Essen. . Der Goldpreis stieg am Montag auf ein Allzeit-Rekordhoch. Wer Altgold zuhause hat, versucht jetzt, es gewinnbringend zu verkaufen. Doch das Geschäft birgt für den privaten verkäufer einige Tücken.
Rund 180 000 Treffer spuckte Google im Dezember aus, wenn man das Stichwort „Goldankauf“ eingab; die Verbraucherzentrale NRW warnte erstmals vor Tücken beim goldigen Geschäft. Wer Anfang dieser Woche die Internet-Suchmaschine mit demselben Stichwort fütterte, erzielte satte 2 060 000 Treffer. Denn am Montag stieg der Goldpreis auf Rekordhöhe: Für eine Feinunze (31,1 Gramm) reines Gold sprang der Preis über die unglaubliche Marke von 1600 Dollar. Gold ist begehrt wie niemals zuvor.
Die Gelegenheit also, Opas kaputte Uhr oder Omas olles Geschmeide loszuwerden … In den Innenstädten sprießen die Goldankäufer wie Pilze aus dem Boden, die Aufsteller davor versprechen „Spitzenpreise“ und „Bargeld sofort“. Mit „Erfahrung und Kompetenz seit 1933“ wirbt „Die Goldschmiede Albert Classen“ im Haus der Technik am Essener Hauptbahnhof, früher eine richtig gute Adresse. Ketten, Ringe, Ohrschmuck, Armbänder usw. nehme man an, steht auf Plakaten im Fenster; selbst „geringe Mengen Altgold“, „Zahngold auch mit Zähnen“. Die Kunden geben sich die Klinke in die Hand.
„Ist ja nicht viel...“
Drei Ringe hat der junge Mann im Blaumann dabei. Aber im Moment wirkt er sauer; den Hammer, mit dem er eben noch den Stein aus einem der drei mitgebrachten Ringe herausbrechen wollte, legt er jedenfalls aus der Hand. Zwölf Euro pro Gramm hat man ihm gerade geboten. 36 000 Euro soll das Kilo Gold aber heute wert sein, hat er am Morgen gelesen, was „nach Adam Riese doch 36 Euro pro Gramm macht“. Der Preis, wird er belehrt, rechne sich natürlich nur für reines, also 999er Gold, sein Ring sei aber „bloß 585er“, das Einschmelzen des Stücks koste Geld und der Chef wolle „schließlich auch verdienen“. „Zwölf Euro“, sagt die Ankäuferin, „ist ein guter Preis, glauben Sie mir.“ Der Mann ist überzeugt. Mit 110 Euro verlässt er das Geschäft, strahlend.
Ein Paar mit Hund wartet bereits. Die goldene Uhr, die es verkaufen will, ist aber gar nicht golden, erfährt es. Dafür gibt’s 62 Euro für ein Paar alter Trauringe. „Ist ja nicht viel“, sagt die Frau leise zu ihrem Mann. „Für den Schmuck der Eltern …, darf man eigentlich gar nicht drüber nachdenken.“ „Besser als nichts“, sagt ihr Mann und steckt das Geld ein.
Viele schwarze Schafe auf dem Markt
Natürlich verkaufe man auch noch Schmuck, sagt Helger Gölitz, einer der beiden Geschäftsführer des Ladens in Essen, aber der Altgold-Ankauf sei seit einigen Jahren ein „gutes Zusatzgeschäft“, gerade jetzt, da sich der Einzelhandel so schwer tue. Um die 20 Kunden, die ver- statt kaufen wollten, kämen täglich, der aktuelle Goldpreis „motiviert viele, sich endlich von altem Zeug zu trennen, was seit Jahren nur rumliegt“; einzelne Ohrringen etwa oder unmodische Erbstücke, „die keiner mehr tragen wolle“. „Das ist ja auch gut so“, glaubt Gölitz. Immerhin gebe es für goldigen Schrott derzeit 40 Prozent mehr als vor anderthalb Jahren. Die Kundschaft sei durchaus gemischt, käme aus allen Schichten, die meisten treibe keineswegs finanzielle Not zum Verkauf des Altgolds, „nur ein Drittel bis ein Viertel der Kunden“.
Doch bekanntlich ist nicht alles, was glänzt, auch Gold – und manch einer der vermeintlichen Goldankäufer wohl eher Gauner. „Da wird ordentlich Schindluder getrieben“, versichert Helger Gölitz und erzählt von einem Kunden, dem er 400 Euro für sein Altgold gezahlt habe, dem der „Mitbewerber unten in der Stadt“ zuvor 120 geben wollte.
An schwarze Schafe auf dem undurchsichtigen Markt geriet auch Stiftung Warentest, die Testverkäufer mit Goldschmuck im Wert von 1200 Euro zu zehn Ankäufern schickte. Zwischen 511 und 1600 Euro wurden geboten. Die niedrigste Summe wollte ein Geschäft für Sicherheitstechnik (!) zahlen, die höchste ein türkischer Juwelier.
Besondere Vorsicht bei Geschäften im Internet
Verbraucherschützer warnen seit Jahren vor den Risiken, die der Goldhandel für private Verkäufer birgt. Mancher Ankäufer nutzt Wissenslücken des Verkäufers schamlos aus, einschlägige Internet-Foren sind voll mit Berichten Geschädigter. „Viele sind zu gutgläubig“, erklärt Carolin Semmler, Juristin bei der Verbraucherzentrale NRW. „Sie schicken ihr Gold einfach ein und vertrauen darauf, dass alles gut geht.“ Doch wer sein Altgold einmal aus der Hand gegeben habe, verliere die Kontrolle und „kann nur noch hoffen, dass er an ein redliches Unternehmen geraten ist“.
Besondere Vorsicht sei bei Online-Geschäften und beim Postversand geboten, betont die Verbraucherzentrale. Viele Internetfirmen zahlten viel zu wenig; gehe das Paket verloren, sei oft nur schwer nachzuweisen, was tatsächlich darin war; und versichert sei ein solches Paket meist nur bis 500 Euro; manche Firma verweigere für Rücksendungen jegliche Haftung. Wenn sie die Ware dem Kunden, der ihr Angebot ablehnt, denn überhaupt zurücksendet. Andere Ankäufer beschädigten das gute Erbstück irreparabel, das vertrauensselig zugeschickt wurde. Weil sie eben nur der Wert des Edelmetalls interessiert, nicht der des darin gefassten Steins. Dass sie das dürfen, findet der Verkäufer dann im Kleingedruckten des Vertrags oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen – leider oft zu spät.
„Das ist nicht m eine Passion“
Also wendet sich, wer Altgold verkaufen will, am besten gleich an den Juwelier seines Vertrauens? Nun, es kann sein, dass der es als einziger vielleicht gar nicht haben will. Ingrid Neumann, die Landes-Innungsmeisterin der Gold- und Silberschmiede sowie Juweliere hat schon Altgold angenommen – von Stammkunden. Aber im Grunde findet sie, „dass das schade ist“. Alter Schmuck ließe sich säubern, reparieren oder umarbeiten. Ihn zu zerstören, schmerze: „Das ist nicht meine Passion!“