Bochum. . Hannelore Kraft kam am Montag zur Belegschaftsversammlung am Bochumer Opel-Werk. Das gefürchtete Pfeifkonzert gegenüber Karl Stracke blieb aus, aber die Bochumer machten klar: Sie werden um ihr Werk kämpfen.

Geplant war die Betriebsangehörigen und hochrangigen Gästen vorbehaltene Belegschaftsversammlung eigentlich als halböffentliche Veranstaltung. Aber den freien Blick der vielen Medienvertreter von Tor 4 auf die Versammlung verhängte die Unternehmensleitung eindrucksvoll mit riesigen schwarzen Vorhängen. Während des Wochenendes hat es um die christoesque Verhüllungsaktion noch ein hektisches Hin-und-Her zwischen Bochum und der Opel-Zentrale in Rüsselsheim gegeben.

Dabei konnte es die vom Unternehmen gefürchteten Kamerabilder eines Pfeifkonzerts gegenüber Unternehmenschef Karl Stracke gar nicht geben. Vor einer Woche in Rüsselsheim hatten sie ihn noch ausgebuht und -gepfiffen. Zwar sagte der ehemalige Bochumer Produktionsleiter wieder nichts Konkretes über die Zukunft des Werks, aber diesmal blieb es ruhig. Mit Absicht. „Wir haben ihn gnadenlos ausgeschwiegen,“ sagte Betriebsrat Rainer Einenkel nachher. Und kartet nach: bis auf drei Rüsselsheimer Claqueure.

Einenkel hatte die Versammlung von rund 3500 um ihren Job bangenden, im Stehen ausharrenden Mitarbeitern um acht Uhr mit den Gruß-Worten von Bochums ewigem Aushängeschild Herbert Grönemeyer eröffnet. Und dann nachgelegt: „Wir haben es satt, verarscht und belogen zu werden.“

Das Vertrauen in den Vorstand sei bei „null Komma null“ angekommen. „Diejenigen, die Scheißqualität liefern, dürfen die Autos bauen“, kritisierte er Opels Entscheidung, den neuen Astra künftig in England und Polen bauen zu wollen. Es ist die Entscheidung, die das Aus für Bochum bringen dürfte.

Während Karl Stracke bei seinem Vortrag immer leiser zu werden schien, bewies die neben ihm sitzende Hannelore Kraft stimmliches Durchsetzungsvermögen. Die Ministerpräsidentin hatte bereits um 7.50 Uhr ihr „ungutes Gefühl“ in Sachen Opel vor der Presse formuliert. Sie fordert Stracke vor der Belegschaft auf, die Zeit bis zur wohl entscheidenden Aufsichtsratssitzung am 28. Juni für Lösungen zu nutzen, Lösungen, die allen deutschen Werken eine Zukunft garantieren. Stracke verlässt Bochum um halb zwölf auf der anderen Seite des Werks über Tor 1, in diesem Fall der Hinterausgang.

„Stracke konnte oder wollte nichts Konkretes sagen“, fasst Hannelore Kraft vor dem Kamera-Pulk draußen zusammen, bevor sie am Tor 4 wieder in ihre gepanzerte Limousine steigt. Mit dem Unternehmen wolle man bis zum 28. Juni noch reden. Gemeinsame Gespräche der Ministerpräsidenten aller Bundesländer mit Opel-Standorten sind gemeint. Die Rede ist auch von einer Reise zu den Chefs der Opel-Muttergesellschaft General Motors in Detroit.

Am Ende verschwinden auch die linken Aktivisten vor Tor 4 mit ihren selbstgemalten Plakaten, auch das mit dem alten Herbert-Grönemeyer-Zitat aus seiner gefierten „Bochum“-Hymne: „Hier wo das Herz noch zählt, nicht das große Geld“.

Schön wär’s.