Duisburg. Schon beim Aufbau der Merkez-Moschee arbeiteten Katholiken, Protestanten und Muslime eng zusammen. Jetzt setzen sich die Muslime in Marxloh für die katholische Gemeinde in ihrer Nachbarschaft ein.
Was in diesen Tagen in Duisburg-Marxloh geschieht, ist ein Zeichen einer außergewöhnlichen muslimisch-katholischen Freundschaft. Die Gemeinde der Merkez-Moschee und die Begegnungsstätte kämpfen gemeinsam mit den Katholiken von der Nachbargemeinde St. Peter und Paul für den Erhalt ihrer Kirche. Kulturkampf mal ganz anders. Seite an Seite, statt gegeneinander.
Gelungene Integration
Aber genau das, dieses besondere, wenngleich nicht immer spannungsfreie Miteinander von Christen und Muslimen in Marxloh, in diesem von sozialen Problemen gebeutelten Stadtteil, sehen Muslime wie Katholiken in Gefahr. Sie fürchten um dieses Stückchen gelungener Integration. Denn das Ruhrbistum will im Duisburger Norden mehrere Kirchengebäude schließen. Und ausgerechnet die einzige katholische Kirche im Umkreis der neuen, prächtigen Moschee soll mit dabei sein.
„Es wäre fatal“, sagt Michael Kemper, Pastor in St. Peter und Paul. „Das kann doch nicht wahr sein“, empört sich Angelika Hoffmann, Gemeinderatsvorsitzende und Koordinatorin der Initiative dagegen. Und Muhammed Al, Vorsitzender der Merkez-Gemeinde, gesteht: „Wir sind bedrückt, und wir haben dem Bischof unsere Gefühle in einem Brief mitgeteilt. Wir setzen uns aus Solidarität für das Gotteshaus ein.“
Ausnahmezustand in Marxloh: Eine Kirche vereint Christen und Muslime.
Dabei stehen die Katholiken hinter der Grundsatz-Entscheidung von Bischof Franz-Josef Overbeck, nach der großen Umstrukturierung des Ruhrbistums 2005 nun weitere Kirchengebäude im Norden der Stadt zu schließen. Die Zahlen, räumen sie ein, sprächen für sich. Aber sie kritisieren das Vorgehen des Bistums massiv. Da ist von großer Enttäuschung, von Ärger und von sehr viel Traurigkeit die Rede.
Es geht um fünf, in einigen Berechnungen um sechs Kirchen. Zwei Großpfarreien könnten zu einer zusammengelegt werden. Das alles sollte jedoch im Konsens mit den Gläubigen geschehen, habe es vor Monaten vom Bistum geheißen. Daher hätten sie mehrere Szenarien ausgearbeitet, erzählt Angelika Hoffmann. Von fünf Kirchen im Norden sollten drei bleiben. Sie hätten sich dafür ausgesprochen, die Kirche St. Norbert auf jeden Fall zu halten und St. Peter in Marxloh.
Aber dann sei vom Bischof ein Brief gekommen. Darin habe er einen „verbindlichen Vorschlag“ gemacht, der sich über all ihre Schließungs-Vorschläge hinweggesetzt habe. „Plötzlich sollte St. Norbert zerschlagen werden.“ St. Peter in Gefahr. Von da an formierte sich Widerstand. Es gab Demos, Kirchenbesetzungen, Menschenketten, Protest- Glockengeläut. „Die Leute sind verärgert“, sagt Angelika Hoffmann. „So kann doch kein Dialog aussehen.“
Doch das Bistum setzt weiter auf das Gespräch. „Noch ist nichts entschieden“, versucht Michael Dörnemann, Dezernent für Pastoral, zu beruhigen. An Schließungen führe kein Weg vorbei. In Marxloh seien nur noch 19 Prozent der Bevölkerung katholisch. Die Gemeinde St. Peter und Paul zähle gerade noch 3000 Katholiken. Das rund 100-jährige Kirchengebäude sei aber für 10 000 Menschen ausgelegt. Die Gemeinde könne ja vielleicht auch in einem kleineren Raum Gottesdienste feiern.
Schließlich, so Dörnemann, sinke nicht nur die Zahl der Katholiken, auch die der Priester. Schon heute seien von 600 Priestern im Bistum über die Hälfte älter als 65 Jahre.
Ruhrbischof kommt am 3. Januar
Nun setzen alle auf den 3. Januar. Dann will der Ruhrbischof in den Duisburger Norden kommen und sich alle Kirchen noch einmal ansehen.
Für Pastor Michael Kemper hängt viel davon ab. „Sicherlich, es ist für jede Gemeinde schmerzlich, wenn die Kirche geschlossen wird“, räumt er ein. „Aber Marxloh steht für ein gelungenes Miteinander von Christen und Muslimen.“ Ein Leuchtturm. „Es kann doch nicht sein, dass wir als einziges sichtbares Gegenüber der Moschee in einen kleinen Raum verschwinden sollen.“
Und das sehen die Muslime genauso.