Dortmund. Im Fall der Parteispenden der Essener Bauunternehmer Stephan Kölbl und Markus Kruse an die Dortmunder SPD wachsen Zweifel an einer korrekten Abwicklung der städtischen Geschäfte mit den Unternehmern. Kommunale Rechnungsprüfer bemängeln in einem internen Bericht eine undurchsichtige Aktenführung, Lücken in der Darstellung und unklare Entscheidungswege beim Verkauf von Grundstücken und Optionen rund um das Dortmunder U an Kölbl und Kruse.

Der Grundstückshandel fängt im Jahr 2007 an, wie aus einem der WAZ vorliegenden Bericht hervorgeht. Damals verkaufte die Stadt Dortmund eine Parzelle auf dem Gelände der ehemaligen Union-Brauerei an Kölbl und Kruse. Als „garantierten Mindestkaufpreis“ wurde die Summe von 7 Millionen Euro vereinbart. Ein Jahr später wurde der Kaufvertrag neu gefasst. Kölbl und Kruse musste demnach nur einen Teil der Fläche für 4,5 Millionen Euro kaufen. Über den Rest des Grundstücks erhielt Kölbl und Kruse eine unentgeltliche Kaufoption bis Ende 2012.

Der Vertrag wurde Ende Mai 2009 rechtsgültig. Im Juni 2009 starteten die Bauarbeiten. Mit dem Vorgang befasst war unter anderem der damalige Stadtdirektor Ullrich Sierau.

Das Besondere daran: Am 6. und am 7. Juli 2009 spendeten Kölbl und Kruse jeweils 4900 Euro aus ihrem privaten Vermögen an die SPD. Der Verwendungszweck der Zuwendung war identisch: „Spende Ullrich Sierau“. Dieser stand seinerzeit im Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters von Dortmund.

Nach dem ersten Sieg von Sierau im November 2009 wurde dann ein weiterer Änderungsvertrag abgezeichnet. Dieses Geschäft bezeichneten die Prüfer als „verworren“. Gerade die Regelungen für den möglichen Rückkauf einer Rampenfläche seien nicht klar verständlich.

Genauer befassten sich die Prüfer mit einem weiteren Geschäft zwischen Stadt und Kölbl und Kruse. Dabei ging es um die Reservierung eines Grundstücks ebenfalls am Dortmunder U.

Diesmal fragte die Firma Dreier-Immobilien im Dezember 2009, ob eine 10 000 Quadratmeter große Fläche zur Verfügung stünde, um dort ein Bürohaus für den Energiekonzern RWE zu bauen. Einen Monat später heißt es bei der Stadt, vom RWE seien gleich drei Unternehmen angesprochen worden, um das Bürohaus zu realisieren.

Der verantwortliche Verkäufer auf kommunaler Seite schlägt Oberbürgermeister Ullrich Sierau vor, kein förmliches Vergabeverfahren durchzuführen, sondern einen formlosen Verkauf in einer so genannten „freihändigen Vergabe“. Der Grund: „wegen gemeinsam realisierter Projekte.“

Sierau gibt laut Rechnungsprüfer seine „Zustimmung“ mit dem Zusatz „wie besprochen.“ Nach einigen Verhandlungen vergibt dann Sierau per „Dringlichkeitsentscheid“ gemeinsam mit einem weiteren Ratsmitglied eine Kaufoption auf das Grundstück an Kölbl und Kruse.

Grüne fordern Aufklärung

Die Prüfer kritisierten, dass zu dem Vorgang kein Schriftverkehr über die Verhandlungen existiert. Sie müssen sich auf das verlassen, was Ihnen die beteiligten Männer erzählen. Anhänge von E-Mails seien nicht den Akten beigefügt worden. Magere 17 Akten-Seiten befassten sich mit dem Options-Geschäft. Nur sieben mit dem Dringlichkeitsentscheid. Das CDU-Ratsmitglied Thomas Pisula berichtet nach einer früheren Akteneinsicht sogar von einer handschriftlichen Notiz in den Papieren: „Akten sauber“.

Die Rechnungsprüfer gaben allerdings nach ihrer Prüfung an, diesen Vermerk nicht gefunden zu haben.

Für Sierau kann der Bericht der Prüfer Folgen haben. Der verantwortliche Wuppertaler Ermittlungsrichter Werner Sdunzik hatte ihn bereits vor Monaten der „Bestechlichkeit“ verdächtigt. In einem Vermerk hielt Sdunzik zudem schnelle Durchsuchungen bei allen Verdächtigen für geboten: Es sei zu befürchten, dass ansonsten „Beweismittel beseitigt werden.“

Bislang sah allerdings die Staatsanwaltschaft keinen Grund zu Ermittlungen. Nur im Fall von Duisburgs Ex-CDU-Oberbürgermeister Adolf Sauerland hatten die Ermittler wegen ähnlicher Spenden von Kölbl und Kruse bereits ein Verfahren wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit eröffnet. Mario Krüger, Fraktionssprecher der Grünen in Dortmund, fordert nun auch in Dortmund eine umfassende Aufklärung der Vorgänge.

Sierau selbst bestreitet einen Zusammenhang zwischen Spende und seiner Amtstätigkeit. So habe er keine Kenntnis von der Spende gehabt. Der SPD-Unterbezirk in Dortmund halte Amtsträger bewusst in Unkenntnis über die Herkunft der jeweiligen Spenden, wie ein Anwalt Sieraus mitteilte. Zwar seien die Spender gebeten worden, auf den Überweisungsträgern den Zweck der Spende, und damit auch die Unterstützung einzelner Kandidaten anzugeben, allerdings seien die Spenden alleine über den Unterbezirk abgewickelt worden. Sierau habe an keiner Sitzung teilgenommen, auf der über die Spende gesprochen worden sei. Der heutige Dortmunder Oberbürgermeister habe erst am 9. November 2011 von der Kölbl und Kruse-Spende erfahren. Ein Anwalt von Dortmunds OB Sierau erklärte, der von Richter Sdunzik geäußerte Verdacht sei haltlos. Sein Mandant habe nichts mit der Spendenwerbung zu tun gehabt. Dies sei durch eidesstattliche Versicherungen von Sierau und der Geschäftsführerin des Dortmunder Unterbezirkes Christa Becker-Lettow belegt.