu sehen, die Friedrich Barbarossa im zwölften Jahrhundert am Rhein anlegen ließ. Vor allem die Gebäude rund um den historischen Marktplatz sind sehenswert. Wer schon einmal in Düsseldorf ist, könnte zumindest für einen Besuch auf Schloss Benrath vorbeischauen. Das Lust-, Jagd- und Gartenschloss im Süden der Stadt aus dem 18. Jahrhundert beherbergt zwei Museen für Gartenkunst und Naturkunde.

Bad Münstereifel. Das Radioteleskop auf dem Berg Stockert bei Bad Münstereifel ist etwas für Technik-Fans. Es ist das erste in Deutschland gewesen. Seit 1956 horchen damit Wissenschaftler und Studenten ins All, beamen sich – zumindest gedanklich – in ferne Welten.

Mettmann. Auch wenn der Neandertaler nur ein Vorläufer des Menschen war, Menschheitserbe will das Neandertal mit seinen 42 000 Jahre alten Knochenstücken dennoch werden.

Paderborn. Das ist auf jeden Fall einzigartig: eine Stadt, in deren Mitte ein Fluss entspringt, und das auch noch mit 200 (Pader-)Quellen.

Münster. Der Prinzipalmarkt ist nicht erst seit den Tatort-Drehs als gute Stube Münsters bekannt.

Krefeld: Häuser wie Würfel, Bauhausarchitektur halt. Zwei Villen des Architekten Ludwig Mies van der Rohe in Krefeld, entstanden in den 20er Jahren, bewerben sich ebenfalls um den Titel Welterbe.